Angst vor Verschattung:Hochhaus-Pläne vor Gericht

Nachbarn des ehemaligen Morigl-Grundstücks klagen gegen die Stadt Germering. Sie wollen verhindern, dass an der Landsberger Straße ein 25 Meter hohes Gebäude für Büros und Praxen errichtet wird

Von Karl-Wilhelm Götte

Der Germeringer Stadtrat hatte sich das so schön gedacht. Ein futuristisches und bis zu 25 Meter hohes Gebäude an der östlichen Stadtzufahrt sollte endlich der Großen Kreisstadt das lange vermisste Flair geben. Für das Jahr 2015 plante der Allinger Bauunternehmer Vilgertshofer die Fertigstellung seines Objektes. Doch das Vorhaben könnte ein schöner Traum bleiben. "Dort wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht gebaut werden", kündigte Thomas Thalhammer energischen Widerstand gegen das geplante Hochhaus an. Der Sachverständige für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik ist der Ehemann der benachbarten Grundstückseigentümerin Christine Thalhammer. Zusammen haben sie einen Rechtsanwalt beauftragt, gegen den vom Stadtrat soeben verabschiedeten Bebauungsplan zu klagen.

Das benachbarte Mehrfamilienhaus hat der Vater von Christine Thalhammer 1957 gebaut. Bereits mit dem benachbarten Autohaus Morigl lagen die Thalhammers im Clinch. 1993 kam es wegen des Schallschutzes und zur Verhinderung von Geruchsbelästigungen durch das Autohaus samt Werkstatt zum Vergleich mit der Stadt Germering. Schon damals hatte die Stadt das Wohngebiet in diesem Areal, in dem das Autohaus Bestandsschutz besaß, zum Gewerbegebiet erklärt. Die Thalhammers wehrten sich erfolgreich dagegen. "Jetzt wird das gleiche Spielchen versucht", sagte Thomas Thalhammer.

Die möglichen Nutzungen für das geplante Gebäude an der Ecke Münchner/Landsberger Straße hat der Bauherr auf einem Transparent bereits dargestellt: exklusive Büro-, Praxis- und Gewerbeflächen. Auch über ein Fitness-Studio wurde diskutiert. Im obersten Stockwerk des terrassenförmigen Baus soll ein Restaurant mit umlaufender Freiluftterrasse einziehen können. Der Stadtrat hat den Bebauungsplan für das siebengeschossige Geschäftshaus auf dem Grundstück des ehemaligen Autohauses Morigl, das bereits zwei Jahre brach liegt, ohne Debatte mit nur einer Gegenstimme gebilligt. Die Befürchtungen diverser Anwohner vor Verschattung durch das hohe Gebäude konnte das Bauamt ausräumen.

Falls die Stadt dem Allinger Bauunternehmer Vilgertshofer trotz der Klage gegen den Bebauungsplan eine Baugenehmigung erteile, werde diese laut Thalhammer ebenfalls gerichtlich angefochten. "Wenn die Stadt so frech ist, gehen wir auch dagegen vor." Erst einmal wird es eine Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan beim Verwaltungsgericht in München geben. "Der monströse Bau", sagte Rechtsanwalt Helmut Menche, "nimmt keine Rücksicht auf die kleinteilige Umgebungsbebauung." Die Anlieferzone des Geschäftshauses soll direkt an den Garten des Wohnhauses seiner Mandantin angrenzen, ebenso die Tiefgaragenzufahrt. "Das ist alles grob rücksichtslos", kritisierte Menche heftig. Zudem gehe das Schallschutzgutachten von "unzulässigen Annahmen" aus. Der Anwalt ungehalten: "Das ist das Papier nicht wert, auf dem das steht."

Thalhammer befürchtet auch andere Nutzungen im geplanten Gebäude als die avisierten, die noch mehr Lärm machen würden. "Auch eine Diskothek lässt der Bebauungsplan auf dem Dach zu", sagt Thalhammer, seien doch Vergnügungsstätten im Bebauungsplan nicht ausgeschlossen. Genügend Platz sei im obersten Stockwerk vorhanden, immerhin ist dort eine Fläche von 275 Quadratmeter vorgesehen.

Die Restaurant-Dachterrasse soll, so die Planung, bis 22 Uhr geöffnet sein. An zehn Tagen im Jahr hätte der Restaurantbetreiber nach der Gesetzeslage bei außergewöhnlichen Festen, wie Hochzeiten, die Möglichkeit dort auch länger zu öffnen. Nicht weniger stört die Thalhammers die exakt 6,15 Meter hohe Erdgeschosswand, die vor ihrem Grundstück hochgezogen werden soll. "Die Wand soll uns direkt vor die Nase gebaut werden", empörte sich Thomas Thalhammer. Auch die zu installierenden Kühlaggregate haben die Nachbarn unter ihrem Fenster zu erwarten. Das Ehepaar Thalhammer ist fest entschlossen, die Klage vor den Verwaltungsgerichten durch alle Instanzen zu führen. "Wir bestehen auf der Einhaltung des bisherigen Bebauungsplans", bekräftigte Thomas Thalhammer. Der sehe zwei Geschosse vor, auf etwas anderes werde man sich nicht einlassen. Als einziger Stadtrat hatte Alfred Streicher (ÖDP/Parteifreie) gegen den Bebauungsplan gestimmt. Ihm sei das Prozessrisiko zu hoch, hatte er verlauten lassen.

"Die Bürger haben dem Stadtrat den Hotelturm in der Stadtmitte aus der Hand genommen", sagte Thalhammer, "jetzt soll auf unsere Kosten am Ortseingang ein Paradebau kommen." Stadtbaumeister Jürgen Thum bestätigte im Gespräch mit der SZ, dass das Baurecht an dieser Stelle vom Stadtrat "erhöht" wurde. "Wir haben alles getan, um eine saubere Bauleitplanung zu machen", bekräftigte Thum. Nach der anstehenden Bekanntmachung des Bebauungsplans müsse man abwarten, was passiere.

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