Analyse der CSU-Wahlschlappe:"Es lief auf die Kleineren zu"

Die Lehre aus dem Debakel in Gröbenzell ist für den Kreisvorsitzenden Karmasin einfach: Ohne Geschlossenheit gewinnt man keine Wahl. Für den Verlust der Kreisstadt macht er niemandem Vorwürfe

Von Gerhard Eisenkolb

SZ-Forum

Thomas Karmasin ist Landrat und Kreisvorsitzender der CSU.

(Foto: Günther Reger)

Die CSU hat am Sonntag die Hochburgen Fürstenfeldbruck und Gröbenzell verloren. Im SZ-Interview äußert sich CSU-Kreisvorsitzender Thomas Karmasin zu den Gründen für das Debakel und den Konsequenzen, die er aus der Niederlage ziehen will. In nur noch neun Kommunen stellt die CSU den Rathauschef.

SZ: Herr Karmasin, wie ist die Stimmung in der CSU? Sind sie frustriert, verärgert?

Karmasin: Natürlich hat uns Gröbenzell und Fürstenfeldbruck stark getroffen. Die Stimmung ist verhalten. Wir haben mit Jesenwang, Grafrath und Oberschweinbach aber auch drei kleinere Gemeinden für uns entscheiden können.

Stehen Sie für das Desaster in der Mitverantwortung?

Weil diese Entscheidungen stark örtlich geprägt sind, glaube ich das nicht. Jesenwang rechne ich mir auch nicht als Erfolg an. In der Gröbenzeller CSU gab es Verwerfungen: Ich habe mich lange bemüht, diese zu schlichten. Nur ist mir das nicht gelungen. Daher blieb dort der Erfolg aus.

Hat ihre Partei an Glaubwürdigkeit eingebüßt?

Zeiten in denen man einfach eine Partei ankreuzt, sind lange vorbei. Deshalb waren die Stichwahlen keine typische Parteiwahlen. Es hängt doch mehr von den Persönlichkeiten ab. In Bruck wollte man offenbar einen Wechsel, den Klaus Peil signifikanter verkörpert hat Hier ist niemandem etwas vorzuwerfen.

Ist die CSU auf lokaler Ebene unattraktiv geworden? Ist die Zeit vorbei, in der die CSU verlässliche Stammwähler hatte?

Ich glaube, dass Letzteres ehrlicherweise in der Kommunalpolitik schon längere Zeit vorbei ist. Ein Bürgermeisterkandidat muss hier immer über 50 Prozent kommen, was die Partei in den Großgemeinden im Landkreis selbst nicht erreicht. Bei uns hat die CSU zwischen 30 und 40 Prozent. Den Rest muss der Kandidat holen.

Sind Sie als Kreisvorsitzender zu nachsichtig mit den Ortsverbänden? In Gröbenzell machten viele CSUler Stimmung gegen ihren Bürgermeisterkandidaten.

Die Einflussmöglichkeiten werden gerne überschätzt. Entgegen dem, was kolportiert wird, ist die Demokratie in der CSU stark ausgeprägt. Ich habe die Position vertreten, wenn der eigene Bürgermeister nicht mehr unterstützt wird, muss man dafür starke Gründe haben. Als der Ortsverband sich anders entschieden hatte, habe ich auf die eingewirkt, die opponiert haben. Gelassen haben sie es nicht.

Ihre Vorgänger Gerda Hasselfeldt und Reinhold Bocklet disziplinierten in solchen Situationen die Partei.

Dieser Eindruck ist falsch. Es ist nicht so einfach, Geschlossenheit herbeizuführen.

Auch bei meinen Vorgängern erinnere ich mich an schwierige Zeiten und Kämpfe mit Abgeordneten und Bauernverbandspräsidenten. Wen der Kreisverband nicht disziplinieren kann, den disziplinieren die Wähler.

Auch in Bruck hätte es besser laufen können. Versäumte es der erfolgreiche OB nicht, den Nachfolge aufzubauen? Stützte er den CSU-Bewerber zu halbherzig?

Ich hoffe, dass mein Nachfolger besser sein wird als ich und dass auch Sepp Kellerer nichts dagegen gehabt hätte, wenn sein CSU-Nachfolger besser gewesen wäre als er. Hat man so große Schuhe an wie Kellerer, wird es für jeden schwierig, da reinzuwachsen. Ich habe nicht den Eindruck, dass der OB Andreas Lohde nicht unterstützt hätte.

Was ist die Lehre aus den aktuellen Ergebnissen?

Die Lehre in Gröbenzell ist einfach. Ohne Geschlossenheit kann man keine Wahl gewinnen. Hier wird man sich fragen müssen, ob man lieber streitet oder lieber Wahlen gewinnt. Schwieriger wird es in Bruck. Klaus Pleil muss wohl für alle wählbar gewesen sein. Er ist persönlich ein netter Kerl und trat ein Stück weit bescheiden auf, sein Wahlprogramm hat ihn offenbar visionär wirken lassen.

Muss sich die Kreis-CSU neu erfinden?

Sie muss sich erneuern. Da ist sie schon dabei. Wir haben etliche jungen Leute, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Die werden einiges anders machen. Die Entwicklung im Landkreis lief nirgends in Richtung SPD. Es lief auf die Kleineren zu, die sich als Freie bezeichnen. Es ist interessant, dass man von den Volksparteien abrückt.

Haben Sie nur Glück gehabt, ein viertes Mal als Landrat gewählt zu werden?

Schaue ich mir die Oberbayernergebnisse an, war ich zumindest sehr glücklich. Eine Wechselstimmung habe allerdings im Vorfeld auch ich nicht gespürt.

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