Althegnenberg:40 Jahre Wahnwitz und Wortgewalt

Althegnenberg: Kleinkunst auf dem Land: Zum Festival nach Hörbach kommen die Zuschauer mit dem Fahrrad.

Kleinkunst auf dem Land: Zum Festival nach Hörbach kommen die Zuschauer mit dem Fahrrad.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Sein Jubiläum feiert das Hörbacher Brettl mit einem neuntägigen Festival

Von Julia BErgmann, Althegnenberg

40 Jahre ist es her, dass sich Toni Drexler die Frage stellte, warum er nach München fahren müsse, um Kleinkunst zu genießen. Und weil Drexler, heute Kreisheimatpfleger, über solchen Ärgernissen nicht verzagen wollte, holte er die Kleinkunst einfach in den Althegnenberger Ortsteil Hörbach.

Schnell ließ sich ein passender Ort finden: das Wirtshaus Sandmeier. Es galt nur noch, die Wirtsleute zu überzeugen. "Kleinkunst war kein Begriff auf dem Land", sagt Drexler. Da musste man zunächst einmal unter Beweis stellen, dass sich solche Abende überhaupt rentieren würden. Also organisierte er mit Freunden am 26. April 1974 einen Kleinkunstabend im Keller vom Sandmeir mit Interpreten wie Helmut Eckl und Rainer und Dietmar Panitz. Das Wirtsehepaar war begeistert, das Hörbacher Montagsbrettl geboren.

Bald darauf, 1975, begann Drexler, die Abende als Reihe zu konzipieren. Und das mit außerordentlichem Erfolg, immerhin bewies Drexler bei der Auswahl seiner Künstler und bei der Organisation ein so gutes Händchen, dass die Bühne 40 Jahre lang bestehen blieb. In der Zeit schloss in München so manches große Haus.

Der 40-jährige Erfolg des Brettls wurde in diesem Jahr gebührend gefeiert. Mit dem Brettl-Festival, einem neuntägigen Kleinkunstevent, auf dessen Programm die großen Bühnen in der Stadt hätten neidisch werden können. 26 Kabarettisten und Bands traten im Zirkuszelt, mitten im nirgendwo, am Ortsrand Hörbachs auf. Darunter Max Uthoff, mittlerweile wohl allen bekannt aus dem ZDF-Politsatire-Format "Die Anstalt" oder Kabarettist, und Strauß-Imitator Helmut Schleich. Auch langjährige Wegbegleiter des Hörbacher Brettls, wie die Well Brüder, die in neuer Formation als die "Well Brüder aus'm Biermoos" auftreten, durften im Programm des Festivals nicht fehlen. Gemeinsam mit der Percussion-Band Diappo, bestehenden aus bestehend aus Flüchtlingen und bereits anerkannten Asylbewerbern aus dem Senegal und Mazedonien, heizten sie dem Publikum am Abschluss-Abend des Festivals noch einmal ordentlich ein und brachten einen ebenso eigenwilligen wie bezaubernden Mix aus Gangsta-Rap und Stubenmusik auf die Zirkuszeltbühne.

Das Konzept der Organisatoren, arrivierte Artisten mit Nachwuchstalenten auftreten zu lassen, ging hervorragend auf. Immerhin sollten diejenigen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, in Hörbach nicht vergessen werden. Allein schon deshalb, weil das Entdecken von unbekannten Künstlern, das Ausprobieren und das Neue seit jeher einer der wichtigsten Eckpfeiler des Hörbacher Brettls war.

Und als besonderen Höhepunkt gab auf dem Brettl-Festival 2015 das sogenannte "Sprungbrettl", einen Kabarettabend mit drei Nachwuchskünstlern, der dem Konzept der offenen Bühne, wie man es aus den Anfängen des Kabaretts kennt, huldigte. Freilich, eine ganz offene Bühne war es nicht, aber es war das, was dem am nächsten kommt. Ein Abend mit drei besonderen Nachwuchs-Poetry-Slammern, moderiert von Severin Gröbner, der 2013 mit dem Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet wurde. Nacheinander betraten Andrea Limmer, Max Kennel und Kaleb Erdmann die Bühne und lieferten eine derart grandiose Show ab, dass der alte Hase Gröbner neben den jungen Wilden fast ein bisschen blass wirkte.

Dass die Festival Organisatoren so viele hochkarätige Künstler nach Hörbach locken konnten, liegt einerseits an alten Kontakten - nicht wenige der heutigen Größen sind während ihrer Anfänge bereits in Hörbach aufgetreten - und andererseits an der in Hörbach einmaligen Nähe zwischen Künstlern und Publikum.

Nach neun Tagen Wahnwitz und Wortgewalt, schlich sich bei den Brettl-Besuchern ein wenig Wehmut ein. Doch die Hoffnung blieb, dass das nächste Festival bald kommen könnte.

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