Alarm:Überbleibsel aus dem Kalten Krieg

Alarm: Auf den Dächern vieler öffentlicher Gebäude finden sich - wie hier in Überacker - Sirenen, die vor öffentlichen Gefahren warnen.

Auf den Dächern vieler öffentlicher Gebäude finden sich - wie hier in Überacker - Sirenen, die vor öffentlichen Gefahren warnen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Ob sie ihre Mitglieder mit Sirenen oder stillem Alarm zusammenrufen, das entscheiden die Feuerwehren im Landkreis individuell. Vor allem in bevölkerungsarmen Gemeinden setzt man noch auf die lauten Signalgeber

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Es war ein großes Spektakel für die Bevölkerung: Die Suche nach einem neuen Standort für die Sirene der Freiwilligen Feuerwehr in Überacker vor wenigen Wochen. Die Anwohner in Biburg dagegen hatten jüngst weniger Glück: In dem Allinger Ortsteil funktionierte die Sirene ausgerechnet an dem Tag nicht, als man dort ebenfalls nach einem neuen Standort suchen wollte. Jetzt muss die personell aufwendige Suche - auf Biburgs Fläche hatten sich acht Feuerwehrler verteilt, um zu testen, ob sie den Alarm auch überall hören - wiederholt werden. Doch braucht es die flächendeckenden Sirenen überhaupt noch, in Zeiten von Smartphone, Piepsern und Digitalfunk?

Michael Beischl denkt schon, dass Sirenen auch im Zeitalter digitaler Kommunikation noch wichtig sind. "Wir haben Handy- und SMS-Alarmierung zusätzlich zu unserer Sirene. Das ist aber nicht so zuverlässig. Und außerdem braucht man eine Sirene auch so", sagt der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Biburg. Mit "so" meint er Gefahrenlagen, wie beispielsweise Hochwasser oder Terroralarm, bei denen auch die Bevölkerung gewarnt werden soll. Beischl nennt in dem Zusammenhang den Luftschutzalarm, den es "früher einmal" gegeben habe.

Früher, das war während des Kalten Krieges, also bis Ende der Achtzigerjahre. Wie Bernd Wanninger vom Referat für öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt bestätigt, wurden die meisten Sirenen wenige Jahre später, etwa Mitte der Neunzigerjahre, abgerüstet. Technisch sind sie seither nicht mehr in der Lage, die für unterschiedliche Gefahren geltenden, verschiedenen Signale zu geben. Der "einminütige Heulton" zum Beispiel, der bedeutet "Rundfunkgerät einschalten und auf Durchsagen achten", lässt sich mit den abgerüsteten Sirenen nicht mehr erzeugen. In solchen Fällen würde die Landkreisbevölkerung dem stellvertretenden Referatsleiter zufolge mit den sogenannten mobilen Sirenen gewarnt werden. Die können, wie der Name schon impliziert, überall herumgefahren werden. Und sie verfügen über leistungsstarke Lautsprecher, so dass man auch Informationen und Anweisungen übermitteln kann, betont Wanninger. Im Landkreis gibt es vier dieser mobilen Warnsysteme.

Wie die Feuerwehren im Landkreis ihre Alarmierung handhaben, das ist laut Wanninger und Kreisbrandrat Hubert Stefan unterschiedlich. Vereinfacht könne man sagen, dass die Wehren in den dicht besiedelten Gemeinden im Osten inzwischen auf die für alle hörbare Sirenen-Alarmierung verzichten. Sie haben längst auf stille Alarmgeber, auch Piepser oder Funkmeldeempfänger genannt, umgerüstet. In den noch eher ländlich geprägten westlichen Gemeinden benutzen den Beiden zufolge die meisten Feuerwehren schon noch ihre Sirene für die Alarmierung der Kameraden. Dass dieses Prinzip von den Feuerwehren ganz automatisch praktiziert wird, zeigt sich am Beispiel Olching sehr gut. Dort gibt es vier Wehren: die beiden großen mit vielen Einsätzen und Mitgliedern in Olching und im angrenzenden Geiselbullach und die kleineren in Esting und Graßlfing. Wie der Pressesprecher bestätigt, benutzen die Feuerwehren Olching und Geiselbullach nur noch den stillen Alarm. Bei rund 200 Einsätzen im Jahr, oft nachts oder am Wochenende, und etwa 70 Mitgliedern, "ist es nicht notwendig, immer die ganze Bevölkerung zu informieren", betont Hans Beyer. Ganz anders sei das in den beiden kleineren Ortsteilen, wo es deutlich weniger Einsätze gibt und einige Feuerwehrleute in der Landwirtschaft tätig sind. Dem Pressesprecher zufolge hören sie draußen auf dem Feld den Piepser nicht oder haben ihn gar nicht dabei. Deshalb alarmiert die Freiwillige Feuerwehr Esting zumindest tagsüber zusätzlich zum stillen Alarm mit der Sirene. Im kleinen Graßlfing ertönt sie sogar zu jeder Uhrzeit.

Genauso wie in Biburg. Mit etwa 20 Einsätzen im Jahr ist die Lärmbelastung für die Bevölkerung Beischl zufolge nicht so gravierend. Die Biburger störe die Sirene jedenfalls offenbar nicht. "Die war bis jetzt mitten im Wohngebiet, da hat keiner was gesagt", betont der Kommandant. Weil das Haus, auf dessen Dach der Alarmgeber bis jetzt stand, abgerissen wird, muss nun ein neuer Standort her. Genau wie im Maisacher Ortsteil Überacker. Dort hat man die Sirene nun auf einen Masten, halb versteckt hinter Büschen am Ortsrand neben einem Wohngebiet aufgebaut. In Biburg hat man das Feuerwehrgerätehaus auserkoren, das unweit vom bisherigen Standort ist. Doch dafür muss zunächst die Probebeschallung erfolgreich verlaufen. Und für die benötigen die Feuerwehrler in Biburg zunächst einen neuen Termin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: