Adelshofen:Richtiger Mix für die Zukunft

Forstexperten wie Hans-Jürgen Gulder appellieren an die Waldbesitzer, Baumarten zu wählen, die den Klimawandel besser vertragen. Gute Chancen gibt er Buche, Ahorn und Tanne

Von Erich C. Setzwein, Adelshofen

Der Wald stirbt vielleicht nicht gleich. Aber er leidet schwer. Mit jedem Tag mehr im Sommer über 30 Grad Hitze benötigen die Bäume Jahre, um sich zu erholen. Das sagt zumindest Hans-Jürgen Gulder, der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Fürstenfeldbruck. Das, was Gulder im Wald sieht, gibt ihm auch noch recht: Trockene Wipfel, Borkenkäfer unter der Rinde und schon fast regelmäßige Schäden durch Stürme sind für ihn Folgen eines Klimawandels, der sich kaum aufhalten lassen dürfte. Deshalb geht Gulder geht zu den Waldbesitzern und ab und an auch mit den Medien in die Forstbestände, um zu zeigen, wie es um den Wald bestellt ist und was zu tun wäre, um ihn zukunftsfähig zu machen. In Adelshofen kann Gulder den Privatwald der Familie von Franz Klaß vorzeigen. Ein für ihn vorbildliches Projekt des Waldumbaus mit einem Mix aus Nadel- und Laubbäumen. Genau solche Mischwälder stellen sich Gulder, seine Mitarbeiter im Forstamt und die Waldbesitzervereinigung vor, wenn sie von einer "Wende im Wald" sprechen.

In einem Jahr Hitze, die für alle schwer zu ertragen ist, im anderen Jahr Nässe, Hitze und Schwüle im Wechsel - so wie Menschen das Klima empfinden, so ähnlich tun das auch die Bäume. Nur dass die nicht so schnell reagieren können, keinen Regenschirm haben, den sie aufspannen oder Klimaanlagen wie in Büros. "Im vergangenen Jahrhundert hatten wir eine jährliche Durchschnittstemperatur von siebeneinhalb bis acht Grad. Im vergangenen Jahr waren wir bei 9,8 Grad", sagt Gulder und stützt sich auf die in Jahrzehnten gesammelten Wetterdaten der Station in Puch.

In den vergangenen 25 Jahren hat nach seinen Worten ein derartig schneller Anstieg der Durchschnittstemperatur stattgefunden, auf den die Vegetation nicht gleichartig schnell reagieren kann. Die Schäden durch Hitze sind sichtbar. Laubbäume warfen im August 2015 schon ihre Blätter ab. "Ende des Monats sah es im Buchenwald so aus wie im Herbst", erinnert sich Paul Högenauer. Und heuer sind laut Gulder die Folgen zu sehen. Buchen haben kleinere Blätter. Die meisten Bäume seien nicht auf solche Klimaschwankungen eingestellt, "sie kennen solche Hitze nicht", sagt Forstexperte Gulder. Die regenreichen Monate Mai bis Juli in diesem Jahr haben zumindest die Wurzeln so viel mit Wasser versorgt, dass die Regenerationszeit etwas kürzer, vielleicht drei Jahre, sein dürfte. Aber schon ein weiterer heißer Sommer kann die Schäden vergrößern. "Dazu kommen alle sieben bis acht Jahre schwere Stürme, die die Fichtenbestände dezimieren."

Aufforstung Mischwald

Im Privatwald von Franz Klaß findet der Leiter des Fürstenfeldbrucker Forstamtes schon die richtige Mischung von Nadel- und Laubbäumen vor.

(Foto: Reger)

Revierleiterin Anita Ottmann vom AELF kann deshalb Waldbesitzern schon gar nicht mehr raten, Fichten zu pflanzen. Und in Monokultur, wie es über Jahrzehnte praktiziert wurde, schon gleich gar nicht. Deshalb sind die Forstleute so froh, dass im Privatwald ganz langsam ein Umdenken stattfindet. Noch nicht so, wie es sich Gulder und seine Mitarbeiter wünschten, aber schon in zunehmenden Maß. Menschen wie Franz Klaß, zum Beispiel, machen vor, wie ein Wald aussehen kann, für den Gulder und Högenauer eine Zukunft sehen. Denn neben dem volkswirtschaftlichen Nutzen der Forstwirtschaft seien ja auch die gesellschaftspolitischen Aspekte zu beachten, die Verantwortung für den Naturschutz und die Erhaltung von Natur als Erholungsflächen für die Menschen.

Vor zehn Jahren hat der Adelshofener Schlosser Franz Klaß ein Stück Wald in seiner Gemeinde gekauft. Damals war er 55 und noch in seinem Beruf, doch er suchte einen Ausgleich. Sein Wald hat eine Größe von 16 500 Quadratmetern, ein überschaubarer grüner Fleck, den er zusammen mit seinem Sohn Stefan und Enkel Marco bewirtschaftet. Seit Anfang an hat er sich vom Brucker Forstamt beraten lassen, denn als Quereinsteiger hätte er viele Fehler machen können.

Nachdem im Januar 2007 Sturm Niklas auch durch seinen Bestand gefegt war und etliche Fichten geknickt hatte, begann für Klaß ein Umdenkprozess. Plötzlich war das, was er besaß, in Gefahr. Dann wurden Fichten vom Borkenkäfer befallen, und so taten sich Lücken auf. Dort hinein pflanzt er seither Weißtannen, die es unter dem Schirm der noch stehenden Fichten gut haben und sich langsam entwickeln können. Buchen, Bergahorn und Erlen vertragen die feuchten bis moorigen Böden recht gut. Stefan Klaß hat sogar ein paar Kiefern gepflanzt, weil sie ihm so gut gefallen, und an den Rändern des kleinen Wäldchens in der Einflugschneise des Privatflugplatzes Jesenwang rekeln sich als Randbewuchs Lärchen und anderer Stelle ein paar Eichen als Naturverjüngung in die Höhe.

Aufforstung Nadelbäume

Wenn schon Nadelbäume dann Tannen statt Fichten, raten die Fürstenfeldbrucker Waldexperten.

(Foto: Günther Reger)

Das alles bekommt Franz Klaß nicht umsonst. Jetzt, mit 65 Jahren, hat er mehr Zeit für seinen Wald, er sagt: "Ich brauche kein Fitnessstudio." Mit behandschuhten Händen reißt er die in alle Richtungen rankenden Brombeeren aus dem Boden, schneidet Brennnesseln mit der Sense oder rupft Holunderbüsche aus. Pflanzen und Sträucher, die alles überwuchern und dadurch den Erfolg der kleinen Forstwirtschaft gefährden könnten. Das indische Springkraut dagegen, das in Büschen wächst und derzeit rosa blühend die Bienen anzieht, lässt er stehen. Von dem ginge im Wald keine Gefahr aus, sagt Hans-Jürgen Gulder. Ein erster Frost, und schon seien die dicken Stengel geknickt.

Die Liebe zu "seinem" Wald ist der Familie Klaß anzumerken. "Ich freue mich, wenn ich einen Baum umsägen darf, aber ich freue mich noch mehr, wenn ich einen neuen pflanzen und ihm beim Wachsen zuschauen kann", sagt Klaß. Er weiß, dass er die neu gesetzten Bäume nicht ernten kann. Aber der Enkel könnte es. Doch Marko, der mit seinen 14 Jahren schon mithilft, kann sich so gar nicht vorstellen, wie er mit 60 oder 70 Jahren die Bäume fällt, die der Großvater gepflanzt hat. Dass er sie aber absägen könnte, davon ist Gulder überzeugt. "Diese Mischung hat Zukunft."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: