Für Feinschmecker:Bis zum nächsten Stern

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Münchner Gourmets sind sich einig: Martin Fauster hätte schon längst einen zweiten Stern im Guide Michelin verdient. (Foto: Florian Peljak)

Martin Fauster, seit elf Jahren Küchenchef des Restaurants Königshof, ist einer der besten Köche der Stadt und legt bei seinen Gerichten großen Wert auf das Hauptprodukt. An diesem Sonntag haben bei der Benefizveranstaltung "Fauster & Friends" nicht nur Gourmets etwas davon

Von Franz Kotteder

Die Katakomben des Hotels Königshof am Stachus erinnern nicht direkt an ein Luxushotel der Spitzenklasse: Sie sind dann doch eher funktional. Aber hier, in verwinkelten Gängen, rechts vorbei am großen Notstrom-Aggregat für den Fall der Fälle, befinden sich die Schatzkammern des Hauses. Jedenfalls aus der Gourmet-Perspektive betrachtet und aus der des dazugehörigen Schatzmeisters. Das ist Martin Fauster, 43 Jahre alt, seit elf Jahren Küchenchef des Restaurants im ersten Stock des Hotels und ebenso lange Inhaber eines Sterns im Guide Michelin. Hier unten im Keller finden sich in verschiedenen, gut gekühlten Räumen Obst und Gemüse, Fleisch, Geflügel und Fisch. In einem Raum sind Karkassen und Knochen in Plastikschubladen gelagert: die Grundlage für die Saucen, die das A und O der Haute Cuisine bilden. Und in einem anderen befinden sich ganze Regale voller Einweckgläser und Ölflaschen. Ein riesiger Rumtopf steht da und verschiedene Gläser, in denen zum Beispiel Früchte mit Rum und Zucker angesetzt sind. Kaum zu glauben, dass in der Spitzengastronomie so viel eingemacht wird.

Man muss den Blick von Martin Fauster sehen, wenn er die Gläser in die Hand nimmt, sie aufmacht und daran riecht. Die intensiven Aromen verleihen seinen Augen ein zufriedenes Strahlen. Das ist schon eine ganze Menge Emotion für einen, der schon wegen seiner 1,92 Meter Körpergröße das Zeug zum Fels in der Brandung hat und meistens so wirkt, als ob ihn nur selten etwas aus der Ruhe bringt. "Na ja", sagt Fauster, "es scheint nicht jeden Tag die Sonne." Ist ja auch klar: Er ist verantwortlich für 28 Mitarbeiter, darunter 15 Köche, und das Restaurant Königshof ist so etwas wie das Dickschiff der Münchner Gourmetlokale, schon die Küche hat riesige Ausmaße, verglichen etwa mit der des Tantris. Und Fauster ist der Kapitän. Aber er ist jedenfalls keiner, der ein großes Theater um seine Kochkunst macht, so wie andere in seiner Liga. Oder besser: unterhalb seiner Liga, denn die haben es bekanntermaßen eher nötig.

Manche sagen aber auch: Vielleicht sollte er nicht ganz so zurückhaltend sein, dann hätte er vielleicht schon zwei Sterne im Michelin. Eckart Witzigmann findet: "Der Martin Fauster müsste eigentlich so, wie er kocht, längst zwei Sterne haben. Warum er sie bisher nicht bekommen hat, kann ich mir nicht erklären." Da steht er nicht alleine da, Fauster hat viele Fans unter den Münchner Gourmets, und unter seinen Kollegen auch. Manche vermuten, es liege daran, dass die Michelin-Tester bei einem Hotel-Restaurant wie im Königshof, das vom Frühstück am Morgen bis zum letzten Club-Sandwich nachts um eins sämtliche Wünsche erfüllt und obendrein noch 140 Plätze hat, einfach keinen Zwei-Sterne-Status zubilligen möchten.

Martin Fauster zuckt da nur mit den Achseln: "Wenn das so sein sollte, dann kann ich es ohnehin nicht ändern." Natürlich sei so ein zweiter Stern schön, aber davon hänge sein Seelenheil nicht ab, und er könne ja deshalb auch nicht anders kochen. Das sagen zwar alle Köche, solange sie ihn nicht haben, den zweiten Stern. Aber Fauster glaubt man das.

Das hat wohl auch mit seiner Herkunft zu tun. Fauster ist in der Steiermark geboren, beide Großmütter hatten einen Bauernhof, der Vater war gelernter Metzger, arbeitete aber in einem Stahlwerk. Die Mutter hat zweimal am Tag gekocht für die Familie, "eine Suppe gab es immer vorneweg". Trotzdem: Koch war nicht der vorrangige Berufswunsch. Der kleine Martin war in der Schule aber nicht direkt ein Streber, und so befand die offenbar recht praktisch veranlagte Mutter, dass der Bub mit 16 Jahren reif für eine Lehre war. "Ich war gerade vom Turnen heimgekommen, da meinte meine Mutter, sie hätte da eine Anzeige in der Zeitung gesehen."

Und auf ging es zum Gösserbräu im Nachbarort, wo Martin Fauster drei Jahre lang die Geheimnisse der gutbürgerlichen Kochkunst vermittelt bekam. Da begann er sich für den Job zu begeistern, las Kochbücher und war auch in der Berufsschule unter den Besten. "In einer Prüfung war allerdings die Frage nach den Unterschieden zwischen bretonischem und kanadischem Hummer", erzählt er, "ich wusste aber gar nicht, dass es da überhaupt einen Unterschied gab." Das sollte sich bald ändern. Kaum war Fauster mit der Lehre fertig, ging er nach Wien, ins Hotel Intercontinental. Da tat sich ihm dann eine große Bandbreite der Kulinarik auf, wie er sie vorher nicht einmal erahnt hatte. An den verschiedenen Stationen der Küche lernte er jede Menge neuer Dinge. Bald folgten weitere Restaurants, etwa der Quellenhof in Bad Ragnaz, eines der besten Schweizer Hotels. Fauster kochte in Alfons Schuhbecks Kurhausstüberl in Waging, zu einer Zeit, als Schuhbeck seine neue, frische, bayerische Küche kreierte und noch nicht so viel mit Ingwer herummachte. Es folgten Stationen im Wiener Steirereck und dann im Münchner Massimiliano. Nach einem Jahr wechselte er dann ins Tantris zu Hans Haas. Nach einem Intermezzo in der Bretagne, das ihm Haas vermittelt hatte, kehrte er zurück ins Tantris und blieb dort fünf Jahre lang Sous-Chef, also zweiter Mann hinter Haas. Dort hat sich sein eigener Stil erst so richtig herausgebildet, und er ist dem von Haas insofern nicht unähnlich, als er großen Wert auf das jeweilige Hauptprodukt legt. Oder, wie Fauster es formuliert: "Was brauche ich denn noch groß dazu, wenn ich einen hervorragenden Steinbutt habe?"

Deshalb ist seine wichtigste Aufgabe, möglichst hochwertige Zutaten für seine Gerichte aufzutreiben. Und so geht es zweimal die Woche frühmorgens in die Großmarkthalle. Und dann hat er sich über die Jahre hinweg ein dichtes Netz von Lieferanten aufgebaut. "An die 50 bis 60 sind das inzwischen schon", sagt er. Dazu gehören nicht nur Profis wie der Gutshof Polting oder die Fischzucht Birnbaum bei Landshut, sondern auch eine Reihe kleiner Spezialisten. Etwa der Biologe Peter Kunze aus Nürnberg, der seltene Tomatensorten anbaut. Oder Fita Fröschl, die mit ihrem Biohof Kartoffeln liefert, und Alfons Michel aus dem Fränkischen, der Meeresfische importiert. Deren Produkte werden dann von Fausters Team veredelt auf der Basis einer neu interpretierten, klassischen französischen Küche.

Freilich, der Moderne verschließt man sich keineswegs im Königshof, man macht aber auch nicht jede Mode mit. Fauster formuliert das gerne so: "Ich muss nicht um jeden Preis Fisch mit Erdbeeren kombinieren."

Vielleicht wirkt das ja auf manche fast zu traditionell, noch dazu in den Barockräumen des Restaurants, die gediegene Eleganz ausstrahlen. Das mag sich ändern, wenn der Königshof von 2018 an für zwei Jahre Baustelle wird und danach ein völlig neues Aussehen haben wird. Fauster und sein Team sollen während dieser Zeit übrigens weiterkochen, nur halt nicht an diesem Ort. Wo, das ist noch nicht ganz raus, aber die Hotelierfamilie Geisel, kulinarisch begeistert, wie sie ist, hat da sicher Möglichkeiten.

Jetzt kommt erst einmal die ganz normale Sommerpause für das Restaurant. Den Beginn der Urlaubszeit feiert man am Sonntag mit "Fauster & Friends". Zum neunten Mal nun schon kochen 15 Meisterköche da für einen guten Zweck. Witzigmann ist dabei, Hans Haas und Bobby Bräuer zum Beispiel. "Alle machen das ohne Honorar, sozusagen als Freundschaftsdienst." Als er das sagt, strahlt Fauster fast so zufrieden, wie wenn er das Einmachglas mit dem Trüffeljus öffnet.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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