Führungswechsel:Der Chef wirft hin

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Herrmann Brem war seit 2014 Stadtchef der Grünen. (Foto: Stephan Rumpf)

Hermann Brem tritt als Stadtvorsitzender der Grünen zurück. Offiziell aus beruflichen Gründen, doch intern gab es schon länger Ärger - vor allem mit Gudrun Lux, seiner Partnerin in der Doppelspitze

Von Heiner Effern

Die Grünen in München suchen einen neuen Stadtchef. Der bisherige Vorsitzende Hermann Brem, 55, hat am Donnerstagabend seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Auch seinen Posten im Landesausschuss der bayerischen Grünen legte er nieder. Am Freitagmorgen verschickte seine Partei eine entsprechende Erklärung. Brem habe berufliche und gesundheitliche Gründe angeführt, heißt es darin. Ein Klassiker in offiziellen Rücktrittsschreiben, schließlich will doch niemand öffentlich zugeben, dass der Chef aus Frust hinwirft, weil er von internen Reibereien angefasst ist. Genau das bekommt man nämlich zu hören, wenn man bei den Münchner Grünen nachfragt.

Brem selbst sagt, dass er sich für das zeit- und energiefressende Ehrenamt nicht mehr ausreichend motivieren konnte. Und es sei schon richtig, dass er sich im Frühjahr als wirtschaftlicher Berater von Anwaltskanzleien selbständig gemacht habe. Doch kommt schon auch durch, dass das nicht der alleinige Grund für seinen Rückzug ist. Zu unterschiedlich seien die Auffassungen in seinem politischen Umfeld gewesen, wie man miteinander umgehen soll, ob Personen oder Sachthemen im Vordergrund stünden, sagt Brem. Über Monate habe sich bei ihm einiges "aufgestaut". Nun hat es sich entladen.

Mehr mag Brem nicht preisgeben, schon gar nicht Namen nennen. Doch unter Spitzenleuten der München Grünen war es zu letzt kein Geheimnis mehr, dass ihre Doppelspitze nicht gut harmoniert. Seit Herbst 2016 amtiert Gudrun Lux als weibliche Stadtvorsitzende, zwei sehr unterschiedliche Charaktere trafen dort nun aufeinander. Lux, die auf ihrer Homepage neben "Home" und dem Impressum als einzigen Reiter die Rubrik "Ich so" installiert hat und sich als "Kommunikateurin" bezeichnet. Auf der anderen Seite Brem, der sich zuletzt sichtlich gerührt zeigte, weil er nach neuer Gesetzeslage seinen jetzt schon verpartnerten Freund heiraten dürfte, sonst aber viel im Hintergrund arbeitete. Lange habe man deeskalierend eingreifen können, doch das sei zunehmend schwieriger geworden, heißt es von Leuten, die die beiden öfters erlebten. Zuletzt wurde es offenbar unmöglich.

Gudrun Lux wiederum kann diese Sicht der Dinge nicht teilen. Der Vorstand arbeite gut zusammen, habe sich als Team zusammengerauft, viele Beschlüsse fielen einstimmig, sagt sie. Nach außen hin wirkten die beiden am Montag auf der Stadtversammlung nicht anders als bei früheren Gelegenheiten. Nicht wie ein Herz und eine Seele, aber auch nicht wie ein zerrüttetes Führungsduo, das in den letzten Zügen eines Kampfs um Macht- und Stilfragen liegt. Inhaltliche Auseinandersetzungen waren nicht zu erkennen.

Jedenfalls nicht in der Doppelspitze. Intern Kritik gegeben hatte es jedoch nach dem Auftritt der Grünen beim Christopher Street Day (CSD). Die Partei hatte dieses Jahr bei der Parade auf einen Lastwagen verzichtet und auf Räder und Rikschas gesetzt. Damit sei man in der Wahrnehmung nach außen untergegangen, ärgerten sich nicht wenige Teilnehmer. Beim CSD zählt gerade für die Grünen nicht nur die Party, sondern auch das politische Bekenntnis, schlicht die Partei für Schwule und Lesben zu sein. Je größer dieses Zeichen ausfällt, umso besser. Schließlich leistet sich die CSU sogar einen Lkw in der Parade. Verantwortlich für die Organisation war bei den Grünen ein Team, doch viele machten den bekennenden Homosexuellen Brem für den ihrer Meinung nach schwachen Auftritt verantwortlich. Das habe er sich sehr zu Herzen genommen, ist zu hören.

Im Hintergrund sehen manche Grüne aber auch einen möglichen Kampf um Posten, sozusagen über Familienbande. Mancher hätte sich vorstellen können, dass die Grünen mit einem schwulen Mann in den OB-Wahlkampf in knapp drei Jahren gehen. Andererseits steht mit Florian Roth ein ambitionierter Mann an der Fraktionsspitze im Rathaus. Der ist wiederum mit Gudrun Lux verheiratet. Eine explosive Konstellation, die sich mit dem Ausstieg von Hermann Brem aus der Politik entschärft hat. 2009 war er für die Grünen Kandidat für den Bundestag, er war Schatzmeister und seit 2014 Stadtchef. Die Partei wird auf der Stadtversammlung im Herbst einen Nachfolger wählen.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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