Führungswechsel bei der SPD:Franz mag nicht mehr

"Ich habe es länger geschafft als meine Vorgänger": Münchens SPD-Chef Maget und seine zwiespältige Bilanz.

Jan Bielicki

Natürlich hat Franz Maget sich auch in dieses Amt nicht gedrängt. Das tut er nie. "Franz mag net" nennen sie ihn gerne unter Sozialdemokraten. Und tatsächlich hat er sich erst sehr geziert, als ihn Münchens Sozis vernehmlich riefen, an ihre Spitze zu treten. Der Partei war, wie es in der SPD auch auf höherer Ebene bisweilen vorkommt, die Chefperson plötzlich abhanden gekommen. Die Basis hatte der Parteivorsitzenden Ingrid Anker eine Kandidatur zum Bundestag glatt verweigert. Anker trat zurück.

Führungswechsel bei der SPD: Hört nach zwölf Jahren als Münchner SPD-Chef auf: Franz Maget.

Hört nach zwölf Jahren als Münchner SPD-Chef auf: Franz Maget.

(Foto: Foto: dpa)

Das war vor fast zwölf Jahren. Seither führt Maget die München-SPD, "sehr viel länger als meine Vorgänger" - und auch länger als die Parteichefs der Konkurrenz: "Vier Münchner CSU-Vorsitzende habe ich im Amt erlebt." Doch am Samstag hört auch er auf. Dann wählen sich die Münchner Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag einen neuen Chef - wenn es, was als sicher gilt, nach Maget und einem einstimmigen Votum des Stadtvorstands geht, wird sein Vize, der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann, neuer SPD-Spitzenmann.

Bereits im vergangenen Sommer hat Maget angekündigt, nicht mehr wieder zu kandidieren. "Es war meine persönliche Entscheidung und richtig, sie gerade jetzt zu treffen", sagt er, "dass ein Neuer kommt, ist nach einer gewissen Zeit auch gut." Immerhin, so erinnert er sich, hat er bereits vor 35 Jahren als Juso-Vertreter in jenem Sitzungssaal im vierten Stock der Münchner SPD-Zentrale gesessen, in dem er nun Bilanz zieht.

"Ich übergebe die Münchner SPD in guter Verfassung", urteilt Maget selber. Drei OB-Wahlen hat der SPD-Oberbürgermeister Christian Ude grandios gewonnen, zwei Mal haben die Sozialdemokraten mit ihrem grünen Koalitionspartner ihre Mehrheit im Rat souverän verteidigt. Die Partei hat keine Schulden, es hat keine Skandale gegeben in der München-SPD und wenig laut und lang ausgetragenen Streit. Maget selbst hat zuletzt im Herbst seinen Landtagswahlkreis klar gewonnen, "mit dem besten Ergebnis aller Münchner Kandidaten, egal von welcher Partei".

Sein persönlicher Erfolg war allerdings das einzig Positive, was Sozialdemokraten ihrem Wahldesaster abgewinnen konnten. "Es ist nicht alles so gelungen wie gewünscht", umschreibt Maget die Misserfolge seiner Amtszeit. Bei Landtagswahlen sank auch die München-SPD tief und tiefer. Bei den Europawahlen vor fünf Jahren belegte "Die München-Partei" - so der Slogan, den sie sich unter Magets Ägide gab - gar hinter CSU und Grünen nur den dritten Platz. Und nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl 1998 gelang es auch Maget nicht, die Münchner Abgeordneten für weitere Wahlen auf den Kandidatenlisten der Bayern-SPD ausreichend abzusichern. Auch der dreimalige Direktmandat-Gewinner Axel Berg kam für die Wahl im September nur auf einen Platz, der bei einem SPD-Misserfolg wackelig erscheint.

Als "nicht zufriedenstellend" wertet Maget selber auch die Entwicklung in der Mitgliederkartei: "Wir haben in zwölf Jahren 3000 Mitglieder verloren, glaube ich." Ganz so schlimm war es nicht, aber schlimm genug: 7000 Münchner zahlten Ende 1997 SPD-Parteibeträge, heute sind es noch 5500. "99 Prozent der Parteiaustritte sind bundespolitisch motiviert", glaubt Maget aus den Austrittsschreiben herausgelesen zu haben. Allein die von der rot-grünen Bundesregierung verantwortete Beteiligung am Kosovo-Krieg 1999 etwa "hat uns sicher 1000 Mitglieder gekostet", die Hartz-IV-Reform nochmal mehrere hundert. Aber der Mitgliederschwund trifft die SPD und andere Parteien bundesweit: "Im Vergleich stehen wir besser da", tröstet sich Maget, und derzeit seien unter den Neuen "ganz, ganz viele ganz Junge".

"Stabilität, aber immer auch Erneuerung" sieht Maget darum in seiner München-SPD. Tatsächlich erscheint das Aufrücken des Parteivizes Pfaffmann, 53, als Zeichen der Kontinuität. Auch die Stellvertreterinnen Brigitte Meier, 44, und Claudia Tausend, 45, bleiben auf ihren Posten. Neuer Dritter in der Vize-Reihe wird wohl Roland Fischer, 45, Bundestagskandidat im Westen, werden.

Wie sich die Gewichte in der München-SPD damit verteilen, bleibt aber noch völlig unklar. "Führung muss man sich erst erarbeiten", sagt Maget. Tatsächlich stand die SPD lange unter einem in der Form samtenen, in der Sache eisernen Regiment eines Führungstrios, das aus Maget, Ude und dem langjährigen Ratsfraktionschef Helmut Schmid bestand. Der stets charmante Parteichef hatte darin die Aufgabe, die SPD-Aktiven bei Laune und auf Linie zu halten hatte - für manche Sozialdemokraten deutlich zu stramm: "Die Partei ist immer nur den Weisungen aus dem Rathaus gefolgt", schimpft ein Vorstandsmitglied, "das muss anders werden."

Ganz will sich Maget ohnehin nicht verabschieden. "Ich habe noch genügend politische Ämter und werde nicht aus München verschwinden", sagt er. Festlegen will er sich jedoch nicht lassen. Nicht darauf, dass er im November noch einmal für das Präsidium der Bundes-SPD kandidiert. Und schon gar nicht darauf, dass er 2011 an der Spitze der Landtags-SPD bleibt: "Fragen Sie mich Ende nächsten Jahres!"

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: