Frühlingsfest heute:Der Unterhaltungsprofi

Frühlingsfest heute: Mit Anspruch ins Bierzelt: Bandleader Tobias Schwarz-Gewallig.

Mit Anspruch ins Bierzelt: Bandleader Tobias Schwarz-Gewallig.

(Foto: Adrian Schätz)

Tobias Schwarz-Gewallig will im Hippodrom gehobene Bierzeltmusik

Von Franz Kotteder

Man kann sich Bierzeltmucke natürlich auch ganz einfach machen und den Ballermann rauf und runter spielen. Das kommt schon an. "Schatzi, schick' mir ein Foto", "Hol die Hupen raus" oder solche Dinger. Aber Tobias Schwarz-Gewallig, 37, ist das zu blöd. Mit seiner Band Bergluft spielt er im Hippodrom auf dem Frühlingsfest ja nicht einmal "das A-Lied, bei dem man keine Luft kriegt" der Schlagersängerin Helene Fischer, das sonst überall so super ankommt. Er sagt das auch mal in einer Ansage. Bei manchen im Zelt ist die Enttäuschung dann groß. Bei anderen aber auch wieder nicht, die finden gerade das gut. Überhaupt verstehen die sieben Musiker von Bergluft, das Publikum mit ihrem Repertoire immer wieder mal zu überraschen. "Wir hatten neulich einen Rocker unten an der Bühne sitzen, der schaute immer ganz geringschätzig rauf", erzählt Jürgen Brunner, Sänger und Gitarrist bei Bergluft, "aber als wir dann ,Sweet Child O' Mine' von Guns 'n' Roses spielten, war er sofort auf den Beinen."

Klar, überraschend soll es sein. "Wonderwall" von Oasis erwartet man sich nicht direkt von einer Bierzeltkapelle, umso besser kommt es dann an. So kann man dann auch die Stimmung ein wenig steuern. "Wenn ich ,Fürstenfeld' spiele", sagt Schwarz-Gewallig, "dann weiß ich: Nachher sieht das Zelt nicht mehr aus wie davor." Vom Veranstalter wird das auch nicht erwartet, klar. Denn bis Dreiviertelneun sollen die Leute nicht auf der Bank stehen, damit die anderen in Ruhe essen können. Schwarz-Gewallig ist das durchaus recht: "Wir wollen den Leuten mehr geben, als nur auf der Bank zu stehen." Die Band besteht sowieso neben dem Sänger und Keyboarder Schwarz-Gewallig und dem gelernten Schauspieler Brunner aus einem studierten Dirigenten und akademisch ausgebildeten Musikern. Das sorgt für Anspruch: "Eine volkstümliche Unterhaltungskultur muss nicht zwangsläufig dümmlich sein", sagt Brunner und grinst.

Schwarz-Gewallig ist der Kopf der Truppe. In der elften Klasse hat der gebürtige Allgäuer die Schule abgebrochen, weil er Musiker werden wollte. Er machte eine Tontechnikerausbildung und vor allem viel Musik, etwa mit der Stimmungsband Barfuss, die 2012 einen kleinen Wiesn-Hit mit dem Titel "I zieh mei Lederhosn ned aus" hatte. Der entspricht vielleicht nicht ganz dem Qualitätsbegriff, den Bergluft hat. Heute geht es eher um Coverversionen meist internationaler Hits in einem möglichst unverwechselbaren, eigenen Stil.

Natürlich ist das Überleben als Musiker nicht ganz einfach. Früher hat Schwarz-Gewallig eine Zeit lang mal mit einem Spezl Reisezahnbürsten für Automaten an Flughäfen vertickt, das sei eine gute Schule in Marketing gewesen. Und deshalb kümmert er sich um solche Sachen heute selber, bei der Band. Eine Ahnung von Marketing sei im Bierzelt-Business nicht verkehrt: "Immerhin haben wir im ersten Jahr von Bergluft gleich um die 80 Auftritte gehabt, das zahlt sich also schon aus."

Was sich auch auszahlt, ist der gruppendynamische Coach, den sich Bergluft leistet. Der begutachtet die Auftritte und macht Vorschläge, wie die Band "noch authentischer" rüberkommt. Authentisch ist überhaupt das Zauberwort für Schwarz-Gewallig: "Wir sind ja alle schon verdorben durch diese ganzen fernsehgerechten Auftritte, die man überall sieht. Da muss man erst wieder lernen, normal zu sein."

So ein Projekt ist also ständige Arbeit. Am Wochenende nach dem Frühlingsfest steht noch die "Nacht der Tracht" im Löwenbräukeller an, wo Bergluft mittlerweile auch so eine Art Hausband ist. Danach wollen die sieben neue Stücke proben. Und zwar so, dass die auch möglichst authentisch rüberkommen.

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