Fröhliche Gesichter fast überall:In München trauert nur die CSU

Lesezeit: 2 min

Die Christsozialen haben in der bayerischen Landeshauptstadt herbe Verluste hinnehmen müssen. Sieger des Abends war auch hier die FDP.

Häme bei der SPD, Bestürzung bei der CSU - das sind die Reaktionen in den Münchner Zentralen der großen Parteien nach dem Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl am Sonntagabend.

Versteinerte Mienen bei den Anhängern der CSU in München. (Foto: Foto: AP)

Obwohl Rot-Grün im Bund über keine Mehrheit mehr verfügt, herrschte bei der SPD-Wahlparty im Georg-von-Vollmar-Haus Jubelstimmung - insbesondere wegen des schwachen Resultats der Union.

Oberbürgermeister Christian Ude sagte mit Genugtuung: "Was Umfrage-Institute und Medien uns wochenlang als bombensicher verkauft haben, ist jetzt restlos in sich zusammengebrochen. Es gibt keine Mehrheit für den Wechsel, es gibt auch keine Mehrheit für neoliberale Politik. Im Gegenteil, es gibt eine Mehrheit links von der Mitte, aber die ist politisch so zusammengesetzt, dass sie nur schwierig als handlungsfähig zu bezeichnen ist."

Großen Sieg erwarten

Zerknirschung hingegen bei der CSU, wo man eigentlich den ganz großen Sieg erwartet hatte. Als die ersten Prognosen die Runde machten, raunte Hans-Peter Uhl: "Ein solches Ergebnis wäre schlecht für Deutschland." Im Verlauf des Abends wurden die Ergebnisse für die Union nicht besser, weshalb die Münchner CSU-Politiker Trost in den lokalen Ergebnissen suchten.

Aber auch die lieferten nur Grund für mäßige Freude. 37,5 Prozent der Zweitstimmen sind mager angesichts der Wahl 2002, bei der die CSU in München 44,6 Prozent erreicht hatte. Wenigstens die drei Direktmandate im Osten, Westen und Süden konnte die Partei halten, was nicht zuletzt daran lag, dass die Direktkandidaten der Grünen den SPD-Bewerberinnen die entscheidenden Prozente abspenstig gemacht haben.

So hatte Uhl im Westen lediglich 3,3 Prozentpunkte Vorsprung gegenüber Stephanie Jung von der SPD. Höher fiel der Sieg von Peter Gauweiler aus, der im Süden um mehr als sechs Prozentpunkte vor Brigitte Meier lag. Auch Gauweilers Parteifreund Herbert Frankenhauser ließ im Osten die SPD-Kandidatin Claudia Tausend deutlich hinter sich, und zwar um rund sieben Prozent.

FDP verdoppelte ihr Ergebnis

Die Ehre der Münchner SPD rettete abermals Axel Berg. Er distanzierte den CSU-Kontrahenten Johannes Singhammer um knapp drei Prozentpunkte. Es ist das dritte Mal, das Singhammer dem SPD-Sonnyboy Berg unterliegt - entsprechend bleich war das Gesicht, dass der bedauernswerte CSU-Mann an diesem Abend aufsetzte. Aber auch die SPD musste sich bei schlappen 29 Prozent der Stimmen mehr am Unglück des Gegners delektieren als an der eigenen Stärke.

Bestens war hingegen die Stimmung bei den Liberalen, die im Hofbräukeller an der Inneren Wiener Straße die Wahlergebnisse verfolgten. 6,2 Prozent hatte man vor drei Jahren gehabt, 12,3 Prozent sind es diesmal in München.

Kein Wunder, dass der Münchner FDP-Chef und Bundestagsabgeordnete Rainer Stinner jubelte: "Wir waren präsent wie nie, aber mit diesem großen Aufschwung hat niemand gerechnet." Das Münchner Ergebnis bezeichnete er als gigantischen Erfolg, "besser als im Bund". Dies sei "Rückenwind, um bei der nächsten Kommunalwahl die Zahl der Stadträte deutlich zu erhöhen."

Auch Grüne und Linkspartei zufrieden

Weniger glücklich war Stinner mit dem Abschneiden der Union: "Noch wichtiger als unser Ergebnis wäre ein Politikwechsel." Die Stadträtin Nadja Hirsch sagte, das Ergebnis habe sie zu Tränen gerührt. "Es hat sich ausgezahlt, dass wir uns nicht geschont haben und permanent auf der Straße waren."

Erleichterung herrschte bei den Münchner Grünen, obwohl ihr Stimmenanteil von 16,1 auf 14,6 Prozent zurückging. Abgeordneter Jerzy Montag sagte zum bundesweiten Ergebnis: "Es ist eine riesige Freude. Ich habe gezittert, ob die Acht vor dem Komma zu schaffen ist. Ich bin sehr zufrieden, dass Merkel und Kirchhof nicht regieren werden."

Fröhliche Gesichter sah man auch in der Gaststätte Max Emanuel, wo sich die Anhänger der Linkspartei versammelt hatten, die in München 3,9 Prozent erreichte. Deren Kandidat Fritz Schmalzbauer sagte: "Wir sehen uns bestätigt. Wir werden auf jeden Fall in die Opposition gehen. Mit der bisherigen Führungsspitze von SPD und Grünen gibt es keinen Weg für eine Koalition."

© SZ vom 19.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: