Friedenheim:Senioren auf Zack

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Bundestagskandidaten treffen auf ein kritisches älteres Publikum

Von Dominik Hutte

Falls die Kandidaten auf ein eher braves und konservatives Publikum getippt haben, werden sie bitter enttäuscht. "Welche Konsequenzen ziehen Sie denn daraus?", will ein Mann wissen. Da hatte der FDP-Politiker Daniel Föst gerade über den Einfluss des Menschen aufs Klima und über die Vermüllung der Weltmeere gesprochen, was dem Zuhörer längst nicht konkret genug war. "Das wissen wir doch alle." Föst muss nachlegen - wie kurz zuvor schon der CSU-Bundestagskandidat Michael Kuffer (CSU), dem in der Europapolitik verbale Allgemeinplätze vorgeworfen wurden ("Was soll das heißen: Hausaufgaben machen?"). Kuffer verweist auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik und die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip in der EU.

Es geht munter zu an diesem Mittwoch im Wohnstift Augustinum in Neufriedenheim. Die zumeist im Seniorenalter befindlichen Zuhörer sind politisch bestens informiert und haben keine Lust, sich von Bundestagskandidaten mit Politikersprech abspeisen zu lassen. Der VdK Hadern/Neuried hatte alle Bewerber aus dem Münchner Süden eingeladen. Neben Kuffer sind das Sebastian Roloff (SPD), Peter Heilrath (Grüne) und Nicole Gohlke (Linke). Föst, der eigentlich im Norden kandidiert, ist in Vertretung für seinen verhinderten Süd-Kollegen Thomas Sattelberger da. Der Generalsekretär der Bayern-FDP hat es besonders schwer - und er genießt seine Rolle als Enfant Terrible sichtlich. Das Publikum, das nach seinen Wortbeiträgen tendenziell eher auf Seiten der gesetzlichen Rente steht und weniger auf private Vorsorge setzt, kann mit den FDP-Thesen ("die Riester-Rente ist eine gute Idee, aber schlecht ausgeführt") wenig anfangen. Föst schlägt sich wacker. Als der Großteil des Podiums die Trommel für eine gesetzliche Rentenversicherung auch für Selbständige und Beamte rührt, sagt der FDP-Mann nur: "Das löst das Problem nicht." Wenn alle einzahlten, erhielten auch alle Leistungen.

Die politisch linke Seite des Podiums erhält eindeutig mehr Applaus als CSU und FDP. In der Wohnungspolitik plädieren Gohlke und Heilrath leidenschaftlich für die Abschöpfung von Gewinnen aus Grundstücksgeschäften. Was durchaus auch Roloff begrüßt. Der SPD-Mann fordert zudem - wie zuvor schon Gohlke - eine Neudefinition des Mietspiegels. Kuffer wirft dem Rathaus vor, oftmals am Bedarf vorbeizubauen, nur leider sei er mit dieser Einschätzung allein auf weiter Flur.

Einer beobachtet die Debatte aus der Distanz dessen, der in der Bundespolitik ganz oben war: der heimliche Star des Augustinums, Hans-Jochen Vogel. Er sagt, natürlich: nichts.

© SZ vom 16.06.2017 / r - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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