Zwischenbilanz:Am Limit

Zwischenbilanz: 150 Ehrenamtliche kümmern sich um die knapp 500 Bewohner der Unterkunft an der Wippenhauser Straße. Das reicht nicht, findet der Helferkreis.

150 Ehrenamtliche kümmern sich um die knapp 500 Bewohner der Unterkunft an der Wippenhauser Straße. Das reicht nicht, findet der Helferkreis.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Helferkreis für die Asylbewerber an der Wippenhauser Straße ist seit einem Jahr aktiv. Viele Herausforderungen wurden gemeistert, dennoch wünscht man sich mehr öffentliche und gesellschaftliche Unterstützung

Von Serafine Dinkel, Freising

Die "Wahrung des sozialen Friedens" hat sich der Helferkreis für die Asylbewerber an der Wippenhauser Straße zum Ziel gesetzt. Seit Juli 2015 koordinieren Teresa Degelmann, Sabine Berenbold-Dieck, Luise Eidel und Christine Wimmer die Arbeit der etwa 150 Ehrenamtlichen, die sich um die knapp 500 Geflüchteten in der Container-Unterkunft kümmern. Man ziehe eine positive Bilanz und habe gute Arbeit geleistet, heißt es in einer Pressemitteilung des Helferkreises. Dennoch wünsche man sich mehr Unterstützung von öffentlicher und gesellschaftlicher Seite.

Kernaufgabe der Helfer sind die 18 angebotenen Deutschkurse, von denen drei direkt im Camp stattfinden. 90 Freiwillige engagieren sich dafür, doch ehrenamtlich lasse sich der Bedarf nicht mehr stemmen, weil es an Lehrern und Räumen fehle. Staatliche Deutschkurse dürfen nur Asylbewerber aus Syrien, dem Iran, dem Irak, und Eritrea besuchen. Alle anderen müssen auf die Anerkennung ihres Asylantrags warten. "Das kann Monate oder Jahre dauern", sagt Teresa Degelmann. So seien die Flüchtlinge auf das ehrenamtliche Angebot angewiesen. Der Helferkreis sieht hier einen Widerspruch im Verhalten des Staates: Einerseits werde Integration gefordert, andererseits würden dafür keine ausreichenden Mittel zur Verfügung gestellt.

Abgesehen von den Sprachkursen organisiert der Helferkreis zwei Mal wöchentlich einen Nachmittagstreff im Haus der Vereine, der als "willkommene Abwechslung" zum Alltag in der Unterkunft wahrgenommen wird, und vermittelt Geflüchtete an Sportvereine. Zum Alltag der Flüchtlinge gehören auch die zwölf Betreuungsteams, die in der Unterkunft für jeweils ein Stockwerk verantwortlich sind und zwei bis drei Mal pro Woche anwesend sind. In der täglichen Sprechstunde im Helferbüro können Flüchtlinge und Ehrenamtliche ihre Anliegen vorbringen.

Abgesehen von mehr Sprachkursen fordert der Helferkreis auch öffentlich getragene Aufklärungskurse, in denen Flüchtlingen Prinzipien des gesellschaftlichen Lebens in Deutschland näher gebracht werden. Von Seiten des Landkreises ist dem Helferkreis zufolge ein solches Angebot geplant.

150 Helfer seien nicht genug, um 500 Personen zu betreuen. "Die Helfer brauchen 80 Prozent ihrer Zeit für ihre Hauptbeschäftigung", betont Degelmann, "wir alle tun, was wir können." Doch für viele sei es schwer, den eigenen Alltag und die anspruchsvolle Arbeit im Helferkreis unter einen Hut zu bringen. Von öffentlicher Seite bräuchte es da mehr Unterstützung.

Ein Problem ist zum Beispiel die Wohnraumsituation: Zwar dürfen Fehlbeleger, also anerkannte Flüchtlinge, in der Unterkunft bleiben. Doch dauerhaft sei das keine Lösung, die zur Integration beitrage, heißt es aus dem Helferkreis. Die Behörden müssten mit sozialem Wohnungsbau reagieren, wird gefordert. Vieles sei nicht langfristig genug geplant worden, so Degelmann, man habe sich zu wenig Gedanken über die anerkannten Flüchtlinge gemacht. Zum Beispiel sind für diese nicht mehr die Asylsozialberater, sondern das Jobcenter zuständig. Doch im Umgang mit den bürokratischen Hürden bräuchten auch anerkannte Flüchtlinge Unterstützung, die wiederum von ehrenamtlichen Ämterlotsen geleistet wird.

Der Helferkreis wünscht sich von der Stadt und dem Landkreis einen Integrationsbeauftragten, der Ansprechpartner für Flüchtlinge und Ehrenamtliche ist und deren Arbeit koordiniert. Im Landkreis ist die Schaffung einer solchen Stelle laut Degelmann geplant. "Wenn man sich auf uns Ehrenamtliche verlässt, müssen die Zuständigkeiten klar sein", sagt Degelmann. Damit spielt sie auch auf widersprüchliche Aussagen der Regierung zur Verantwortlichkeit für den Familiennachzug an. Sie fügt hinzu, dass es "pragmatische Lösungen auf kommunaler Ebene" brauche, solange vom Freistaat entwickelte Ansätze noch nicht umgesetzt werden könnten.

Auch von gesellschaftlicher Seite wünscht sich der Helferkreis wieder mehr Einsatz. "Flüchtlingshilfe ist nicht mehr so en vogue wie im letzten Sommer", heißt es. Doch nur mit Beteiligung der "ganzen Freisinger Stadtgesellschaft" sei Integration zu bewältigen.

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