Zwischen Beton-Türmen und Bunker:Kröten-Tümpel auf der Kuhweide

Auf dem Gelände der ehemaligen Radarstation bei Giggenhausen entsteht neuer Lebensraum für die Gelbbauchunke

Es ist ein surrealistisches Ambiente hier in der ehemaligen Radarstation bei Giggenhausen: Hinter dem meterhohen Zaun stehen olivfarben gestrichene Schuppen, Beton-Türme und Bunker, mitten drin grasen friedlich Rinder. In einigen Garagen liegt Heu, hier hat die kleine Herde aus Stier, Mutterkühen und Kälbchen Zuflucht vor Regen, eine alte Badewanne dient als Tränke, ansonsten gibt es Gras in Hülle und Fülle. Biolandwirt Lorenz Kratzer hält hier 15 Fleckvieh-Limousinrinder, die außer dem Wachsen und Fleischansetzen bald noch eine weitere Aufgabe haben: Sie werden die Tümpel, die Arbeiter gebaggert haben, von Bewuchs frei halten, durch bloßes Hindurch-Trampeln, und so einen wichtigen Beitrag zum Gelbbauchunken-Programm des Landkreises Freising leisten. Noch freilich gibt es im Sendergelände keine Unken. Erst einmal will man warten, ob sich Tiere ansiedeln, wenn nicht, sieht der Plan B den Besatz mit Krötenlaich vor.

"Den Rindern ist es wohl wurscht, aber die Unke, die liebt Rinder." Manfred Drobny, Geschäftsführer des Bundes Naturschutz in Freising, ist an diesem grauen Wintertag zum Scherzen aufgelegt, als der neueste Kröten-Tümpel im Landkreis auf der Kuhweide im Sendergelände besichtigt wird. Das Gelände gehört der Gemeinde Neufahrn, es ist jetzt schon das fünfte Biotop, das angelegt wurde. Insgesamt gibt es im Kreis derzeit elf solche Stellen, an denen neuer Lebensraum für die sechs Zentimeter große Gelbbauchunke geschaffen oder alter optimiert wurde. Schließlich ist der Landkreis zusammen mit den Kreisen Neuburg-Schrobenhausen und Altötting Träger eines Kröten-Schutzprojektes, das Schritte zur Bewahrung der Lebensräume dieser vom Aussterben bedrohten Art unternimmt. Finanziert wird das Ganze vom Bund, vom Naturschutzfonds und von den Landkreisen; insgesamt fließen in den nächsten fünf Jahren 670 000 Euro in Maßnahmen, um die Bestände der Gelbbauchunke zu erhöhen. Das Projekt hat seinen Schwerpunkt in Bayern nicht, weil alle so engagiert sind, sondern weil es den Unken hier besonders schlecht geht. Mit neuen Laichgewässern, verbesserten Biotopen und deren Vernetzung soll eine Wanderung wieder möglich werden. Allerdings sieht das auch Manfred Drobny ein wenig kritisch. Die nächsten Biotope vom Sendergelände aus sind zwei Kilometer entfernt, dazwischen liegen ausgeräumte Feldfluren und befahrene Straßen. Doch irgendwo müsse man anfangen. Wie viele Exemplare es im Landkreis noch gibt, weiß auch er nicht, nur so viel sei sicher: "In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat die Population ständig abgenommen."

Dass ausgerechnet die Gelbbauchunke so viel Aufmerksamkeit bekommt, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Denn es handelt sich um eine Leitart. Wo sie vorkommt, gibt es noch Kleingewässer und Feuchtwiesen, und die brauchen auch andere gefährdete Arten wie Braunkehlchen, Weißstorch, Kreuzkröte und verschiedene Libellen. Mit Biobauer Georg Kratzer gibt es im Sendergelände jemanden, der ein Herz für die Natur hat. Er arbeitet schon bei Beweidungsprojekten im Freisinger Moos eng mit dem Naturschutz zusammen. "Wenn man so einfach was tun kann, ist es doch gut", sagt er. Und auf die Frage, ob er in besonders trockenen Zeiten nicht auch ein wenig Wasser aus der Rindertränke für die austrocknenden Tümpel und den gefährdeten Krötenlaich abzwacken würde, lächelt er, "warum nicht?"

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