Wohnungsmangel:Vielen bleibt nur der Wegzug

Arbeitslose, alleinerziehende Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund gehören zu den Verlierern auf dem Wohnungsmarkt. In Freising ist nichts Günstiges zu finden, die Lösung ist oft nur noch das Hinterland

Von Gudrun Regelein, Freising

Bezahlbarer Wohnraum ist zu einem der drängendsten Themen in Freising geworden. Mittlerweile beschäftigt sich sogar der Freisinger Kinderschutzbund damit. Erst kürzlich, bei der Jahreshauptversammlung Ende Januar, kritisierte Vorsitzende Eva Bönig den "Verteilungskampf" auf dem Wohnungsmarkt, der immer heftiger werde. Vor allem Alleinerziehende, aber inzwischen auch Normalverdiener mit Kindern, hätten kaum eine Chance, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Situation sei prekär. Die Stadt müsse im sozialen Wohnungsbau aktiv werden, forderte Bönig.

Dass der Wohnungsmarkt sehr stark angespannt ist, bestätigt auch Robert Zellner, Leiter des Amts für soziale Angelegenheiten der Stadt Freising. Allerdings habe die Stadt Freising ihre Hausaufgaben gemacht: "Wir haben über 1000 kostengünstige Wohnungen geschaffen und haben ein umfangreiches Sanierungsprogramm. Wir wissen, was wir zu tun haben", sagt er. Freising sei kein Thema mehr für kostengünstigen Wohnraum, er sieht nun andere Gemeinden in der Pflicht.

Der frei finanzierte Wohnraum sei in Freising für viele nicht bezahlbar, es gebe zu wenig vergünstigte Wohnungen, erklärt Zellner. Zwar könne er seinen immer zahlreicheren Klienten nach einer mehrmonatigen Pause zumindest wieder einen Wohnberechtigungsschein ausstellen - allerdings nur mit Einschränkungen. Er wolle keine falschen Hoffnungen machen, sagt Zellner. Es müsse nach wie vor mit mehrjährigen Wartezeiten gerechnet werden. "Wir suchen nach Lösungen." In manchen Fällen empfehlen er und seine Mitarbeiter einen Wegzug, vermitteln Wohnungsangebote aus dem Raum Landshut oder Kehlheim.

Frau vor Immobilengeschäft

Bezahlbare Wohnungen für alleinerziehende Frauen sind schwer zu bekommen. Auch Arbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund haben kaum Chancen.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Auch Christiane Buser von der Caritas Freising, die Obdachlose in Notunterkünften der Stadt Freising betreut, kann ihren Klienten nicht viel Hoffnung machen. "Es sieht schlecht aus. Wir haben zu wenig bezahlbaren Wohnraum", sagt sie. Ihren Klienten in den Obdachlosenunterkünften, die eigentlich wieder mitfähig wären, könne sie keine Wohnungen vermitteln. "Die können nicht aus der Notunterkunft ausziehen, weil sie nichts bekommen", sagt Buser. Derzeit betrage die Wartezeit auf eine der begehrten Sozialwohnungen sieben bis acht Jahre. Bei vielen Betroffenen löse das Frustration, Lethargie oder Resignation aus.

Im Landratsamt wurde vergangene Woche bei einem Runden Tisch nach Lösungen gesucht. Alexandra Mozelewski, Leiterin des Frauenhauses Freising, war dabei. Es seien vor allem ALG-II-Empfänger, Migranten und Alleinerziehende, die extreme Probleme hätten, eine bezahlbare Wohnung zu finden, berichtet sie. Es sei schon für Frauen, die im Frauenhaus Schutz gesucht und sich wieder stabilisiert haben, extrem schwierig, eine Wohnung zu finden - noch schwieriger sei es für Frauen mit Kindern. Viele müssten deshalb viel länger als eigentlich geplant bleiben: Viele Monate, manche sogar länger als ein Jahr. "Wenn ein Vermieter hört, dass die Interessentin eine alleinerziehende Mutter ist, ist er schon nicht begeistert. Wenn sie aber dann noch keine Arbeit hat, also ALG II bezieht, dann hat sie keine Chance. Keine Arbeit, keine Wohnung", sagt Mozelewski. Die Frauen müssten sehr lange suchen, viele fänden nur etwas durch die Unterstützung der Frauenhaus-Mitarbeiterinnen. Die Situation sei für alle sehr frustrierend. "Nach Monaten des Aufbaus ist die erfolglose Suche eine richtige Katastrophe." Aus lauter Verzweiflung würden sogar ein bis zwei Frauen jedes Jahr zu ihren gewalttätigen Männern zurückkehren. "Für uns ist das absolut frustrierend", meint Mozelewski. Eigentlich sei das Frauenhaus als vorübergehende Einrichtung gedacht, sagt sie. Das Konzept sieht deshalb ursprünglich nur eine Unterbringung für bis zu sechs Wochen vor. "Aber das ist völlig utopisch", sagt Mozelewski.

Auch bei fast allen Klienten von Sabine Schuster von der Caritas Freising ist das Thema Wohnungssuche dominant. Sie betreut Menschen mit Migrationshintergrund. Viele kämen sogar nur in die Beratung, um zu fragen, ob sie eine freie Wohnung vermitteln könne. Sei es, weil sie nicht länger in einer Arbeiterunterkunft leben wollten, oder sie jetzt zu viert oder fünft in einem Zimmer lebten, da immer mehr ihrer Angehörigen nach Deutschland nachkommen. "Was aber die Wohnungssuche betrifft, kann ich nicht helfen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist sehr brisant", sagt Schuster. Sie könne nur an Makler und einschlägige Internetseiten verweisen.

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