Wildtiere und Landwirtschaft:Gefährliche Maschinen

Wildtiere und Landwirtschaft: In höchster Gefahr schweben Rehkitze, wenn die Bauern mit ihren Maschinen ausrücken, um das Gras auf ihren Wiesen zu mähen.

In höchster Gefahr schweben Rehkitze, wenn die Bauern mit ihren Maschinen ausrücken, um das Gras auf ihren Wiesen zu mähen.

(Foto: privat)

Jährlich werden Tausende Rehkitze getötet oder verstümmelt. Die Lösung könnten Wärmebildkameras und Drohnen sein. Weil sie teuer sind, hoffen die Jäger bei ihrem Symposium auf Zuschüsse für Bauern

Von Katharina Aurich, Freising

Die Zahlen sind alarmierend. Immer weniger Fasane, Hasen und Rebhühner leben in den Agrarlandschaften. Als eine Ursache gilt der moderne Landwirt, der mit großen Maschinen schnell und effizient Wiesen mäht, Gras oder Mais siliert. Zu schnell für das Niederwild, vor allem für Rehkitze. Schätzungsweise 90 000 werden jedes Jahr deutschlandweit bei der Wiesenmahd getötet oder verstümmelt. Die große Hoffnung ist nun der technische Fortschritt, etwa Drohnen, die die Wiesen vor der Mahd überfliegen und Kitze, brütende Fasane oder junge Hasen rechtzeitig entdecken.

Für den einzelnen Landwirt ist diese Technik allerdings noch zu teuer. Deshalb seien staatliche Fördermaßnahmen nötig, waren sich am Freitag im Schafhof die 150 Teilnehmer beim Symposium des Bayerischen Jagdverbands zum Thema "Landtechnik und Wildtiere" einig. Georg Radlmaier, Vorsitzender des Bauernverbands im Landkreis, bedauerte jedes Kitz, das er beim Mähen töte. Dazu bedeuteten Kadaver im Mähgut auch eine Gefahr für die Kühe, die durch verunreinigtes Heu an Botulismus erkranken könnten. Radlmaier hat nach eigenen Angaben schon versucht, Wildtiere mit Geräuschen aus den Wiesen zu vertreiben oder mit flatternden Tüchern, aber richtig wirkungsvoll sei dies alles nicht. Vor allem Rehkitze flüchten beim Herannahen des Traktors nicht, sondern ducken sich. Er sei froh, dass er meist im April mähe, wenn es noch keine Jungtiere gebe, sagte er. Beim zweiten Schnitt seien die kleinen Fasane oder Hasen dann bereits mobiler. Am Schlimmsten sei es, Ende Mai zu mähen, wenn die Jungtiere gerade geboren seien. Landwirt Johann Holzer aus Zolling war sehr erleichtert, dass er heuer kein Kitz auf seinen Wiesen an der Amper erwischt hat. Der Jagdpächter hatte nämlich neuartige Geräte installiert, die Ultraschall aussenden und die Rehmütter offensichtlich verscheuchten, vermutete der Landwirt.

Die Bauern sind unter Zeitdruck

Man könne von keinem Bauern, der oben auf seiner großen Maschine sitze und meist unter Zeitdruck arbeite, erwarten, dass er ständig heruntersteige und Kitze suche, zeigte Jürgen Vocke, Präsident des Bayerischen Jagdverbands, Verständnis. Wolfgang Lang, Geschäftsführer des Maschinenrings Freising, schilderte, dass manche Bauern an ihren Mähwerken Stäbe anbrächten, die nach vorne stünden und das Wild aufscheuchten, bevor die rotierenden Messer kämen.

Aber auch diese Methode sei nicht effizient genug. Am besten seien Drohnen geeignet, die Tiere rechtzeitig aufzuspüren, so dass sie aus der Wiese getragen werden könnten. Der Maschinenring beauftrage inzwischen einen Unternehmer, der über eine solche Drohne verfüge. Aber dieser Service sei teuer und koste pro Hektar 100 Euro. Außerdem mähten Landwirte meist alle gleichzeitig, wenn das Wetter dafür passe, dann sei die Drohne ausgebucht, schilderte Lang. Er hoffe, dass es bald Landmaschinen mit kleinen Wärmebildkameras gebe, die das Feld oder die Wiese während des Fahrens absuchten oder Drohnen, die vor dem Schlepper flögen, so dass der Landwirt die Tiere rechtzeitig erkenne.

Rehkitz-Rettung mit der Drohne

Drohnen sollen den Landwirten helfen, im Gras verborgene Rehkitze aufzuspüren

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Wichtig ist, von innen nach außen zu mähen

Doch nicht nur mit Drohnen und Kameras können Landwirte die Überlebensrate des Niederwilds erhöhen. Stefan Böttinger vom Institut für Agrartechnik der Uni Hohenheim appellierte, die Flächen so zu bearbeiten, dass die Tiere flüchten könnten. Dazu zähle, Wiesen nicht von außen nach innen zu mähen, wie es aus Zeitersparnis die Regel sei, sondern von innen nach außen. So hätten die Tiere zumindest eine Chance. Böttinger schilderte auch die Auswirkungen der Mahd mit Rotationsmähwerken und Aufbereitern, die den Großteil der Insekten erfassen oder ansaugen und töten. Er empfahl, die Saugwirkung der Mähwerke zu reduzieren.

Den rechtlichen Aspekt getöteter Wildtiere erläuterte Jurist Walter Jäcker. Danach ist das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund strafbar. Allerdings müsse der Täter vorsätzlich handeln und den Tod des Tieres billigend in Kauf nehmen. Die Mahd von Grünland ab einer Größe von einem Hektar von außen nach innen gilt übrigens als Ordnungswidrigkeit, weil damit Tiere gefährdet werden.

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