Wie kommt die Ware zum Kunden?:Besser als der Ruf

Logistikunternehmen werben bei einem Aktionstag um Nachwuchskräfte. Die Ausbilder heben die Vielseitigkeit des Berufs hervor: Lagerarbeit bedeutet mehr, als Paletten von einer Ecke in die andere zu schieben. Wer motiviert ist, hat gute Job-Chancen.

Von Birgit Goormann-Prugger

Städteplanerisch gesehen sind große Logistikunternehmen kein Gewinn. Für ihren Betrieb muss viel Fläche versiegelt werden und sie sorgen naturgemäß für viel Verkehr. Doch es lässt sich nicht wegdiskutieren, die Logistik ist eine Schlüsselbranche in der Region rund um den Flughafen und sie sucht händeringend Nachwuchs. Darauf hat jetzt auch die Agentur für Arbeit reagiert und am gestern am Mittwoch als Pilotprojekt einen "Aktionstag Logistik" veranstaltet, um Jugendliche für die verschiedenen Berufsfelder in dieser Branche zu begeistern. "Wir zählen hier in der Region nach Frankfurt und Hamburg zu den größten Logistikstandorten in Deutschland, allein schon wegen des Flughafens, und der Bedarf an Arbeitskräften ist enorm", sagt Christine Schöps, Sprecherin der Arbeitsagentur.

Die Arbeitgeber müssten sich bei dem nach wie stabilen regionalen Arbeitsmarkt mittlerweile intensiv um den Nachwuchs bemühen, das zeige allein schon die niedrige Arbeitslosen-Quote bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Landkreis Freising bei nur 1,6 Prozent liege. 1230 freie Arbeitsstellen aus dem Logistikbereich seien dem Arbeitsamt im vergangenen Jahr gemeldet worden, so Christine Schöps weiter, und dazu 1057 Ausbildungsstellen aus den verschiedenen Logistikbereichen von der Fachkraft für Lagerlogistik, über den Speditionskaufmann bis hin zum Berufskraftfahrer. Insgesamt gibt es im Landkreis 7800 Betriebe mit rund 74 000 Beschäftigten, davon gehören 800 Firmen zum Bereich Logistik und Speditionswesen mit der rund 7000 sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern.

Mit der Resonanz bei diesem ersten "Aktionstag Logistik" im Berufsinformationszentrum können die Organisatoren zufrieden sein. Zahlreiche Jugendliche drängten sich gleich von Beginn weg an den Infoständen der Unternehmen, informierten sich über die Ausbildungsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten. Unternehmen wie Schenker, Panalpina Welttransport, Kühne & Nagel, Hellmann Worldwide Logistics und DPD Systemlogistiks waren angetreten und warben um Nachwuchs. Die Vertreter von OZ Trans waren sogar mit einem Lastwagen angereist, um potenziellen Berufskraftfahrern zu vermitteln, mit welchen Fahrzeugen sie dann unterwegs sein würden.

Dass es für Logistikunternehmen immer schwieriger wird, Nachwuchskräfte zu bekommen, konnte auch Martina Merker, Ausbildungsleiterin bei DB Schenker bestätigten. "Unsere Branche hat ein schlechtes Image. Dabei ist der Beruf spannend, vielfältig und anspruchsvoll. Wenn man beispielsweise im Lager arbeitet, heißt das noch lange nicht, dass man nur Paletten von einer Ecke in die andere schiebt". Da müsse man mitdenken und die Zusammenhänge verstehen. So gut wie sich das aus Sicht der Arbeitnehmer zunächst anhört: Es gibt auch Mahner, die die Grenze der Belastbarkeit des Landkreises als Logistikstandort erreicht sehen. Die jüngste Bürgerbefragung zur Stadtentwicklung in Freising beispielsweise hatte ergeben, dass die bestehenden Gewerbegebiete für ausreichend erachtet und für neue Gewerbegebiete keine Notwendigkeit gesehen wird. Die Ansiedlung von neuen Betrieben wird zwar gewünscht, allerdings aus Sicht der Bürger mehr im Bereich Handwerk mit Bezug zur Region und die Ansiedelung von hochschulaffinen Forschungsbetrieben. Generell besteht der Wunsch, die Wirtschaft in Freising breit aufzustellen und unabhängiger vom Flughafen zu machen.

Freisings OB Tobias Eschenbacher räumt der Logistikbranche dennoch eine hohe Bedeutsamkeit für die Region, ein. "Die Branche ist wichtig, auch für die anderen Unternehmen in der Region. Die fahren ihren Waren nicht selbst zum Kunden, sondern haben immer einen Logistiker", weiß Eschenbacher von seinen verschiedenen Betriebsbesuchen. Dennoch will man im Rahmen der Stadtentwicklung in Freising untersuchen, wie viele Betriebe dieser Art dem ohnehin hohen innerstädtischen Verkehr noch zuzumuten sind. "Die Bürger sind unzufrieden, wenn auf den Straßen der Lastwagenverkehr ständig zunimmt, zumal wir ja auch vom Verkehr aus den Umlandgemeinden belastet sind, in denen sich große Logistikunternehmen angesiedelt haben."

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