Weniger Müll:Kampf dem Plastikmonster

Weniger Müll: Im Echinger Mehrgenerationenhaus wurde eine Ausstellung zur Aktion gestaltet, dort entstand auch das Plastikmonster.

Im Echinger Mehrgenerationenhaus wurde eine Ausstellung zur Aktion gestaltet, dort entstand auch das Plastikmonster.

(Foto: Marco Einfeldt)

Echinger Familien versuchen, zwei Wochen komplett ohne Kunststoffdosen oder -verpackungen auszukommen. Ihr Fazit: Es geht sehr vieles, aber es gibt auch Grenzen. Der Gedanke an die Umwelt motiviert viele Teilnehmer

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die letzten Tetrapak-Dosen sind jetzt Geldbeutel, einige Plastikflaschen dienen in neuer Verwendung als Vogelhäuschen und die Zahnpastatuben der vergangenen zehn Tage schmücken als Halskrause das Plastikmonster. Eine Gestaltungsaktion hat auf kreativem Weg den Plastikmüll entsorgt, der immer noch in den Haushalten der Echinger Aktion wider das Plastik angefallen ist - das Ziel der beteiligten Familien war aber noch radikaler: zwei Wochen lang Plastik ganz zu vermeiden.

Waren, Gebrauchsartikel und vor allem Verpackungen aus Plastik dominieren unseren Alltag. Die Aktion der Echinger Familien startete gleich mal mit einem Flashmob im örtlichen Einkaufsmarkt: den üblichen Samstagseinkauf im Laden komplett von Plastikverpackungen befreien, Gurken gleich enthüllen, die Klopapierrollen an der Schnur auffädeln, Getränke oder Pulver in andere Behälter umfüllen.

Doch der Alltag kann noch intensiver durchforstet werden. Der Einkauf trägt sich in Stofftaschen genau so gut wie in Plastiktüten, der Lebensmittelhändler reibt den Käse für die Pizza auch ins mitgebrachte Einweckglas statt auf die Plastikfolie und selbst statt Shampoo im Plastikspender gibt es Shampooseifen. "Man geht schon mal ganz anders durch einen Laden", schildert Corinna Enßlin, die Initiatorin der Aktion.

Zusammen mit Tina Degel, Gisela Gliche, Marion Hilz, Andrea Kleegrewe, Werner May, Lene Schmidt und Meike Sellier hat die 45-Jährige "Ohne Plastik" auf die Beine gestellt. Die Volkshochschule nahm das Projekt auf, organisierte einen Impulsvortrag, die Gemeindebücherei machte mit und besorgte einen Informationsfilm, im Mehrgenerationenhaus ASZ wurden Ausstellungen gestaltet, das Plastikmonster gebastelt und dort findet heute, Freitag, um 17 Uhr auch die Abschlussbesprechung der zweiwöchigen Aktion statt.

"In vielen Sachen ist es einfach schwierig", beschreibt Enßlin ihre Erfahrungen. Ihre Kinder Merima und Sinan haben den Gedanken auf die Spitze getrieben: "In der Schule ist auch viel Plastik, also: keine Schule mehr! Man testet so aus, was geht", sagt die Mutter über den plastiklosen Ansatz. Ohne Schule geht jedenfalls nicht, genauso wie ohne ein Plastikmonster des Alltags wie eine S-Bahn nichts geht.

"Aber seiner Verantwortung sollte man sich schon bewusst sein", findet Enßlin. Ihr Schlüsselerlebnis war im Urlaub in einer kroatischen Bucht, die von der Familie täglich gewissenhaft sauber gehalten wurde - doch im Wasser trieben unübersehbar genau die Plastikpartikel, von denen die Aufklärungsfilme dann erzählen, wie sie über die Fische in die Nahrungskette gelangen und dort vielfältige Krisen verursachen.

Die von der Aktion "Blue Sea" gestaltete Ausstellung dazu wurde von den Echinger Initiatoren auf Eching heruntergebrochen: Wohin geht denn das Plastik, das selbst vom bewusstesten Verbraucher ordentlich im "Gelben Sack" entsorgt wird? "Es ist so ein großes Feld", sagt Corinna Enßlin, "man lernt so viel dazu".

Dass Plastikverbrauch nicht nur wegen des entstehenden Mülls ein Problem ist, beispielsweise, sondern die Herstellung auf der Basis von Öl beruht und damit in die geopolitischen und geologischen Problemfelder der Ölgewinnung eingreift. "Eine hohe Motivation, auf Plastik zu verzichten", findet Enßlin. Oder wie sich Plastikgeräte auf Nahrung auswirken können. Zwei beteiligte Familien haben nach der entsprechenden Filmaufklärung sofort ihre Wasserkocher aus Plastik entsorgt.

"Viel ist uns erst in diesen 14 Tagen bewusst geworden", bilanziert Corinna Enßlin. Bei einer Abschlussbesprechung im ASZ werden Erfahrungen ausgetauscht und an interessierte Nachahmer weitergegeben. Dass sich die Aktion im Alltag der Familien fortsetzen werde, ist Enßlin überzeugt. Für sie ist zum Beispiel klar, bei Entdeckungen wie der Shampooseife zu bleiben oder den Verpackungsmüll zu vermeiden.

Wie verwurzelt die Assoziation Plastik ist gleich Müll schon ist, hat übrigens die Ausstellung im ASZ schlagend demonstriert: Eine Installation von Plastikteilen in Fischernetzen war am nächsten Tag verschwunden. Die Reinigungskräfte des Hauses hatten sie als Müll entsorgt.

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