Weil ein Asylsozialarbeiter fehlt:Die Grenzen des Machbaren

Weil ein Asylsozialarbeiter fehlt: 152 Asylbewerber sollen in der Unterkunft leben.

152 Asylbewerber sollen in der Unterkunft leben.

(Foto: Marco Einfeldt)

Um die Flüchtlinge, die ins neue Moosburger Asylbewerberheim einziehen, muss sich wohl in erster Linie der Helferkreis kümmern.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Es gibt eine neue Richtlinie des bayerischen Sozialministeriums über die Aufgaben von Asylsozialberatern. Demnach sollen diese unter anderem "im Rahmen ihrer Tätigkeit und unter Zuhilfenahme des vor Ort bestehenden Netzwerks nach Möglichkeit Ehrenamtliche akquirieren und Hilfen zur Selbstorganisation geben". Reinhard Kastorff zitiert diese Passage und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es ist Freitagnachmittag, Kastorff steht mit einigen Mitstreitern vom Moosburger Helferkreis Asyl vor der neuen Flüchtlingsunterkunft an der Neuen Industriestraße. Sie sind bereit, um den bis zu 152 Asylsuchenden, die in den vier Gebäuden demnächst unterkommen werden, zur Seite zu stehen. Was jedoch fehlt, ist: der Asylsozialberater.

Wann die ersten Flüchtlinge in die Unterkunft einziehen werden, konnte Stephan Hoff, der Unterkunftskoordinator der Regierung von Oberbayern, bei der offiziellen Besichtigung am Freitag noch nicht sagen. Aber für die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer steht fest, dass ein Großteil der Arbeit wohl an ihnen hängen bleiben wird. Noch hat die Regierung keinen Asylsozialberater für die Unterkunft gefunden - und beim Helferkreis gehen sie davon aus, dass das auch nicht so schnell passieren wird. Abgesehen davon, dass der Markt leer gefegt ist, "haben die Sozialverbände die Schnauze voll und ziehen sich mehr oder weniger zurück, weil der Staat nur 80 Prozent zahlt und sie auf den Kosten sitzen bleiben", sagt Kastorff. Für die vier zweigeschossigen Gebäude an der Neuen Industriestraße stehen bislang also nur zwei der drei hauptamtlichen Mitarbeiter zur Verfügung: die Verwaltungsleiterin des privaten Dienstleisters European Homecare, der das Heim im Auftrag der Regierung betreibt, und der Hausmeister. "Allerdings nur unter der Woche zu den normalen Bürozeiten", merkt Erwin Girbinger, der Sprecher des Helferkreises an. Außerdem, sagt Flüchtlingshelfer Klaus Reichel, "sind die wie alle Beteiligten mit der Aufgabe überfordert".

Daher wird der Helferkreis mit seinen 144 Mitgliedern, von denen 20 bis 25 aktiv mitarbeiten, verstärkt gefordert sein. Die Ehrenamtlichen betreuen bereits 160 bis 170 Flüchtlinge in den neun bestehenden Unterkünften in Moosburg. "Wenn wir jetzt doppelt so viele Flüchtlinge haben, müssen wir uns von anderen Aufgaben zurückziehen, es gibt Kapazitätsgrenzen", sagt Girbinger. Aber wenn sie in der neuen Unterkunft gebraucht werden, würden sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten natürlich helfen, versichern die Ehrenamtlichen. So werden sie auch versuchen, Kontakte mit den Nachbarn herzustellen und gegen Anfeindungen vorzugehen. "Wie im Internet gehetzt wird, ist ganz schlimm", sagt Reichel.

Wenn die Flüchtlinge dort eintreffen, werden sie vorzeigbare Unterkünfte vorfinden werden. Die Gebäude sind in Appartements mit Kochbereich, Bad und je zwei Zweibettzimmern unterteilt, die allesamt - auch die im ersten Stock - nicht über Gänge im Inneren, sondern Zugänge von außen erreichbar sind. Jedes der vier Gebäude hat einen Gemeinschafstraum. Dazu kommt ein Waschraum für die Wäsche.

In den Wohnungen, die der Landkreis in einem alten Haus nebenan angemietet hat, können die Flüchtlinge von solchen Verhältnissen nur träumen. "Sie leben in einem Rattenloch und blicken jetzt auf die neue, schöne Unterkunft vor ihrem Fenster", bedauert Jürgen Zwerger vom Helferkreis. In den womöglich aufkommenden Begehrlichkeiten sieht er eine den sozialen Frieden gefährdende Situation, die es von den Ehrenamtlichen auch noch zu moderieren gilt.

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