Vorführung in Langenbach:Saunagang für Bienenvölker

Vorführung in Langenbach: Richard Rossa (links) und Josef Brückl haben den Bienenstock mit einer Sauna ausgestattet. Fünf von 17 Bienenvölker sind an der Varroamilbe gestorben.

Richard Rossa (links) und Josef Brückl haben den Bienenstock mit einer Sauna ausgestattet. Fünf von 17 Bienenvölker sind an der Varroamilbe gestorben.

(Foto: Marco Einfeldt)

Temperaturen bis 42 Grad Celsius sollen die gefährliche Varroamilbe irreparabel schädigen. Erfinder Richard Rossa stößt bei den Imkern zwar noch auf Skepsis. Ex-Bürgermeister Josef Brückl ist jedoch vom Erfolg überzeugt.

Von Alexandra Vettori, Langenbach

Auch wenn der Frühling wieder ins Land zieht und mit ihm all das Krabbelgetier am Boden und in den Lüften, so ist es doch traurige Realität, dass auch den vergangenen Winter viele Bienen nicht überlebt haben. Fachleute sprechen von mindestens einem Drittel des Bestandes, der zu Grunde gegangen ist.

Hauptgrund ist die Varroamilbe, gegen die Imker weltweit seit Jahren vergeblich kämpfen. Die Säurebehandlungen, denen man die Bienenstöcke in der Not unterzieht, sind nicht nur für die Honigsammler selbst schädlich, sondern nutzen auch immer weniger. Die Milben werden resistent, und so müssen die Imker die Dosis erhöhen. Mittlerweile kommt bereits 90-prozentige Ameisensäure zum Einsatz - mit fatalen Folgen für die Bienen, denen dabei oft Augen und Flügel verätzt werden.

In dieser Situation hat sich Richard Rossa, Imker und Ingenieur, vor einigen Jahren daran gemacht, eine Bienensauna zu konstruieren. Die Idee: Varroamilben, vor allem junge, sind temperaturempfindlicher als Bienen. Durch die im Bienenstock künstlich erzeugte Wärme werden die Milben irreparabel geschädigt, ihre Zahl verringert sich. Bienen dagegen überstehen Temperaturen bis 45 Grad Celsius, die Bienensauna bleibt bei maximal 42 Grad.

Zweimal im Jahr wird die Sauna eingeschoben

Vor sechs Jahren war der Prototyp fertig und Richard Rossa begann mit der Behandlung seiner eigenen Bienenstöcke. Die Sauna hat die Größe einer Schublade, passt auf alle gängigen Magazin-Beuten und wird nach Bedarf, mindesten aber zweimal im Jahr, in den Boden des Bienenstocks geschoben. Rossas 50 Bienenvölker sind mittlerweile varroafrei und bleiben das bislang auch, weil sie in Schweden stehen, weit von anderen Völkern entfernt, wo sie sich wieder anstecken könnten.

Vom Erfolg beflügelt begann der inzwischen gegründete Dreier-Betrieb "Apisystems", neben Richard Rossa und seiner Frau Cornelia ist mittlerweile auch Volkswirt Florian Deising mit im Boot, mit Crowdfounding. Interessierte konnten und können sich mit verzinsten Darlehen einkaufen, 68 000 Euro kamen bis jetzt zusammen, genug, um die erste Kleinserie zu bauen und auf Werbetour zu gehen.

Mittlerweile erproben mehr als 30 Imker die Sauna. In den kommenden Wochen wenn Apisystems mit dem Firmen-Wohnmobil und Hund Lotta quer durch Deutschland tourt, werden es noch mehr werden, bislang gibt es 130 Vorbestellungen.

Am vergangenen Freitag hat Apisystems im Landkreis Halt gemacht, bei Josef Brückl, dem früherem Langenbacher Bürgermeister und Hobby-Imker. Er hat zum 70. Geburtstag eine Bienensauna von seinen Kindern geschenkt bekommen, nachdem ihm fünf seiner 17 Völker gestorben sind. Nicht nur Brückl, sondern viele seiner Imkerkollegen sind auf der Suche nach einem Mittel gegen die Varroamilbe: Allein zum Infotag bei Brückls Bienenstand kamen 60 Interessierte.

Die Methode ist umstritten

Dabei ist es in Imkerkreisen durchaus umstritten, ob die Bienensauna ihren Zweck erfüllt oder die Völker noch mehr stresst. Auch Florian Deising räumt ein, dass die Skepsis groß ist. Dass es bisher nicht mehr Erfahrungswerte mit der Bienensauna gibt, kreidet Deising auch den Bienenzuchtverbänden an, die sich gegen eine Erprobung sperren und dafür lieber immer stärkere Gifte einsetzen. Jetzt legt Apisystem selbst den Grundstock für eine Datenbank und liefert mit der Bienensauna auch eine Software aus, die Daten sammelt, wie Feuchtigkeit, Temperatur im Stock, Milbenbefallsdichte vor und nach der Behandlung, Größe des Bienenvolkes.

Als bei der Vorführung am Brückl'schen Bienenstand nach zwei Stunden das Flugloch wieder geöffnet wird und ein Rahmen mit Bienen die Runde macht, sitzen diese tatsächlich leicht belämmert wirkend, aber sichtlich entspannt beisammen. "Die Bienen haben keinen Stress, weil das Brutnest intakt bleibt und durch hoch sensible Steuerungstechnik kein Brausen entsteht", erklärt Deising. Außerdem werde die Temperatur sehr langsam erhöht, sodass es nicht zu Verklumpungen der Bienen kommt, ein Verhalten, das sie bei Gefahr zeigen. Gleichzeitig mit den erwachsene Bienen wird auch die Brut behandelt, aber nicht geschädigt, weil sie durch die Wachsschicht vor zu hohen Temperaturen geschützt ist.

1300 Euro kostet die billigste Variante der Bienensauna, mehr Infos gibt es unter www.bienensauna.de.

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