Vötting:Bürgerforum will Moratorium

Gegner der Westtangente sammeln wieder Unterschriften, um die weitere Umsetzung der umstrittenen Umgehungsstraße auf Eis zu legen. Der erste Bauabschnitt soll aber fertiggestellt werden

Von Kerstin Vogel, Freising

Das Vöttinger Bürgerforum unternimmt einen erneuten Anlauf, um die Westtangente mit einem weiteren Bürgerbegehren doch noch zu stoppen. Wie der Sprecher des Forums, Wolfgang Reinhardt, am Montag bestätigte, strebt man ein Moratorium an, um die weiteren Bauabschnitte für drei Jahre auf Eis zu legen. Dafür sollen so schnell wie möglich die erforderlichen 2500 Unterschriften bei den Freisingern gesammelt werden - die ersten Listen dafür wurden in Attaching, Pulling und Teilen der Stadt bereits verteilt.

Sobald sich genug Unterstützer gefunden haben, müssten dann erneut alle Freisinger zur Abstimmung gebeten werden, so die Hoffnung des Bürgerforums. Bei einem ersten Bürgerentscheid 2013 war bereits gefragt worden, ob die Planung für die umstrittene Umgehungsstraße eingestellt werden soll. Dagegen hatten sich 56 Prozent der an der Abstimmung beteiligten Freisinger ausgesprochen.

Der erste Bauabschnitt von der B 11 zur Angerstraße, für den die Arbeiten bereits begonnen haben, soll nach den Vorstellungen des Bürgerforums fertig gebaut werden, weil damit eine sinnvolle Anbindung für die künftige Bebauung auf dem ehemaligen BayWa-Gelände geschaffen würde, so Reinhardt. Alle weiteren Planungen aber sollten durch das Moratorium ausgesetzt werden, "bis sich die Verkehrswirksamkeit der Nordost-Umfahrung gezeigt hat". Reinhardts Hoffnung: "Vielleicht braucht es die Westtangente dann gar nicht mehr." Der Chef des Bürgerforums räumt allerdings ein: "Das ist unser letzter Strohhalm."

In den Augen von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher ist die neuerliche Aktion des Bürgerforums allerdings nicht einmal das. Es sei schon technisch gar nicht möglich, jetzt einfach die Arbeiten an den Bauabschnitten zwei und drei ruhen zu lassen, sagte er am Montag. So habe man etwa parallel zum ersten Abschnitt der Trasse schon mit den Vorarbeiten für den Tunnel in Vötting begonnen. "Der Bau der Straße ist voll im Gang", so Eschenbacher: "Was das soll, hier jetzt noch einmal nachzutreten, erschließt sich mir nicht." Trotzdem werde man ein eventuelles Bürgerbegehren natürlich auf seine Zulässigkeit prüfen, versicherte der Oberbürgermeister: "Falls denn die erforderliche Zahl von Unterschriften zusammengebracht wird." Dafür haben sich Reinhardt und seine Mitstreiter auf jeden Fall ein sportliches Ziel gesetzt: Die Listen, die seit Sonntag in der Stadt verteilt werden, sollen versehen mit den Unterschriften der Unterstützer schon bis 13. Juli wieder abgegeben werden. Die Aktion müsse abgeschlossen sein, "bevor die Stadt Freising Aufträge für die restlichen Baulose vergibt", heißt es in dem vom Bürgerforum verfassten Schreiben dazu. Eschenbacher allerdings ist nicht bekannt, dass der 13. Juli in diesem Zusammenhang ein besonderer Stichtag wäre, wie er am Montag sagte. In ihrer Begründung für den Wunsch nach einem Moratorium nennen die Tangentengegner die Umgehungsstraße nicht nur eine "verkorkste Verkehrsplanung", die nicht die versprochene Entlastung für die Freisinger Innenstadt bringe. Sie appellieren auch an die Solidarität der Freisinger mit den Bürgern in Allershausen. Diese nämlich würden nach der Fertigstellung der Westtangente zusätzlich massiv belastet - das haben neue Prognosen des Verkehrsplaners Harald Kurzak in der Tat bestätigt. Außerdem sei der notwendige Ausbau des östlichen Anschlusses der Westtangente, die Weiterführung über die B 11 in Richtung Flughafen also, noch nicht geplant, warnt das Bürgerforum. Auf der Isarbrücke seien nach der Fertigstellung der Westtangente daher "gravierende Staus" zu erwarten. Ein dreijähriges Moratorium könne daher zu einer verbesserten Planung und "zur möglichen Einbettung der Straße in ein schlüssiges Gesamt-Verkehrskonzept beitragen", so die Folgerung, und: "Dann wären auch die finanziellen Risiken geklärt." Das Bürgerforum wie auch einige Stadträte der Grünen und der ÖDP werfen der Stadt bekanntlich vor, bei der Finanzierung des Bauvorhabens große Risiken einzugehen, weil man zwar auf eine Zusage des Freistaats über einen 70-prozentigen Zuschuss baue, den Förderbescheid dazu aber noch nicht vorliegen habe. Wie Wasser auf die Mühlen der Tangentengegner wirkte da am Wochenende eine Pressemitteilung des CSU-Landtagsabgeordneten Florian Herrmann, in der plötzlich nur noch von 60 Prozent an Zuschüssen die Rede war. Dabei sei es jedoch nicht um den Förderbescheid gegangen, stellte Oberbürgermeister Eschenbacher am Montag klar. Herrmann habe lediglich berichtet, wie viel Geld aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes zu erwarten sei. Dabei handele es sich um die Bundesmittel, die nun vom Freistaat noch aufgestockt werden müssten. Eschenbacher: "Wir gehen weiter von 70 Prozent aus." Tatsächlich Einfluss auf die Finanzierung könnte allerdings das vom Bürgerforum gewünschte Moratorium haben, gab der Oberbürgermeister abschließend zu bedenken. Denn eine Verzögerung des Baus führe nun ganz sicher zu Mehrkosten und gefährde damit den Förderbescheid.

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