Viele Neuzugänge bei den Parteien:Eintreten für die Demokratie

Trump in Amerika, Brexit in England, Marine Le Pen in Frankreich: Die derzeitige Lage lässt viele Menschen über ihr eigenes Engagement nachdenken. Die Parteien im Landkreis profitieren davon

Von Clara Lipkowski, Freising

Trump ist im Amt, der Brexit naht, Wahlen in Frankreich und Deutschland stehen bevor. Wie wirkt sich das auf die Parteien aus, die im Landkreis Freising vertreten sind? Eine Umfrage der SZ zeigt: Manche Partei profitiert von großen politischen Veränderungen. Die SPD beispielsweise. Seit Martin Schulz in die Bundespolitik gewechselt und designierter Kanzlerkandidat der SPD geworden ist, frohlocken sogar die Freisinger Genossen über wachsende Mitgliederzahlen.

25 Neue hat die Partei momentan, der Dezember ist noch mit eingerechnet: "Wir hatten einen kleinen Trump-Effekt", sagt der Vorsitzende der Freisinger SPD, Markus Grill. Um Weihnachten herum seien zwei, drei Neumitglieder hinzugekommen. "Ich denke, da haben einige Leute gedacht, wenn wir so einen wie Trump in Mitteleuropa nicht kriegen wollen, müssen wir jetzt was tun." Drei Viertel der Neuzugänge aber führt der SPD-Politiker auf die Kandidatur von Martin Schulz zurück.

"Damit haben wir auf einen Schlag vier Jahre gut gemacht", sagt er, denn mit 420 Mitgliedern im Kreis sei die Partei nun wieder auf dem Stand von 2012. "Uns ging es da wie der katholischen Kirche oder Verbänden - viele Menschen waren nicht mehr bereit, sich an einen Verein zu binden", meint Grill. Wenn sich das nun ändere, sei das sehr positiv, findet auch Kreisvorsitzender Peter Warlimont, nicht nur für die SPD, sondern für alle Parteien.

Die Freisinger Grünen haben seit Herbst 2016 Neuzugänge verzeichnet, sechs an der Zahl. "Im September kamen drei und im Dezember, Januar und Februar noch einmal drei dazu", sagt die Kreisvorsitzende Waltraud Heinlein-Zischgl. Die Septemberzugänge führe sie auf die Urwahl zurück. Wer bis zum 1. November 2016 eintrat, konnte mit über das grüne Bundes-Spitzenteam entscheiden. Die drei anderen aber verstehe sie sehr wohl als Reaktion auf Trump, sagte sie. 143 Mitglieder hat die Partei nun landkreisweit.

Simon Schindlmayr, Geschäftsführer des Kreisverbands der CSU, berichtet von elf Neuzugängen, gibt aber zu bedenken, dass ihm die Beitrittsgründe nicht bekannt seien. Elf Neue also in einem Verband von etwa 1500 Mitgliedern. Peter Geiger, der dem Freisinger Ortsverband vorsteht, sagt: "Generell glaube ich, dass viele durch den Brexit, Le Pen und Trump merken, dass sie sich doch engagieren sollten. Lange haben wir singulären Aktionismus gehabt", also Engagement vor allem "vor der eigenen Haustür". Da sei das Eintreten für die Grundfesten der Demokratie vielleicht ein wenig in Vergessenheit geraten.

Bei der vergleichsweise kleinen FDP im Landkreis, mit aktuell 55 Mitgliedern, haben sich laut Kreisvorsitzendem Martin Alberti aktuelle politische Veränderungen sehr deutlich niedergeschlagen. "Wir haben sehr viele Eintritte", sagt er - elf neue Mitglieder seit Oktober. In Gesprächen habe sich schnell herausgestellt, dass sich die Neumitglieder vor allem aus Sorge über die Politik in Europa dafür entschieden hatten. Auch der Brexit sei thematisiert worden. "Ein paar sagten, sie kämen wegen der anstehenden Bundestagswahl und seien unzufrieden mit der Regierung", berichtet Alberti. Auch Trumps Präsidentschaft sei als Grund genannt worden. Die Alternative für Deutschland (AfD) verzeichnet ebenfalls wachsende Mitgliederzahlen. Zwölf Interessierte im Verbandsgebiet Freising und Pfaffenhofen gebe es derzeit, sagte Vorsitzender Bernhard Kranich, Austritte hingegen keine. "Mit Trump hat das gar nichts zu tun", sagt er. Vielmehr seien die Interessenten mit der Politik Deutschlands und Europas unzufrieden, einige hätten auch den Grund genannt, dass sich die CSU sich jüngst für Kanzlerin Merkel ausgesprochen hatte.

Die Freisinger Mitte (FSM) als rein städtischer und im Landkreis aktiver politischer Verein verzeichnet derzeit keine Mitgliederbewegung. "Wir haben eine stabile Zahl", sagt der Vorsitzende Patrick Romer. Er weiß eher von besonders treuen Anhängern zu berichten. Neuerdings wolle man das Thema Fernmitgliedschaften diskutieren, weil ein Mann aus Freising ins Ruhrgebiet gezogen war und so gerne Mitglied bleiben wolle. Zuletzt hatte der Verein eine in Freising prominente Politikerin für sich gewonnen: Birgit Mooser-Niefanger wechselte Ende 2016 von den Grünen zur FSM.

Über ein Neumitglied im Januar freute sich die ÖDP. "Aber nicht wegen Trump" ist sich Geschäftsführerin des Kreisverbands, Angela Kern, sicher. Momentan hat die Partei landkreisweit 61 Mitglieder. Die Linken-Partei habe keinen Zuwachs registriert, sagte Guido Hoyer, Kreisverbandsvorsitzender. Etwa 30 Mitglieder hat die Partei im Landkreis, seit ein, zwei Jahren zeige sich aber bei jüngeren Leuten eine leicht steigende, statistisch aber nicht relevante Tendenz, sagt Hoyer.

Genauso haben auch die Freien Wähler (FW) und die Piraten keine Neueintritte. Benno Zierer, Vorsitzender der Kreisvereinigung der FW sagt: "Das ist für mich nicht überraschend, weil die Menschen nicht wegen der weltpolitischen Lage zu den Freien Wählern kommen, sondern weil sie sich in ihrer Gemeinde und im Landkreis engagieren wollen." Der Kreisverband hat derzeit 156 Mitglieder, die Piraten im Raum Freising haben 26.

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