Kaum Kritik:"Architektonisches Glanzstück" mitten in Freising

Kaum Kritik: Die Trennung des Gangs im Innenhof der Residenz missfällt sowohl dem Verein für Stadtheimatpflege als auch dem Preisgericht.

Die Trennung des Gangs im Innenhof der Residenz missfällt sowohl dem Verein für Stadtheimatpflege als auch dem Preisgericht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Verein für Stadtheimatpflege bejubelt den Siegerentwurf für das Freisinger Kardinal-Döpfer-Haus.

Von Petra Schnirch, Freising

"Außergewöhnlich." Das beschreibe seinen ersten Eindruck am besten, sagt Bernhard Reiml, Vorsitzender des Vereins Stadtheimatpflege Freising über den Siegerentwurf für das Kardinal-Döpfner-Haus. In einer Stellungnahme zeigt sich der Vereinsvorstand begeistert: Von einem "architektonischen Glanzstück" des Berliner Büros "gmp international" ist darin die Rede. Der Neubautrakt passe sich harmonisch in die bestehende Gebäude-Struktur ein, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Gelungen sei auch die moderne architektonische Formensprache der Fassade.

Reiml gesteht im Gespräch mit der SZ, dass ihn der Entwurf erst nach einer eingehenden Betrachtung überzeugt habe, entwickele er doch eine ganz eigene Architektursprache. Die innovativen Spitzfenster und die großen Glasflächen vereinten "Tradition und kirchlichen Ursprung mit Transparenz und Offenheit der Kirche im 21. Jahrhundert", lobt der Verein. Vor allem an den Fenstern aber scheiden sich die Geister. An einen "Adventskalender" fühlen sich einige Kritiker erinnert, ein Leserbriefschreiber empfindet sie gar als "Vorschlaghammer-Gotik". Reiml hofft zumindest, dass die Fensterlaibungen weniger tief werden als im Entwurf.

Der Anbau aus den sechziger Jahren ist hässlich und überdimensioniert, sagt Bernhard Reiml

Dass der bestehende Anbau der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz aus den sechziger Jahren abgerissen werden soll, bedauert Bernhard Reiml nicht. Er sei hässlich und "absolut überdimensioniert". Der geplante neue Bettenbau dagegen nehme sich zurück und ordne sich den anderen Gebäuden unter. Schade findet der Vereinsvorsitzende, dass auch der Turm an der Südseite verschwinden wird. Der sei zwar nicht historisch, greife jedoch ein Element des Vorgänger-Baus des Priesterseminars von Gabriel von Seidl auf.

Ein Kleinod könnten die Freisinger künftig wieder häufiger zu Gesicht bekommen: Die ehemaligen Fürstenzimmer, so die Idee der Berliner Architekten, sollen als Konferenzräume zugänglich gemacht werden. Derzeit befinden sich dort die Räume von Erzbischof Reinhard Marx. Er nutze sie aber kaum, sagt Reiml, meistens fahre der Kardinal nach Terminen in Freising zurück nach München. Die historischen Zimmer aus der Barockzeit seien bis auf die Möblierung weitgehend erhalten. Wenn sie geöffnet würden, wäre das ein "Highlight" und eine "gigantische Chance" für Freising.

Ein ästhetisch ansprechender Saal mit Blick auf das Isartal und in zentraler Lage

Gleichzeitig plädiert der Verein für Stadtheimatpflege für eine moderne Rekonstruktion des Steinernen Saales. Dies stünde als "klares Symbol für das Bestreben des Erzbistums, gesamtgesellschaftliche Kommunikationsräume zu schaffen und mit Leben zu füllen". Der Große Saal, wie er früher hieß, war 1668/69 entstanden und erstreckte sich über zwei Stockwerke im westlichen Teil des Südflügels der Residenz. Schon 1844 wurde er durch Einzug einer Zwischendecke geteilt, in jedem der beiden Stockwerke richtete man mehrere kleine Zimmer ein, die durch einen schmalen Gang erschlossen werden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Florian Notter, Leiter des Stadtarchivs, hatte schon vor Jahren empfohlen, im Zuge der geplanten Sanierung des Bildungszentrums über einen Rückbau des Saales in einfacher Form nachzudenken. Es wäre im Interesse der ganzen Stadt, in zentraler Lage auf dem Domberg einen ästhetisch ansprechenden Saal zu haben - noch dazu mit wunderbarer Aussicht aufs Isartal.

Ein Detail der Planung gefällt dem Verein gar nicht - und auch das Preisgericht sieht diese Idee sehr kritisch: Um den Arkadengang des Altbaus barrierefrei gestalten zu können, schlagen die Architekten eine Teilung durch eine Glaswand vor. Die innere Seite würde erhöht, um die Treppen umgehen zu können. Das sei denkmalpflegerisch nicht haltbar, heißt es in der Stellungnahme des Vereins für Stadtheimatpflege. Die Arkaden seien eines der frühesten Zeugnisse für die Verwendung italienischer Architektur nördlich der Alpen zu Beginn des 16. Jahrhunderts.

Das Vorstandsteam um Reiml hofft nun, dass der "gelungene Entwurf" von "gmp international" mit einigen Anpassungen umgesetzt wird. Auf dem Domplatz würde sich der Verein nach Abschluss der Bauarbeiten zudem eine Brunnenanlage wünschen. Außerdem plädiert er dafür, den Betriff "Residenz" für den Altbau des Kardinal-Döpfner-Hauses wieder einzuführen. "Ein Residenzbau bleibt ein Residenzbau, auch wenn seine heutige Funktion eine andere ist."

Ansonsten ist der Freisinger Verein voll des Lobes: "Das Erzbistum befindet sich mit der Neukonzeption des Freisinger Dombergs auf dem wunderbaren Weg, ein modernes kulturelles Zentrum zu schaffen."

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