Unterwegs mit Nachtwächter Kilian:Doppelt gut

Unterwegs mit Nachtwächter Kilian: Ein Türmer soll in früherer Zeit auf dem Turm von St. Georg gewohnt haben, um vor Bränden in der Stadt zu warnen.

Ein Türmer soll in früherer Zeit auf dem Turm von St. Georg gewohnt haben, um vor Bränden in der Stadt zu warnen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Freisinger Stadtbär bietet einmal mehr eine besondere Führung durch die nächtliche Stadt Freising an und spendet die Einnahmen für den Bau des Tierheims an den Tierschutzverein

Von Marina Wudy, Freising

Es beginnt bereits zu dämmern, als die gemütlich versammelte Runde am Georgsbrunnen in der Freisinger Innenstadt plötzlich vom schaurig-schönen Klang eines Horns aufgeschreckt wird. Kurz darauf ertönt eine Ansage: "Hört ihr Leut' und lasst euch sagen, unsre Uhr hat halb geschlagen!" Um die Ecke kommt eine dunkle Gestalt in schwarzer Kutte, ausgestattet mit Lanze und besagtem Horn - Nachtwächter Kilian, wie die Gruppe gleich erfahren wird. Er ist zusammen mit drei anderen Schauspielern und einer Gästeführerin Teil einer ganz besonderen Führung der Freisinger Stadtbär GbR, die am vergangenen Freitagabend stattfand.

Besonders ist die Führung dabei gleich aus zwei Gründen: So wurde sie zugunsten des Freisinger Tierschutzvereins organisiert; die komplette Teilnahmegebühr in Höhe von 15 Euro pro Person kommt nun dem geplanten Tierheimbau zugute. Außerdem sind die Führungen des Freisinger Stadtbären keine normalen Stadtführungen. Wer hier einen trockenen Vortrag mit endlosen Fakten erwartet, hat sich gehörig getäuscht. Zwar erfährt man zweifellos viel Wissenswertes und interessante Details rund um die Geschichte der Stadt. Aber die Erzählungen von Führerin Christina Metz werden immer wieder unterbrochen von den überaus unterhaltsamen schauspielerischen Einlagen des Nachtwächters Kilian, der Hebamme Amalie, der "Heuberger Vroni" und des "Lebkuchenbäcks" zu Freising, Matthias Huber.

Nachtwächter Kilian weiß etwa, dass in dem Turm der St. Georg-Kirche früher immer ein sogenannter Türmer gewohnt hat, welcher nach Bränden Ausschau halten und gegebenenfalls die Feuerglocke läuten sollte. 1876 sei dort oben gar ein Türmer verstorben und seine Leiche anschließend an einem Seil den Turm heruntergelassen worden.

Hebamme Amalie hingegen gibt ihr Wissen über die verschiedensten Kräuter zum Besten. Lavendel etwa habe eine sehr entspannende Wirkung, weshalb er ein gängiges Mittel zur Linderung der Leiden der Gebärenden sei. Zur allgemeinen Freude holt die Hebamme sogar eine Flasche besten Hopfenlikörs heraus, der von allen Probierfreudigen aus kleinen Tonbechern gekostet werden darf. Die "Heuberger Vroni" schließlich ist ein "Liebesbund-Mädl". Das sei bei weitem nicht so anrüchig wie es zunächst klingen würde, beschwichtigt Christina Metz. "Liebesbund" sei nur der Name des 1716 gegründeten Waisenhauses an der Luckengasse gewesen.

Insgesamt gestaltet sich die 90-minütige "Nachtwächterführung" durch Freisings abendliche Gassen so kurzweilig und unterhaltsam, dass ihr Ende an der letzten Station - dem alten Gefängnis - fast überraschend kommt. Der Stadtbär sei "sehr gerne" ehrenamtlich zugunsten des Tierschutzvereins aktiv geworden, versichert Christina Metz. In der Tat war die Idee ein voller Erfolg: Laut Heike Scheffler vom Tierschutzverein war die Veranstaltung bereits eineinhalb Wochen vorher komplett ausgebucht. "Der Andrang war riesig", erzählt sie. "Wir mussten die Teilnehmerzahl sogar von 35 auf 45 Personen erweitern, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Damit waren wir aber leider auch schon absolut am Limit, mehr ging wirklich nicht mehr."

Die Idee, den Stadtbären für ihren Verein zu gewinnen, sei ihr gekommen, als sie selbst vor einiger Zeit an einer solchen Führung teilgenommen habe. "Ich habe dann eine der Schauspielerinnen, Esther Komma, angesprochen und gefragt, was sie von der Idee hält. Sie war glücklicherweise gleich total begeistert", sagt Scheffler.

Aber auch seitens der Teilnehmer fand die Veranstaltung äußerst guten Anklang. "So eine ausgefallene Führung, und dann geht das Geld auch noch an den Tierschutzverein, das ist doch eine doppelt gute Sache", sagt etwa Renate Lilienthal aus Freising. "Es war echt wahnsinnig interessant und unterhaltsam. Ich habe so viele neue Sachen erfahren", pflichtet ihr Stefan Duscha bei. Und unter begeistertem Gemurmel zerstreut sich die Gruppe schließlich in die dunklen Gassen der Freisinger Innenstadt, in den Ohren noch den Ruf des Nachtwächters Kilian: "Hört ihr Leut' und lasst euch sagen, unsre Uhr hat Zehne geschlagen! Gott hat die Gnade, Gott hat die Macht, er gebe euch eine gute Nacht!"

Wer neugierig geworden ist und auch einmal an einer Führung des Freisinger Stadtbären teilnehmen will, findet alle Informationen hier: www.freisinger-stadtbär.de oder 01 71 /3 11 33 31. Die nächste Führung findet am Sonntag, 13. September, statt.

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