Unternehmensporträt:Stetig bergauf

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Als Anton Steinecker 1875 seine Maschinenfabrik in Freising gründet, kann er nicht ahnen, dass diese einmal weltweit führend im Filter-, Brauerei- und Käsereianlagenbau sein würde und rund 380 Patente hält

Von Regina Bluhme, Freising

Was täten die Bierbrauer ohne geeignete Sudkessel, leistungsfähige Gärtanks oder Filteranlagen? Hier kommt die Freisinger Anton Steinecker Maschinenfabrik ins Spiel. Gegründet 1875, wuchs das Unternehmen zunächst in der Region und bald auch weltweit zum renommierten Hersteller von Mälzerei- und Brauereianlagen heran. Seit 1994 gehört Steinecker zu der Krones Gruppe. Am Standort Freising-Attaching werden auch heute noch erfolgreich neue Technologien für die Brauwelt entwickelt.

Anton Steinecker muss ein sehr selbstbewusster und durchaus wagemutiger junger Mann gewesen sein, wie aus einer Firmenchronik hervorgeht. Mit nur 29 Jahren beschloss er nämlich, seine eigene Fabrik zu bauen. Zuvor hatte der Maschinenbauingenieur in einer Werkstatt der elterlichen Ziegelei erste eigene Maschinen entworfen und gebaut. 1875 wurde es ernst. Der 29-Jährige stellte im Freisinger Magistrat ein Baugesuch für ein Wohnhaus sowie eine Maschinenfabrik und eine Gießerei an der Münchner Straße. Die Fabrik wurde noch im selben Jahr errichtet.

Eine frühe Ansicht zeigt das imposante Betriebsgelände mit mehreren, riesigen Hallen, meterhohen, rauchenden Schloten und einer eindrucksvollen Fassadengestaltung. Eine Annonce, die 1875 in einer Freisinger Lokalzeitung erschienen ist, wirbt für die "Eisengießerei und Maschinenfabrik A. Steinecker", die neben Brauereien auch Mühlen, Sägewerke und Gerbereien beliefern will. Bald spezialisierte sich das Unternehmen aber auf die Brauer und Mälzer. An der Münchner Straße wurden schon 1890 komplette Brauereien geplant und gebaut.

Die Anton Steinecker Maschinenfabrik liefert brauereitechnische Maschinen und Systeme in alle Welt. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Geschäft lief gut. Von Anfang an verzeichnete die Fabrik gut gefüllt Auftragsbücher. Die deutsche Wirtschaft brummte, in Freising gab es noch 14 Brauereien und auch das Ausland war bald an den modernen Anlagen aus dem Hause Steinecker interessiert. Bereits ein Jahr nach der Gründung lieferte die Fabrik Anlagen nach Moskau, Prag und Wien.

Immer wieder wurde die Firma erweitert, Erfindungen wurden patentiert und die Anlagen verbessert. Die "Steinecker Malzputzmaschine" oder die "Gerstenreinigungsmaschine" waren konkurrenzlos. Dabei suchte Anton Steinecker von Anfang an die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft vor Ort. Er kooperierte mit der "Landwirtschaftlichen Centralschule", aus der später die Universität Weihenstephan hervorging. So konnte das Know-How der Wissenschaft in das Unternehmen einfließen.

Am 9. Dezember 1899 starb Anton Steinecker mit nur 54 Jahren. Er hinterließ Ehefrau Anna und drei kleine Kinder. Der älteste Sohn war gerade mal sechs Jahre alt. Eugen Lehmann übernahm das Ruder. Der 38-Jährige gebürtige Leipziger war schon länger die rechte Hand des Firmenchefs. Der Sachse führte die Geschäfte äußerst erfolgreich weiter. Das Werk wurde wieder vergrößert, die Mitarbeiterzahl wuchs stetig und Steinecker lieferte in mehr als 20 Länder. 1907 schaute sogar Prinz Ludwig von Bayern zu einer Fabrikbesichtigung in Freising vorbei. 1908 war Steinecker die größte Brauereimaschinenfabrik Bayerns. Die Kundschaft reicht von Russland bis Brasilien.

Den Ersten Weltkrieg überstand die Maschinenfabrik einigermaßen unbeschadet. 1925 wurde das 50-Jährige Firmenjubiläum gefeiert. 300 Mitarbeiter feierten mit. Zwei Jahre später starb Eugen Lehmann und die Firma wurde in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Die Wirtschaftskrise traf Steinecker schwer. 1932 musste das Konkursverfahren eröffnet werden. Die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank stellte sogar Antrag auf Zwangsversteigerung. Doch mit dem Geschäftsmann Conrad Lenz kam die Wende. Er wurde 1939 technischer Direktor der neu gegründeten Steinecker Aktiengesellschaft. Es ging wieder aufwärts, auch dank zahlreicher Neuentwicklungen aus Freising. Im Zweiten Weltkrieg wurden bei Steinecker statt Sudkessel dann Benzintanks für Panzer und Minenstühle gefertigt. Zugleich gelang mitten im Krieg die Einführung einer innovativen Anlage zur Käsefertigung.

Ludwig Petuel

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(Foto: privat)

Erfindungsreich wie Anton Steinecker war auch der Freisinger Brauerssohn Ludwig Petuel, geboren 1839. Petuels Vater gehörte der Hacklbräu an der Unteren Hauptstraße (heute Altstadtgalerien). Nach dem Tod des Vaters 1861 erbte Ludwig Petuel ein großes Vermögen - und er machte etwas aus seinem Geld. Er ging nach Milbertshofen, erwarb dort mehrere Grundstücke und gründete eine Brauerei. In München finanzierte die "Petuel´sche Terraingesellschaft" den Bau von Straßen. Darüber Hinaus betrieb Petuel eine der ersten Omnibusverbindungen und errichtete 1877 an der Münchner Freiheit die "Schwabinger Brauerei". 1911 ist Ludwig Petuel als Ehrenbürger von Milbertshofen, wo er von 1870 bis 1875 Bürgermeister war, gestorben. Sein Sohn Ludwig erwies sich ebenfalls als sehr geschäftstüchtig. 1959 vermachte er der Stadt München den "Stiftungsfonds Ludwig und Lina Petuel", der bis heute ältere und körperbehinderte Menschen unterstützt. Das Grab von Vater und Sohn Petuel befindet sich auf dem Münchner Nordfriedhof. Den Namen Petuel tragen in München eine U-Bahn-Station, ein Park, ein Tunnel und eine Straße. In Freising erinnert im Stadtteil Lerchenfeld die Petuelstraße an die Familie. Die beiden hübschen Villen, die Ludwig Petuel Senior Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner Geburtsstadt Freising an der Münchner Straße bauen ließ, wurden im Januar 2014 abgerissen und durch eine moderne Wohnanlage ersetzt.

Der Bombenangriff am 18. April 1945 brachte alles zum Stillstand. Das Fabrikgelände wurde in Schutt und Asche gelegt, 28 Mitarbeiter starben. Doch bald liefen die Räumungsarbeiten auf Hochtouren, im Mai wurden die im Pfarrhof Haindlfing eingelagerten Werkzeuge freigegeben, im Juni konnte eine erste Halle aufgebaut werden. Produziert wurde zunächst unter freiem Himmel. Aus Stahlhelmen wurden Töpfe und Schöpfkellen gefertigt. Einen Monat später erhielt das Kesselhaus ein Dach. 1947 war Richtfest für mehrere, größere Hallen. Zwei Jahre später wurde bei das 75-jährige Firmenjubiläum vorsichtig optimistisch begangen. Es dauerte bis Ende 1950, bis das Unternehmen wieder aufgebaut war.

In den nächsten Jahren ging es wieder stetig bergauf. Zahlreiche Innovationen und neue Patente entstanden in Freising, neue Märkte werden erschlossen. 1953 hatte Steinecker 180 Mitarbeiter und war mit seinen Anlagen auf internationalen Messen vertreten. Aus der AG wurde 1956 eine GmbH mit Conrad Lenz als Geschäftsführer. Beim 100-jährigen Firmenjubiläum 1975 feierten 330 Beschäftigte mit.

1983 übernahm die Familie Kronseder das Ruder. Innerhalb von elf Jahren vervierfachte sich der Umsatz. Das Werk brauchte mal wieder mehr Platz. 1991 zog die Maschinenfabrik an die Raiffeisenstraße im Gewerbegebiet Freising-Attaching. Drei Jahre später übernahm der Getränke- und Verpackungsmaschinenhersteller Krones das Werk, später kam in Attaching das Tochterunternehmen Braucontrol Steuerungstechnik hinzu.

Die Anton Steinecker Maschinenfabrik der Krones Group hat heute mehr als 450 Mitarbeiter und ist führend im Filter-, Brauerei- und Käsereianlagenbau. In Attaching werden zudem neue Technologien für die Herstellung von Bier entwickelt und getestet. Außerdem hält Steinecker über 380 Patente, darunter ein innovatives Würzekochsystem namens "Merlin". Klingt alles ganz nach dem Geschmack von Anton Steinecker.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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