Umwelt:Bayerns Wälder sollen vielfältiger und stabiler werden

Umwelt: Alfred Fuchs, Leiter des Forstbetriebs Freising mit Sitz am Domberg, ist für ein großes, vielschichtiges Gebiet zuständig.

Alfred Fuchs, Leiter des Forstbetriebs Freising mit Sitz am Domberg, ist für ein großes, vielschichtiges Gebiet zuständig.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auch im Landkreis Freising entstehen mehr Mischbestände - vor allem Buchen kommen mit dem Klimawandel deutlich besser klar als Nadelholz

Interview von Marlene Krusemark

In Zeiten des Klimawandels ist der Wald Sorgenkind und Hoffnungsträger zugleich. "Nachhaltig wirtschaften" ist die Devise des Unternehmens Bayerische Staatsforsten. Nun wurde ein neuer Forstwirtschaftsplan an den Forstbetrieb Freising übergeben, in dem die nächsten zehn Jahre des Staatswaldes geplant sind. Forstbetriebsleiter Alfred Fuchs sprach mit der SZ Freising über Nachhaltigkeit, Naturschutz und die Zukunft des Waldes.

SZ: Herr Fuchs, wie lange hat die Inventur des Waldes gedauert?

Alfred Fuchs: Die Inventur mit Messungen und Auswertungen hat ein Jahr gedauert. Im zweiten Jahr wurde dann geplant, was die nächsten Schritte für jede Einzelfläche sind - davon gibt es in unserem Zuständigkeitsbereich über 2500 verschiedene. Die Gesamtfläche ist sehr groß - auf 70 mal 90 Kilometer sind das über 16 500 Hektar Wald. Für die Inventur und Planung an sich waren neun Gutachter zuständig, die unternehmerischen Entscheidungen wurden dann gemeinsam mit dem Vorstand der Bayerischen Staatsforsten, Fachreferenten und allen Förstern besprochen. Da laufen dann schon mal dreißig Leute in einer Kolonne durch den Wald.

Welche Aussagen über den Wald-Zustand lassen sich aus der Inventur gewinnen?

Wir haben unter anderem gemessen, wie viel dicker und höher die Bäume geworden sind. Dadurch, dass unser Verfahren eine "permanente Inventur" ist, wissen wir dann auch, welche Bäume entnommen wurden und ob der Holzvorrat höher oder niedriger geworden ist. Das ist von Waldstück zu Waldstück aber sehr unterschiedlich. Im Kranzberger und Thalhauser Forst beispielsweise wurde der stehende Holzvorrat im vergangenen Jahrzehnt planmäßig geringfügig abgesenkt. So eine Entscheidung fällt man aus betriebswirtschaftlichen und biologischen Gründen. Nadelholzreiche Bestände, die in nächster Zeit aufgrund des Klimawandels Probleme bekommen, bauen wir zu Mischbeständen um. Dafür wurden bisher bis zu zehn neue Baumarten eingebracht, die den Wald vielfältiger und stabiler machen. Hauptsächlich handelt es sich hier um die Buche - die kann sich am besten im Klimawandel behaupten. Eine Anpassung an den Klimawandel wird im Übrigen im gesamten Staatswald Bayerns so vorgenommen.

Was fällt alles unter das Ziel "Nachhaltig wirtschaften"?

Allen Unternehmungen auf den vielen Einzelflächen ist gemein, dass wir daran arbeiten, den Wald über die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte zu sichern. Die beiden Hauptpunkte, die es dabei zu vereinen gilt, sind die Anpassung an den Klimawandel und die Anforderungen der Gesellschaft. Weiterhin spielt der Wald eine große Rolle bezüglich des Trinkwasser- und Naturschutzes. Außerdem ist er für viele Menschen Naherholungsgebiet, aber auch Quelle der Holzproduktion. Der Bedarf an Bau- und Möbelholz, aber auch an Energieholz muss möglichst hier gedeckt werden. Das macht Sinn, denn sonst müsste dieses Holz aufwendig aus weit entfernten Ländern importiert werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit müssen wir viele strategische Überlegungen anstellen. Was beispielsweise die Länge der Transportwege angeht, treffen wir energieeffiziente Entscheidungen und finden dezentrale Lösungen. Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Unterfangen, das in die verschiedensten Bereiche mit hineinspielt. Es geht dabei nicht nur um die Menge an Bäumen, die abgeholzt wird und darum, Arbeitsplätze in der Sägeindustrie stabil zu halten, sondern um weitaus mehr.

Welche Naturschutzmaßnahmen werden nun getroffen?

Es wurden einige Waldflächen definiert, die komplett aus der Nutzung genommen werden. Drei Naturwaldreservate, bei München und Geisenfeld, werden vergrößert, außerdem wurden im Zuge der Planungsphase biologisch wertvolle Waldflächen, zum Beispiel solche mit Spechthöhlen für Fledermäuse, neu festgelegt. Aus dem Forstwirtschaftsplan wird nun auch das regionale Naturschutzkonzept des Forstbetriebs Freising abgeleitet und neu aufgelegt. Diese Arbeiten beginnen dann im Juli und werden vermutlich bis in den Herbst andauern.

Wie ist es um die Menge an Totholz bestellt, die zur Sicherung der Artenvielfalt nötig ist?

Unser Plan ist es, die Menge an Totholz zu erhöhen, wofür unter anderem weitere Totholzinseln geplant sind. Das große Problem dabei ist, vor allem in den Gebieten in Stadtnähe, die Sicherheitsfrage. Man kann sich gar nicht vorstellen, wo Mountainbiker überall hinkommen, und die Waldarbeiter müssen selbstverständlich auch vor Unfällen geschützt werden. Zwar wurde das Haftungsrecht geändert, sodass jeder, der den Wald betritt, selbst haftet. Wenn jemandem ein alter Baum auf den Kopf fällt, den wir als Totholz stehen lassen, wäre das rechtlich also nicht Schuld des Forstbetriebs. So leicht wollen wir uns das aber nicht machen.

Was sind die Hauptziele des Forstbetriebs für die zukünftige Waldwirtschaft?

Wichtig ist uns, alle Waldbestände in vier oder mehr Baumarten zu differenzieren. Damit stellen wir strukturreiche, gemischte Wälder her, was zum einen sehr wichtig für Biodiversität beziehungsweise die Artenvielfalt ist. Außerdem ist das Ziel, einen klimaangepassten Wald aufzubauen und ihn für die Zukunft zu erhalten. Man kann sich kaum vorstellen, wie sehr Infrastrukturprojekte am Wald nagen. Unsere Aufgabe ist es, diesen Schaden möglichst gering zu halten.

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