Überraschende Kündigung:Tauziehen um ein Stück Wald

Weihenstephaner Forstwissenschaftler streiten mit der Ludwig-Maximilians-Universität über den 470 Hektar großen Universitätswald in Furth bei Landshut. Studenten fürchten um Qualität der Ausbildung und starten eine Petition.

Von Petra Schnirch

Die Forststudenten in Weihenstephan fürchten um die Qualität ihrer Ausbildung. Grund ist eine bizarr anmutende Auseinandersetzung der beiden Münchner Universitäten um ein 470 Hektar großes Stück Wald. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) hat den beiden Betriebsleitern des Universitätsforsts, zwei Wissenschaftlern der TU München (TUM), vor kurzem gekündigt. In einer Petition bitten die Studierenden Wolfgang Heubisch um Unterstützung und sammeln derzeit Unterschriften. Auch von Studiendekan Michael Weber hat der Wissenschaftsminister Post bekommen. Ohne Betriebsleitung könne die TUM-Studienfakultät Forstwissenschaft und Ressourcenmanagement in dem Wald nicht mehr uneingeschränkt arbeiten und forschen, kritisiert Weber. Die LMU bestreitet dies.

Die Kündigungen seien völlig überraschend gekommen, er als Studiendekan sei offiziell nicht einmal darüber informiert worden, sagt Michael Weber, Professor am Lehrstuhl für Waldbau. Über die Gründe "lässt uns die LMU völlig im Nebel". Auch ein Gespräch mit dem Vizepräsidenten im Januar habe keine Klarheit gebracht. "Es ist mir völlig unverständlich, warum niemand offen mit uns kommuniziert", beklagt sich der Weihenstephaner Forstwissenschaftler.

Dass der Lehrwald bei Furth im Landkreis Landshut der LMU gehört, aber von der TUM genutzt wird, ist der Historie geschuldet. Bis 1999 gehörte die Forstfakultät zur Ludwig-Maximilians-Universität, dann wurde sie in die Technische Universität München eingegliedert. Der Wald allerdings blieb in LMU-Besitz, die - ehrenamtlichen - Betriebsleiter kamen weiterhin aus dem Kreis der Forstprofessoren. Reinhard Mosandl, Leiter des Lehrstuhls für Waldbau, hatte diese Aufgabe 1996 übernommen. Mit einem Bericht des Rechnungshofs begannen dann Ende 2012 die Querelen. Dieses Papier habe er bis heute nicht einsehen können, moniert Weber. Über etwaige Vorwürfe sei nie mit der TUM diskutiert worden. Auch der Bayerische Oberste Rechnungshof hält sich bedeckt: Gegenstand der Prüfung seien die Organisation des Universitätsforstbetriebs sowie "Vorgänge" um den Verkauf des dortigen Forsthauses, teilt Sprecher Ernst Berchtold mit. Das Ergebnis war der LMU am 20. Juni 2012 übermittelt worden. Im Dezember flatterte Mosandl dann die Kündigung als Betriebsleiter ins Haus, auch eine juristische Auseinandersetzung begann.

Mit einem Wechsel des Betriebsleiters könnten sie leben, versichern sowohl Mosandl als auch Studiendekan Weber. An einer Neubesetzung durch einen anderen TUM-Professor aber ist die LMU offenbar nicht interessiert. Im Januar besiegelte sie schließlich noch auch das Ende der Zusammenarbeit mit dem stellvertretenden Betriebsleiter Sebastian Höllerl. Seither rätseln die Weihenstephaner Forstwissenschaftler nun, was die LMU mit dem Waldstück vorhat. Ihr Eindruck: Sie sollten hinausgedrängt werden. "Über die Hintergründe können wir aber nur spekulieren", sagt Weber.

Verkaufsgerüchten widerspricht die Münchner Uni. "Der Universitätswald ist und bleibt ein Kernstück des Körperschaftsvermögens der LMU", sagt Sprecherin Luise Dirscherl. Der Rechnungshof empfehle, die "derzeit komplexen Organisationsstrukturen der Verwaltung des relativ kleinen Waldes zu vereinfachen". Vor diesem Hintergrund habe man die Position der Betriebsleitung "kommissarisch anders als bisher besetzt". Diese Aufgabe hat der Revierleiter übernommen.

Eine über 200-jährige Tradition reißt nun plötzlich ab", kritisiert Mosandl. Generationen von Professoren hätten den Forst nach wissenschaftlichen Kriterien bewirtschaftet. Die Studierenden hätten dort etwa zehn Prozent ihrer Ausbildung absolviert, Konzepte entwickelt und Einblicke in das Management eines Forstbetriebs erhalten. Als reiner "Besichtigungswald" sei das Areal für die TUM nutzlos. "Dafür müssen wir nicht nach Landshut fahren, das können wir in Freising auch," sagt Weber.

Luise Dirscherl beschwichtigt: "Mit der Technischen Universität München besteht eine Nutzungsvereinbarung aus dem Jahr 1999, die die Forschung und Lehre im Universitätswald regelt und für uns nach wie verbindend ist." Praktika und Projekte könnten weiterhin stattfinden, die Lehre sei von den Veränderungen nicht betroffen, versichert sie. Studierende und Professoren an der TUM sehen dies anders. Die Lehrqualität werde sich zwangsläufig verschlechtern, heißt es in der Petition. Um dies zu verhindern, sollte unbedingt wieder ein Forst-Professor als Betriebsleiter eingesetzt werden, fordert Mosandl. Die "sauberste Lösung" aber wäre für ihn und die Studierenden, die Flächen an die TUM oder die Staatsforsten zu übertragen. "Die LMU braucht keinen Wald, wir schon."

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