Trotz des Verfalls:Highlight für Bauforscher

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Das Uth-Haus an der Fischergasse hat schon viel erlebt. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Uth-Haus an der Fischergasse stammt aus dem Jahr 1491 und ist damit eines der ältesten Häuser in der Stadt Freising. Die Abrissgenehmigung war schon erteilt worden, jetzt soll es doch saniert werden.

Von Kerstin Vogel, Freising

Schutt in den Zimmerecken, vernagelte Fenster, feuchte Wände, zusätzliche Stützbalken und Spinnweben, wohin man schaut: Das Uth-Haus an der Fischergasse 2 präsentiert sich aktuell in einem Zustand, der keinen Zweifel an der Frage lässt, warum hier niemand mehr wohnt. Manch ein Stadtrat fühlte sich am Dienstag beim Besichtigungstermin dennoch ein wenig in seine Studentenzeit zurückversetzt und erinnerte sich an frühe Wohngemeinschaften, als man in den oft alten Häusern auch erst einmal mehrere Schichten Tapete von den Wänden ziehen musste, um eine Art Wohnlichkeit herzustellen.

Dass auch in dem alten Klerikal-Haus, das die Stadt Freising auf der Liste ihrer Sanierungsprojekte stehen hat, zuletzt wohl eher junge Leute für die Dekoration zuständig waren, lässt sich ebenfalls noch an den Wänden ablesen: Alte Mofa-Kennzeichen hängen da und ein Poster vom noch sehr jungen Paddy aus der Kelly-Family. Auf einer Tür pappt ein Aufkleber mit der vielsagenden Botschaft "Ich steh auf Wahnsinn".

Die letzten Bewohner haben auch die Wände verziert. (Foto: Marco Einfeldt)

Dass das Uth-Haus überhaupt noch steht, ist eigentlich auch Wahnsinn - und ein bisschen ein Glücksfall, denn die Stadt hatte bereits eine Abrissgenehmigung für das marode Gebäude erteilt. Bevor jedoch tatsächlich die Abrissbirne anrückte, schaute man noch einmal etwas genauer hin - und stellte fest, dass man es hier mit einem der ältesten Häuser in der Stadt Freising zu tun hatte. Lediglich das Bürgerhaus an der Fischergasse 7 ist wohl noch älter. So, wie das Uth-Haus jetzt da stehe, stamme es aus dem Jahr 1491, schilderte Bauforscherin Eva Fritz den Stadträten am Dienstag. Teile bis hinauf zum Dach ließen sich sogar auf das Jahr 1399 datieren - ein "Highlight für Bauforscher", wie Fritz schwärmte: Holzwände in Blockbauweise, die eigentlich eher ungewöhnlich für Freising seien, der kleine Garten am Hang des Dombergs im Westen, der bis heute erhalten sei - die Liste von Fritz ist lang.

Auch ein sogenanntes Rauchdach zählt sie als Besonderheit auf, ein Dach, in das der Qualm aus der Küche aufstieg und die Balken schwärzte, bevor er durch "Eulenlöcher" abzog. Dann sind da die historisch niedrigen Türen und Putzstrukturen, eine Fensterkonstruktion aus dem Barock - doch während Fritz fast ins Schwärmen gerät, mustert Hochbauamtsleiter Robert Naujokat misstrauisch den Boden. "Wir haben hier schon Tragwerksprobleme massiver Art", warnt er die Besucher; im Erdgeschoss hatte man das kurz zuvor eindrücklich nachvollziehen können: Wo oben jemand entlang ging, rieselten unten munter die Gesteinsbröckchen aus der Decke.

Doch: "Es sieht schlimmer aus, als es ist", beruhigte Fritz die Stadträte, die nun früher oder später über die Sanierung und die künftige Nutzung des Uth-Hauses entscheiden müssen. Denn das Gebäude wird künftig als Einzelbaudenkmal in der bayerischen Denkmalliste geführt - ein Abriss ist damit endgültig vom Tisch. Das Steueramt der Stadt könnte ersten Überlegungen zufolge irgendwann einmal in ein saniertes Uth-Haus ausgelagert werden, eine andere Idee ist offenbar, das Stadtarchiv künftig hier unterzubringen und das Haus damit für die Bürger nutzbar zu machen.

Teil des Dachstuhls stammen sogar aus dem Jahr 1399. (Foto: Marco Einfeldt)

Helfen soll bei der Entscheidung eine städtebauliche Feinuntersuchung, für deren Kosten man sich Zuschüsse seitens der Regierung erhofft - und: Das Projekt wird wohl erst nach Abschluss der teuren Sanierungsarbeiten am Asamkomplex in Angriff genommen werden können.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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