Technische Universität:Fachleute mit gesundem Menschenverstand

Der Studiengang Landschaftsarchitektur und -planung an der TU München feiert 60. Geburtstag. Die Absolventen sind auf dem Arbeitsmarkt begehrt

Von Katharina Aurich, Freising

Sein 60-jähriges Bestehen feiert der Studiengang Landschaftsarchitektur und -planung an der TU München an diesem Wochenende mit einem Symposium, einem Workshop und der Ausstellung "60 Jahre - 60 Pläne". Noch bis Sonntag, 23. Oktober, sind im Europäischen Künstlerhaus Schafhof 60 Pläne aus den Jahren 1956 bis 2016 - pro Jahr ein Plan - ausgestellt. Sie zeigen, wie sich die grafische Kommunikation verändert hat, welche Themen behandelt wurden und welche einflussreichen Persönlichkeiten der Studiengang seit 1956 hervorgebracht hat.

Die Sorge um den Erhalt der Landschaft während des Baubooms in den 1950er und 60er Jahren war die Keimzelle des Studiengangs Landschaftsarchitektur und -planung an der TU München. Der Aachener Gartenarchitekt Carl Ludwig Schreiber wurde 1956 mit dessen Aufbau in Weihenstephan beauftragt, inzwischen schließen jährlich etwa 135 Absolventen als Landschaftsarchitekten, Landschaftsplaner, Umweltplaner und Ingenieurökologen ihr Studium ab, wie Professor Udo Weilacher berichtet. Die Absolventen seien bei Unternehmen begehrt, viele erhielten nach ihrem Bachelor oder Master sofort einen Arbeitsvertrag.

Wer vor 60 Jahren Landschaftsarchitektur studierte, war auch ein Künstler, denn in den 50er Jahren zeichnete man noch mit Tusche auf Transparentpapier, vervielfältigte die Zeichnungen im Lichtpausverfahren, kolorierte viele Quadratmeter Plan mit Buntstiften, und jeden Plan prägte eine individuelle zeichnerische Handschrift. Dies hat sich grundlegend geändert, die leistungsfähige Computertechnologie hat völlig neue Möglichkeiten der Plangestaltung eröffnet. Trotzdem seien immer noch Kreativität und künstlerisches Talent gefragt, berichtet die 22-jährige Maria Ernst, die im 7. Semester Landschaftsarchitektur studiert und das Fach wieder wählen würde.

Ernst will Landschaftsräume und städtische Plätze ästhetisch gestalten, dabei soll neben der Ökonomie auch die Ökologie im Vordergrund stehen. Denn Menschen lebten auch außerhalb ihrer Häuser, betont die junge Frau. Im Studium wird Wert auf Auslandserfahrung gelegt, so kam Maria Ernst zu einem Projekt in Wageningen, Holland. Sie entwarf einen Platz, auf dem die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt und ein Sportplatz und Spielflächen integriert sind.

Beim Entwerfen bekomme man ein Gefühl dafür, wie sich unterschiedliche Beläge, die Entwässerung und die Beleuchtung auf die Atmosphäre auswirkten, schildert Ernst. Auf öffentlichen Plätzen sollten sich junge und alte Menschen wohlfühlen, so der Anspruch der Studentin. An ihrem Studium gefallen ihr auch die vielen Wahlmöglichkeiten. So setzt sich Maria Ernst in einem weiteren Projekt damit auseinander, wie man Windkraftanlagen in die Landschaft integrieren könnte. Die angehende Landschaftsarchitektin, die nach ihrem Bachelor den Master in "Urban Design" machen möchte, ist dabei froh, dass sie nicht alles am Computer erledigen muss. Sie liebt es, mit der Hand zu zeichnen und belegt dafür Zeichenkurse.

Mit der digitalen Technik könnten Landschaftsarchitekten und -planer heute viel präziser analysieren und arbeiten als noch vor 30 Jahren, schildert Udo Weilacher die Vorteile der Arbeit am Computer. "Obwohl wir viel mehr über Natur und Landschaft wissen, häuften sich in den vergangenen Jahrzehnten die Umweltkatastrophen, die in Wahrheit oft Kulturkatastrophen sind." Faktenwissen und technisches Know-how allein genügten nicht, um Umwelt nachhaltig zu gestalten. Dafür brauche es breit ausgebildete Fachleute mit gesundem Menschenverstand. In Zukunft würden sich Landschaftsarchitekten und -planer verstärkt mit den Themen Stadtentwicklung, Ernährung und Energieversorgung oder mit neuen Mobilitätskonzepten und intelligentem Flächenmanagement befassen, schildert Weilacher.

Was Absolventen des Studiengangs können, zeigen die Außenanlagen der TU am Campus Weihenstephan, der "Meditative Isarweg" oder das Seeufer des Pullinger Weihers. Auch international haben Weihenstephaner Absolventen mit dem Olympiapark München, dem Landschaftspark Duisburg-Nord, dem Chenshan Botanischen Garten in Shanghai, dem Parco Dora in Mailand und dem Irchelpark in Zürich Maßstäbe gesetzt.

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