SZ-Adventskalender für gute Werke:Das Kind geht immer vor

SZ-Adventskalender für gute Werke: Die siebenjährige Alica muss von ihren Eltern permanent beaufsichtigt werden. Auch mit epileptischen Anfällen hat sie zu kämpfen.

Die siebenjährige Alica muss von ihren Eltern permanent beaufsichtigt werden. Auch mit epileptischen Anfällen hat sie zu kämpfen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Jacke selbst anziehen, Worte klar aussprechen, Treppen steigen: Das muss sich die siebenjährige Alica hart erarbeiten. Eine teure Reittherapie hilft dem Mädchen, die Eltern stellt das vor eine Belastungsprobe.

Von Clara Lipkowski, Hallbergmoos

Auf dem Boden nagen kleine Mäuse eifrig an großen gelben Käsestücken. Alica springt vergnügt zwischen ihnen herum. "Käse!" ruft sie und zeigt auf die durchlöcherten Stücke. Sie strahlt über das ganze Gesicht. Die Nager sind das Muster des Teppichs in ihrem Kinderzimmer. Alica lacht. Dann drückt sie sich aber doch lieber an Mamas Beine. Viel redet Alica nicht. Sie versteht sehr gut, wenn man mit ihr spricht. Aber sich selber zu äußern, das fällt ihr schwer, die Wörter kommen verzögert und undeutlich. Alica ist sieben Jahre alt. Was ihr fehlt, wissen die Eltern bis heute nicht. "Eine Diagnose haben wir nicht", sagt die 30-jährige Mutter, Sarah Kost (Name der Eltern geändert). "Entwicklungsverzögerungen", habe es bisher immer geheißen. Eine teure Reittherapie hilft dem Mädchen. Doch die Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht. Mit Spenden aus dem SZ-Adventskalender könnte den Eltern geholfen werden.

Erstmals hatten die Eltern bemerkt, dass Alica sich nicht wie die anderen Kinder entwickelt, als sie in der Krabbelgruppe liegen blieb, statt damit anzufangen sich mit Händen und Füßen auf dem Boden fortzubewegen. Der Kinderarzt verordnete eine Physiotherapie und sagte mehr im Scherz: "Sie ist eben ein faules Baby." Aber auch andere Schritte in der Entwicklung setzten später oder noch gar nicht bei Alica ein. "Sie hat derzeit in etwa den Entwicklungsstand eines Kindes von vier oder fünf Jahren", sagt Ines Zacherl, Pflegerin der Caritas, die die Familie regelmäßig besucht.

Laufen kann Alica inzwischen gut. Sie ist ständig in Bewegung, zieht an Mamas Pullover oder an Papas Hand, ist neugierig auf Musik, liebt es zu tanzen. Alleine beschäftigen kann sie sich aber kaum. Die Pflegerin berichtet: "Die Eltern haben nie Pause. Alica muss permanent beaufsichtigt werden. Man kann ihr nicht einfach sagen: Lies etwas oder spiel' mal allein." Verwandte sind keine in der Nähe, die Großeltern leben zu weit weg, um die Kleine hier und da für ein paar Stunden zu nehmen.

Trotzdem blickt die junge Familie nach vorne. Auch seit Alica mit epileptischen Anfällen zu kämpfen hat und morgens mit Schmerzen im Mund aufwacht, verursacht durch starke Verkrampfungen. Die bisherigen Medikamente helfen ihr nicht, also probieren die Eltern andere, bis sie die richtigen finden. Um Alicas Entwicklung zu fördern, haben die Eltern verschiedenes versucht. Ergotherapeutische Stunden mit Hunden aber zeigten keinen Erfolg, vielmehr ängstigten die Tiere Alica. Die bisher größte Verbesserung in ihrem Leben brachte dann vor etwa vier Jahren eine Reittherapie. "Zuerst hatte sie richtig Angst vor dem Pferd", erzählt Sarah Kost. "Sie hat nur gebrüllt." Dann aber fand sie Gefallen daran, das Reiten gab ihr Ruhe, verhalf ihr zu mehr Körperspannung, sie lernte, gerade zu sitzen. Laufen war nicht mehr beschwerlich, sondern fing an, Spaß zu machen. "Dadurch ist Alica viel selbstbewusster geworden", erzählt die Mutter, "mittlerweile ist sie vernarrt in das Pferd." Fällt einmal die Therapiestunde aus, kann sie es kaum erwarten wieder zu "ihrer Urmel" zu fahren. Deswegen wollen die Eltern die Therapie unbedingt fortführen.

Das Problem ist: Die Krankenkasse kommt dafür nicht auf, die Therapie ist aber sehr teuer. Hildegard Waldinger von der "Lebenshilfe" in Freising, die sich dafür einsetzt, behinderte Menschen in die Gesellschaft zu integrieren, kennt diese Situation. "Vielen Kindern hilft eine Reittherapie. Die Nähe und Wärme des Pferdes wirken sich beruhigend auf sie aus. Die Krankenkassen aber zahlen nur für rein medizinische Leistungen wie Krankengymnastik. Tiertherapeutische Maßnahmen zählen nicht dazu."

Alica kann mittlerweile in die Inklusionsklasse einer Echinger Schule gehen. Dort lernt sie Zahlen, turnt, trifft Kinder mit und ohne Handicap. "Sie liebt es, in Gesellschaft anderer Kinder zu sein", erzählt der 36-jährige Simon Kost, ihr Vater. Anschließend geht sie in die Therapie: Im Wechsel hat sie "Ergo", "Physio" und Logopädie. Die Jacke selbst anzuziehen und zuzumachen, den Wechselschritt beim Treppensteigen, Worte klar und deutlich aussprechen, das alles sind keine Selbstverständlichkeiten für Alica, sondern Dinge, die sie sich hart erarbeiten muss. Täglich in der Regel bis 17 Uhr - ein langer Tag für die Siebenjährige. "Meist ist Alica total erschöpft, wenn sie abends wieder daheim ist", sagt der Vater. Da sei es umso schöner, wenn sie am Wochenende als Familie etwas unternehmen.

So können Sie für den SZ-Adventskalender spenden

Wer helfen will, wird um ein Geldgeschenk gebeten, Sachspenden können leider nicht entgegengenommen werden. Bareinzahlungen sind von Montag bis Donnerstag von 9.30 bis 18 Uhr sowie Freitag und Samstag von 9.30 bis 16 Uhr im SZ-Servicezentrum, Fürstenfelder Straße 7, möglich. Sicher online spenden können Leser im Internet unter www.sz-adventskalender.de.

Überweisungen sind auf folgendes Konto möglich:

"Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V."

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IBAN: DE86 7015 0000 0000 6007 00

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Spenden sind steuerlich abzugsfähig; bis zu einem Betrag in Höhe von 200 Euro reicht der vereinfachte Nachweis. Bei Spenden in Höhe von mehr als 200 Euro senden wir Ihnen die Spendenbestätigung zu, sofern auf der Überweisung der Absender vollständig angegeben ist. Jede Spende wird ohne Abzug dem guten Zweck zugeführt. Alle Sach- und Verwaltungskosten, die entstehen, trägt der Süddeutsche Verlag.

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Die Eltern arbeiten, er in Vollzeit als Fluggeräteelektroniker und sie in Teilzeit als Finanzbeamtin. Dass einer der beiden den Beruf aufgibt, ist aber undenkbar. Miete, Essen, Fahrten zum weit entlegenen Reiterhof, die Therapie selbst, müssen bezahlt werden. Für den eigenen Bedarf stecken die Eltern daher schon lange zurück. Seit drei Jahren sparen sie auf ein neues Auto, das alte muss ständig in die Werkstatt. Wichtiger sei ihnen, ihrer Tochter die Therapie zu ermöglichen, sagt Alicas Vater: "Das Kind geht einfach vor."

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