Strenge gesetzliche Vorschriften:Kein Teufelswerk

Karina Weiß betreibt seit sechs Jahren eine Spielothek in Eching. Sie wundert sich über die Aufregung. Letztlich ist es aber ihrem Café Vegas zu verdanken, dass es keine weitere Spielhalle im Ortszentrum gibt

Von Alexandra Vettori, Eching

Spielotheken sind gerade ein Aufreger in Eching, umso mehr, da die Gemeinde gegen das Landratsamt vor Gericht zu Felde zieht, weil die Kreisbehörde einem Antrag für eine Spielhalle die baurechtliche Zustimmung erteilt hat. Im Rathaus will man mit aller Macht eine Spielothek im Ortskern verhindern, wohl wissend, dass eine Glücksspiel-Genehmigung ohnehin nicht erteilt wird.

Denn seit Juli gibt es ein neues Landesglücksspiel-Gesetz mit dem Ziel, die Zahl der Betriebe zu reduzieren. Jetzt müssen mindestens 250 Meter zwischen zwei Spielhallen liegen, Ausnahmen können Kommunen erteilen. In Eching wird das nicht der Fall sein. Dort gibt es seit Jahren eine Spielothek im Ortszentrum, das Café Vegas in der Heidestraße. Die Aufregung kann Betreiberin Karina Weiß, 48, nicht so recht verstehen, auch wenn sie nichts dagegen hat, dass sich keine weitere Spielhalle in der Nähe ansiedeln soll. Seit sechs Jahren betreibt sie das Café Vegas und betont, "wir hatten bisher keinen Ärger mit Nachbarn oder Polizei, wir sind ein total ruhiger Betrieb". Weiß ist überzeugt, dass viele Kritiker gar nicht wissen, wie es in einem solchen Lokal zugeht, und wie viele Vorschriften es gibt. So darf etwa in Spielotheken kein Alkohol ausgeschenkt werden. Außerdem müssen Mitarbeiter alle zwei Jahre zu einer Fortbildung, die pro Person 250 Euro kostet. Dort lernen sie, wie man Spielsüchtige erkennt und mit ihnen umgeht. Hinter dem Tresen liegt eine Liste mit Adressen von Beratungsorganisationen, auch das eine Vorschrift.

Strenge gesetzliche Vorschriften: Karina Weiß betreibt seit sechs Jahren eine Spielothek im Echinger Ortszentrum. Die meisten ihrer Gäste sind Stammkunden, die keinen Ärger bereiten. Deshalb wundert sie sich ein wenig über die Aufregung, die beim Thema Spielotheken herrscht.

Karina Weiß betreibt seit sechs Jahren eine Spielothek im Echinger Ortszentrum. Die meisten ihrer Gäste sind Stammkunden, die keinen Ärger bereiten. Deshalb wundert sie sich ein wenig über die Aufregung, die beim Thema Spielotheken herrscht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Gegenwind von Staat und Gesellschaft habe es schon immer gegeben, sagt Weiß, "und ich bin jetzt 30 Jahre im Geschäft". Aber das Spielen gehöre zum Menschen, und heute würden Spieler, wenn es ihnen in Spielotheken zu schwer gemacht werde, eben ins Internet ausweichen, dann ohne Kontrolle. Ihre Eltern waren Automaten-Aufsteller in Gastro-Betrieben. Betreiber können Automaten kaufen, die Preise liegen zwischen 5 000 und 20 000 Euro. Deshalb mieten die meisten die Automaten. Dazu kommen Lizenzgebühren für die Spiele. Mit den drei Rollen, auf denen buntes Obst gedruckt ist, haben moderne Spielautomaten wenig zu tun. 30 bis 260 Spiele sind in solch einem High-Tech-Kasten, die Lizenzgebühren liegen zwischen 200 und 250 Euro monatlich, pro Gerät. Gewinne, die über den Etat, der im Automaten ist, liegen, teilen sich Betreiber und Aufsteller hälftig. Nachdem der Höchstgewinn 10 000 Euro sind, kann einiges zusammen kommen. "Das Geld muss man auf der Seite haben", sagt Karina Weiß. Dass Spieler gewinnen, ist übrigens auch vorgeschrieben. 60 Prozent der Einsätze müssen ausgezahlt werden, in Spielotheken bis 85 Prozent. Nur wann der Automat das Geld ausspuckt, das, sagt Karina Weiß, "wissen nur die Programmierer. Es kann sein, dass einer mit zwei Zwickeln die 200 Euro des Vorspielers heraus holt, es ist halt ein Glücksspiel." Auch gegen Spielsucht gibt es Maßnahmen, spielt ein Spieler zu lange, macht der Automat Pause. Besonders Eifrige nutzen daher mehrere Automaten, doch auch die bremst der Gesetzgeber aus. Bald wird es digitale Spielerkarten geben, mit denen nur an einem Automaten gespielt werden kann.

Strenge gesetzliche Vorschriften: Sonja Bauer betreibt seit Mai das Big Valley in der Heidestraße. Sie nervt, dass ihre Kneipe immer wieder mit der benachbarten Spielothek verwechselt wird.

Sonja Bauer betreibt seit Mai das Big Valley in der Heidestraße. Sie nervt, dass ihre Kneipe immer wieder mit der benachbarten Spielothek verwechselt wird.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auf der anderen Seite des Flures im ersten Stock betreibt seit Mai Sonja Bauer mit Mann Florian das Big Valley. Sie ist es leid, in der öffentlichen Wahrnehmung mit der Spielothek in einen Topf geworfen zu werden, zuletzt in einem Leserbrief im örtlichen Onlinemagazin. Denn das Big Valley ist eine alt eingesessene Kneipe, die es unter Hilmar Schmidt 30 Jahre lang gab. Im großen Gastraum im ersten Stock über dem Getränkemarkt stehen zwar zwei Billardtische, ein Kicker und Dart-Automaten, aber das war es auch. Regelmäßig träfen sich hier Dart-Mannschaften, die einmal im Jahr sogar zur Deutschen Meisterschaft führen, erzählt Petra Bauer. "Aber eigentlich ist das hier ein Western-Saloon", sagt sie mit einem Lächeln und weist auf die Schwingtür, die schweren Holzmöbel und den Kuhschädel über der Bar. Bauer leidet vor allem unter einer Nachbarpartei von gegenüber, die sich immer wieder beschwert. Natürlich gingen die Kunden zum Rauchen hinunter auf die Straße, "und wir können ihnen nicht verbieten, dabei zu reden", sagt sie.

Richtig viel los ist im Big Valley jeden ersten und dritten Freitag im Monat. Dann kommen die Boogie-Tänzer, weil sie die große Tanzfläche schätzen. "Immer mehr kommen, das hat sich rumgesprochen", freut sich Sonja Bauer. Bis auf besagte Nachbarn bekomme sie aber viel Zuspruch, "denn wir bringen Leben ins Ortszentrum".

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