Stellenstreichung in Weihenstephan:Betriebsrat kämpft um Arbeitsplätze

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Müller-Milch will die Joghurtproduktion nach Aretsried verlegen und in Freising 89 Stellen streichen - ein Schock für die Mitarbeiter.

Birgit Goormann-Prugger

Die Müller-Milch-Gruppe hält an ihren Plänen fest, die gesamte Produktion des Weihenstephaner Joghurts von Freising nach Aretsried zu verlagern. 89 der insgesamt 240 Mitarbeiter am Standort Freising sollen nach Gewerkschaftsangaben entlassen werden. Unterdessen arbeiten die zuständige Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Betriebsrat an einem Maßnahmenkatalog zur Abwehr dieser Kündigungen. "Wir bereiten uns auf eine längerfristige Auseinandersetzung vor", sagte Walter Linner von der NGG. Michel Tchamade, Betriebsratsvorsitzender der Molkerei Weihenstephan, versicherte gleichzeitig: "Wir geben so schnell nicht auf".

50 bis 70 Mitarbeiter sind von den Plänen für die Molkerei betroffen. (Foto: FRS)

Nach wie vor liege dem Betriebsrat keine schriftliche Begründung dieser Umstrukturierung vor, sagte Tchamade. Lediglich mündlich habe man am 8. August die Mitarbeiter über die Auslagerungspläne informiert "und für meine Kollegen war diese Nachricht ein Schock", sagte Tchamade, der eigens seinen Urlaub unterbrochen hat, um die Betroffenen unterstützen zu können.

Er wird auch bei der nächsten Betriebsratssitzung am kommenden Mittwoch dabei sein, wenn zusammen mit der NGG Detailfragen zu der Auslagerung erarbeitet werden sollen. Die sollen laut Walter Linner dann der Geschäftsleitung vorgelegt werden. "Wir suchen nach Alternativen für die Produktionsverlagerung. Unser Ziel ist es, die Arbeitsplätze in Freising zu erhalten". Am 29. August soll dann zudem eine große Mitarbeiterversammlung stattfinden.

Niemand von den Beschäftigten in der Molkerei versteht die eigentlichen Gründe für die Produktionsverlagerung. "Für uns ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar, zumal die Anlagen für die Joghurtproduktion in Weihenstephan ja auch nicht abgebaut werden sollen", sagte der Betriebsratsvorsitzende Tchamade. Aus Unternehmenskreisen sei zu hören, dass die Marge bei der Joghurtproduktion angeblich nicht mehr stimme, erklärte NGG-Sprecher Linner. "Sie erhoffen sich durch die Verlagerung nach Aretsried eben noch höhere Gewinne, argumentieren mit der dort höheren Produktivität und wollen den Weihenstephaner Joghurt dann zusammen mit den Müller-Milch-Produkten vermarkten".

Er bezweifele jedoch, dass diese Rechnung aufgehe, denn die Verbraucher seien sensibel geworden. "Wenn sie merken, dass nicht mehr Weihenstephan drin ist, wo Weihenstephan draufsteht, werden sie ihre Konsequenzen ziehen" so Linner. Tchamade, der in Weihenstephan studiert hat und die Entwicklung der Molkerei seit mehr als 25 Jahren mitverfolgt, ist von der jüngsten Unternehmensentscheidung "sehr enttäuscht". Theo Müller senior selbst habe ihm und anderen erst 2003 zugesichert, in Weihenstephan keine Arbeitsplätze abzubauen.

Damals haben wir auch der Forderung der Müller-Milch-Gruppe nach flexibleren Arbeitszeiten zugestimmt." Dazu gehörten beispielsweise Zwölf-Stunden-Schichten am Wochenende oder die Möglichkeit, Betriebsangehörige in Stoßzeiten auch aus dem Urlaub zurück zur Produktion zu beordern. "Die Leute haben in den vergangenen Jahren richtig gebuckelt und jetzt soll ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen werden", kritisierte Linner.

Die ehemals Staatliche Molkerei Weihenstephan war 1999 an Müller-Milch verkauft worden. Finanzminister Kurt Faltlhauser hatte seinerzeit betont, der Verkauf an Müller finde auch unter der Prämisse statt, dass die Arbeitsplätze an diesem Standort gesichert seien.

© SZ vom 23.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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