Steigende Kosten, sinkende Gewinne:Bereit zum Streik

Falls die Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen scheitern und die Basis für einen Streik stimmt, wollen auch Freisinger Ärzte ihre Praxen schließen. Für eine Notversorgung der Patienten soll dann gesorgt sein, versichert Reinhard Bungartz, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands.

Birgit Goormann-Prugger

Freising - Auch die niedergelassenen Ärzte in Freising verfolgen zurzeit aufmerksam die Honorarverhandlungen ihrer Standesvertreter mit den Krankenkassen. Nach dem vorläufigen Scheitern der Verhandlungen über höhere Honorare ist nun im Gespräch, die Basis über einen Streik der Ärzte abstimmen zu lassen. Eine Vorgehensweise, die der Freisinger Allgemeinmediziner Reinhard Bungartz, stellvertretender Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Freising, nur gutheißen kann. "Ich finde es sehr vernünftig, wenn die Entscheidung für einen Streik auf einer großen und breiten Mehrheit basiert". Es diene der Sache nicht, wenn in diesem Fall nur eine bestimmte Ärztegruppe in den Ausstand treten würde. "Sonst entsteht nur der Eindruck, es gehe allein um partielle Interessen." Ein Streik unter Ärzten sei natürlich immer eine problematische Sache. "Denn sollte es dazu kommen, werden wir natürlich eine Notfallversorgung für die Patienten sicher stellen und auch die zahlenmäßig notwendige Anzahl von Praxen an diesem Tag geöffnet haben." Das verlange schon das ärztliche Berufsethos. "Insofern verliert die Waffe des Streiks natürlich ein wenig ihre Schärfe", gab Bungartz zu bedenken. Natürlich könnten die niedergelassene Ärzte in diesem Fall auch "konsequent durchstreiken" und die Patienten alle den Krankenhäusern überlassen. "Aber da arbeiten die Kollegen sowieso schon am Limit", sagt Bungartz.

Die Forderungen der ärztlichen Verhandlungsführer könne er auf jeden Fall unterschreiben. Bisheriger Verhandlungsstand ist eine Erhöhung des Honorars für die etwa 150 000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten um 0,9 Prozent oder 270 Millionen Euro. Damit würde jeder Arzt im Schnitt 1800 Euro mehr Honorar pro Jahr erhalten. Angesichts der ständig steigenden Personal-, Material- und Energiekosten, "die wir als Freiberufler ja bezahlen müssen", sei diese angebotene Erhöhung eigentlich "eine Unverschämtheit", sagt Bungartz. Noch dazu werde die Diskussion zu einer Zeit geführt, in der die Kassen über Milliardenüberschüsse verfügten. "Da ist das diskussionslos." Bungartz hofft bei den weiteren Gesprächen dennoch auf "die Besonnenheit der Verhandlungsführer".

Auch der Freisinger Frauenarzt Hubert Schwarzer unterstützt die Forderung nach höheren Honoraren für die niedergelassenen Ärzte. "Es muss sich etwas ändern, das ist ganz klar", sagt er. Dass die Honorare über die Jahre gesunken sind, sei ja noch nicht mal das Problem. "Aber unsere Kosten sind ständig gestiegen. Was wir früher in Mark bezahlt haben, das zahlen wir heute in Euro." Angesichts dieser schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen finde sich heute kaum noch ein junger Kollege, der sich traue, sich mit einer Praxis niederzulassen, warnt Schwarzer, selbst über 60 Jahre alt. "Die Ungewissheit, wie es mit der Gesundheitspolitik weitergeht, die ist einfach zu groß." Als Arzt müsse man auch investieren - bei sinkenden Gewinnen. So ein Ultraschallgerät koste aber einfach mal seine 50 000 Euro. Wenn sich an den Verdienstmöglichkeiten für Ärzte langfristig nichts ändert, dann ist nach Ansicht von Schwarzer die ambulante medizinische Versorgung der Patienten in Gefahr. "Dann gibt es irgendwann nur noch medizinische Versorgungszentren, finanziert von einem Kapitalgeber, mit angestellten Fachärzten." Als Patient könne man dann nicht davon ausgehen, bei jedem Besuch vom gleichen Arzt behandelt zu werden. "Da ist dann immer jemand anders da und der fängt dann wieder von vorne an."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: