Staufalle A 9:Die Autofahrer sind selbst schuld

Täglich bilden sich auf der A 9, an der Baustelle zwischen dem Autobahnkreuz Neufahrn und Allershausen, kilometerlange Staus - und die Unfallzahlen sind ungewöhnlich hoch. Die Polizei ist mit ihrem Latein am Ende.

Petra Schnirch

Polizei und Autobahndirektion sind mit ihrem Latein am Ende: Täglich bilden sich auf der A 9, an der Baustelle zwischen dem Autobahnkreuz Neufahrn und Allershausen, kilometerlange Staus - und die Unfallzahlen sind ungewöhnlich hoch. "Wir könnten eine Station da draußen aufmachen", sagt Nikolaus Bischof, Sprecher der Verkehrspolizei Freising. Meist bleibt es bei Blechschäden. Eine Frau aber, die nachts das Stauende übersehen hatte, fuhr auf einen Lastwagen auf und starb noch an der Unfallstelle.

Allein am vergangenen Wochenende ereigneten sich 17 Unfälle in diesem Abschnitt, beteiligt waren mehrere Lastwagen und über 30 Autos. Vier bis fünf Zusammenstöße pro Tag "sind leider normal", sagt Bischof. Fahrspurwechsel, vor allem aber viel zu geringe Abstände nennt er als Hauptursachen. Zwar sei die Baustelle mit 15 Kilometern sehr lang und an der "Grenze des Zulässigen", sagt Josef Seebacher, Sprecher der Autobahndirektion Südbayern. Warum sich die Zahl der Unfälle aber derart häuft, kann sich auch die Verkehrspolizei Freising nicht so recht erklären, zumal die Fahrspur mit 3,25 Meter breiter ist als bei den meisten anderen Baustellen. Pro Richtung stehen drei Spuren zur Verfügung.

Auf dem Teilstück der A 9 soll wie schon auf der A 99 künftig bei hohem Verkehrsaufkommen der Standstreifen freigegeben werden. Dafür muss der Seitenstreifen verstärkt werden, gleichzeitig wird ein lärmmindernder Belag aufgebracht. Ein- und Ausfahrten müssen nach außen verlegt werden, Nothaltebuchten werden eingerichtet. Im gleichen Aufwasch lässt die Autobahndirektion auch die Brücken sanieren.

Wir haben gewusst, dass es schwierig wird", sagt Seebacher, schließlich sei die A 9 kurz vor München "eine unserer am stärksten belasteten Autobahnen". Mit so großen Problemen aber hat die Behörde nicht gerechnet. Eine dynamische Geschwindigkeitsregulierung in der Baustelle - Kostenpunkt 250 000 Euro - ermöglicht ein Tempolimit von 80 Stundenkilometer. Nur bei Bedarf, wenn Lastwagen in die Baustelle ein- und ausfahren, wird die zulässige Geschwindigkeit auf 60 Stundenkilometer reduziert. Doch die Autos "fahren auch keine 80", sagt Seebacher resigniert.

Die Verkehrspolizei reagiert auf die hohen Unfallzahlen mit verschärften Kontrollen, sowohl mit Blitzgeräten als auch mit Videofahrzeugen - in der Hoffnung, dass sich dies herumspricht und eine besonnenere Fahrweise zur Folge hat. Selbst Lastwagen waren bei Messungen in den vergangenen Tagen bis zu 30 Stundenkilometer zu schnell unterwegs, Bus- und Sattelzugfahrer hielten sich nicht an das für sie geltende Überholverbot.

Der Sammlung an Ungeheuerlichkeiten, die Bischof und Seebacher erzählen können, ist lang: Autofahrer räumen Warnbaken aus dem Weg und versuchen, über den gesperrten Baustellenbereich schneller vorwärts zu kommen. Bis sie plötzlich vor einem Loch stehen. Oder auf der Gegenfahrbahn. Passiert ist glücklicherweise nichts - außer dass sich ein neuer Stau bildete. "Ein Unvernünftiger reicht - und Tausende haben das Nachsehen", sagt Bischof. Andere steigen aus, wenn es nicht weitergeht, packen ihre Campingstühle aus oder begutachten die Bauarbeiten. "Wenn sich der Stau auflöst, muss die Bauleitung die Leute erst einmal ausfindig machen", schildert Seebacher. Viel mehr könne man nicht tun - außer an die Vernunft der Autofahrer zu appellieren.

Die Sattelzüge, die den Asphalt anliefern, kommen ohnehin nachts - bis zu 80 Stück zwischen 19 und 5 Uhr. Es wird Tag und Nacht gearbeitet, auch an den Wochenenden, der Bauleiter verzichtet laut Seebacher auf den Sommerurlaub. Smileys werden demnächst an mehreren Punkten die restliche Länge der Baustelle anzeigen, große Plakate darauf hinweisen, dass eine Rettungsgasse freigehalten werden sollte. "Das klappt auch nicht", sagt Bischof. Zusätzliche Notbuchten wurden eingerichtet, damit liegengebliebene Fahrzeuge nicht den Verkehr blockieren. Dennoch: Bis Ende Oktober werden die Autofahrer viel Geduld brauchen. Kleiner Trost: Bisher liegen die Arbeiten laut Seebacher im Zeitplan.

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