Stadtteil braucht Verkehrskonzept:Auf Schleichwegen durch Neustift

Debatte im Stadtrat macht deutlich, wie dringend die Nordostumfahrung wäre, doch die lässt auf sich warten

Kerstin Vogel

- Der Freisinger Stadtrat hat die Idee, die Alte Poststraße testweise zur Einbahnstraße zu machen, in seiner Sitzung am Donnerstag mit 11 zu 23 Stimmen wieder gekippt. Der fragliche Beschluss dazu stammte aus dem Planungsausschuss und hatte vorgesehen, die Einfahrt von der Bundesstraße 11 her für zwölf Monate zu verbieten und zu untersuchen, wie sich das auf den Verkehr in Neustift auswirkt. Zwölf Stadträte der Grünen und der Freien Wähler konnten sich mit dieser Entscheidung jedoch nicht anfreunden und forderten, darüber noch den gesamten Stadtrat abstimmen zu lassen.

Die Mehrheit des Gremiums schloss sich am Donnerstag nun den Befürchtungen an, dass die Sperrung der Alten Poststraße lediglich eine Verlagerung des Verkehrs unter anderem in die Wendelinstraße nach sich ziehe. Ganz deutlich wurde in der Diskussion, dass ein Verkehrskonzept für Neustift mehr als überfällig ist, zumal das im Bau befindliche Wohngebiet am Steinpark langfristig weiteren Verkehr in den Stadtteil locken wird. Auch die Nordostumgehung für Freising wird damit dringender denn je gebraucht.

Diese insgesamt fünf Kilometer lange Umfahrung soll aus dem Norden Freisings noch durch die kleine Ortschaft Erlau hindurchführen, dann östlich an Tüntenhausen vorbei verlaufen und westlich von Marzling an die Bundesstraße 11 anknüpfen. Baulastträger ist die Bundesrepublik, die Kosten werden auf 19 Millionen Euro geschätzt - doch das Planfeststellungsverfahren zieht sich. Aktuell bearbeitet das Staatliche Bauamt eine Tektur. Läuft alles gut, könnte im April 2013 ein Erörterungstermin dazu durchgeführt werden, wie Mitarbeiter Silver Veit am Freitag sagte. Man hoffe, "noch 2013 einen Planfeststellungsbeschluss zu erwirken". Das hänge aber von den Einwendungen und möglichen Klagen ab - die Stadt Freising erwartet, dass Bürger aus Erlau wegen der Umgehungsstraße die Gerichte bemühen werden. Sie hätten die Trasse gerne aus ihrem Ort verbannt.

Ohne die Nordostumfahrung aber wird sich auch weiterhin ein großer Teil des aus dem Norden kommenden Verkehrs auf Schleichwegen durch Neustift quälen, vorbei am Kindergarten und an der Schule - und das über Straßen, die dafür nicht ausgelegt sind, wie SPD-Stadträtin Birgit Großkopf am Donnerstag betonte. Der Stadtteil sei schon seit Jahren extrem belastet, sagte sie: "Wir müssen irgendwann Nägel mit Köpfen machen." Die Mehrheit im Stadtrat sah das ähnlich und forderte wie Erich Irlstorfer (CSU) eine "Gesamtlösung", wie Hubert Schwarzer (SPD) eine "bessere Lösung" oder wie Jürgen Maguhn (Grüne) eine "gemeinsame Lösung" mit allen Beteiligten, darunter auch der Verkehrsclub VCD und die Parkhaus und Verkehrs-GmbH (PVG), die immerhin den Busverkehr in Neustift organisieren muss.

Inwieweit die Verantwortlichen für die Stadtbusse auch vor der Entscheidung des Planungsausschusses für die neue Einbahnstraßenregelung an der Alten Poststraße schon gehört worden waren, konnte am Donnerstag nicht abschließend geklärt werden. Die Linienführung für den Bus 633 hätte laut Grünen-Stadtrat Christoph Bauer jedenfalls ebenso geändert werden müssen wie der Weg der Schulbusse. Außerdem hätte man eine neue Bushaltestelle an der Landshuterstraße gebraucht. Auch der VCD, der sich vorab in die Diskussion um die Alte Poststraße eingeschaltet hatte, hatte dringend von der Einbahnstraßenregelung abgeraten: "Es fahren hier Stadt- und Schulbusse in beide Richtungen, was auch künftig erfolgen sollte", so Kreisvorsitzender Alfred Schreiber

Noch mehr aber als die Probleme für die Busse störte die meisten Stadträte am Donnerstagabend die simple Verlagerung des eigentlichen Problems. Würde man die Alte Poststraße tatsächlich stadteinwärts sperren, würden die Autofahrer eben den Umweg über die Wendelinstraße nehmen, gab Bauer zu bedenken. Seine Befürchtung: "Dann haben wir da den nächsten Unfallschwerpunkt." CSU-Kollege Irlstorfer nannte zudem die geplante Testphase von zwölf Monaten viel zu lang und die baulichen Veränderungen, die es für die neue Einbahnstraßenregelung bräuchte, "viel zu massiv". Außerdem werde hier "eine Verbesserung für einige auf Kosten anderer erzielt: Das lehne ich ab."

Die Stadtverwaltung solle nun bei der nächsten Verkehrsschau neue Lösungen für die Verkehrsprobleme in Neustift erarbeiten, hielt Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher am Ende fest - und verkniff sich auch den Seitenhieb auf die Stadträte nicht: "Ich freue mich, dass wir ein so hochkarätiges Verkehrsexpertenteam hier in dem Gremium haben", sagte er ironisch - und leicht angesäuert.

Stadtteil braucht Verkehrskonzept: Es geht ziemlich eng zu auf der Alten Poststraße. Aber auch sonst wird die Verkehrssituation in dem Freisinger Stadtteil Neustift immer prekärer - und das nicht nur wenn, wie gestern, Freitagsmarkt ist.

Es geht ziemlich eng zu auf der Alten Poststraße. Aber auch sonst wird die Verkehrssituation in dem Freisinger Stadtteil Neustift immer prekärer - und das nicht nur wenn, wie gestern, Freitagsmarkt ist.

(Foto: Marco Einfeldt)
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