Stadtbibliothek Freising:Heile Welt auf grauer Mauer

Der Verein "Kultklecks" will die nackte Betonwand im Innenhof der Stadtbibliothek bemalen. Das befürworten nicht alle Stadträte.

Sabina Dannoura

Ein Spalier, auf dem Pflanzen ranken, ist eigentlich als Verkleidung der Betonwand im Innenhof der Stadtbibliothek Freising vorgesehen. Die seit Kurzem fertiggestellte Wand ist aber immer noch nackt. Nicht umgesetzt wurde außerdem ein überdimensionaler Bücherstapel - eine Installation als "Kunst am Bau", weil sich die genehmigten Kosten von 13000 Euro mehr als verdoppelt hatten. Nun hat der Münchner Verein "Kultklecks" den Stadträten im Kulturausschuss einen Vorschlag präsentiert: "Freisinger Leselust" heißt dieses Projekt, bei dem es um eine Bemalung der Betonwand geht.

Stadtbibliothek Freising: Viel zu nackt erscheint Kritikern die Betonwand im Innenhof der Freisinger Stadtbibliothek. Ein Kunstverein aus München möchte sie nun mit einem Bild verzieren.

Viel zu nackt erscheint Kritikern die Betonwand im Innenhof der Freisinger Stadtbibliothek. Ein Kunstverein aus München möchte sie nun mit einem Bild verzieren.

(Foto: Marco Einfeldt)

Das geplante Bild: Herausragende Vertreter der deutschen Literatur - Goethe, Schiller, Hesse, Thomas Mann, Hertha Müller und Nelly Sachs - umrahmen eine Familie, Vater und Mutter sitzen auf einem roten Sofa und lesen ihren drei Kindern vor, die von den Geschichten völlig gefesselt scheinen. Buchstaben steigen auf - als Symbol für "sprühende Kreativität", wie Bianca Nandzik, Projektleiterin von Kultklecks, erläuterte.

Die Bemalung koste die Stadt kein Geld, sie werde vom Verein und durch Spenden finanziert, versicherte die Freisingerin Nandzik. Ihre Zustimmung gaben die Stadträte zu dem Projekt allerdings nur "grundsätzlich" und mit der Aufforderung, ein bis zwei weitere Motive zu fertigen, so der Beschluss nach einer lebhaften Debatte.

Uneingeschränkt begeistert quittierten nur wenige Stadträte den Vorschlag: Rosemarie Eberhard (Grüne) sagte, sie springe das Bild an, Johanna Hiergeist (Freie Wähler) sprach von einem "Eyecatcher". Kulturreferent Hubert Hierl (CSU) fühlte sich hingegen "etwas überfordert", ein Urteil abzugeben, weil er das Gemälde jetzt erstmals in der Sitzung sehe. Er empfinde die Darstellung allerdings als "sehr konventionell", bekannte Hierl. Reinhard Fiedler gefällt zu der modernen Architektur der Bücherei die nackte Betonwand sogar ausgesprochen gut, wie er sagte. Zum Bild selbst erklärte der CSU-Vertreter, die "wunderbar heile Familie" komme "wie aus dem Werbeprospekt" daher. Und Jugendreferentin Waltraud Heinlein-Zischgl (Grüne) fand: "Eine halbe Familie" reiche auch.

Eva Bönig hatte mit der "heilen Welt" wiederum kein Problem. Warum solle nicht gezeigt werden, was man sich wünscht?, insistierte die SPD-Politikerin. Diskutiert wurde ferner über die Gefahr, dass eine Wandbemalung erst zu Schmierereien anregen könne. Bianca Nandzik hatte erklärt, das Bild werde versiegelt, damit es gegen Vandalismus geschützt sei. Alex Arnheiter (Grüne), der die Gestaltung der Bahnunterführung an der Heiliggeistgasse initiiert hat, glaubt nicht an eine Verunstaltung durch Sprayer. Er lobte die Idee des Kunstvereins, im Innenhof der Bücherei einen "bunten Akzent" zu setzen.

Nandzik muss gleichwohl den Stadträten noch Alternativen unterbreiten - dabei sieht das Konzept für die Kunstprojekte ihres Vereins ohnehin vor, den Entwurf mit Bürgern zu diskutieren: "Öffentlichkeit ist uns wichtig. Wir wollen die Freisinger einbeziehen: bei der Vorbereitung und Bemalung." Im Frühjahr 2011 möchte sie das Projekt starten, drei bis vier Wochen sind für die Entstehung vorgesehen.

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