Sportliche Herausforderung:Seven-Twenty on the Rail

Bei den "Next Level Winter Games" zeigen 60 Ski- und Snowboardartisten mitten auf dem Freisinger Marienplatz ihr Können und lassen Passanten staunen. 120 Kubikmeter Schnee und eine Schanze machen es möglich

Von Maximilian Gerl

Sportliche Herausforderung: Snowboarder Jowel Fricke bei den Next Level Winter Games auf dem Freisinger Marienplatz.

Snowboarder Jowel Fricke bei den Next Level Winter Games auf dem Freisinger Marienplatz.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Freisinger sind ja so einiges gewöhnt: Um sie aus der Reserve zu locken, muss man sich schon besonders anstrengen. Was sich aber am Samstagnachmittag auf dem Marienplatz abspielte, dürfte selbst für den abgebrühtesten Bürger der Domstadt ein eher ungewöhnliches Spektakel gewesen sein. Denn wo normalerweise Passanten über das Kopfsteinpflaster schlendern und der Wochenmarkt seine Buden aufschlägt, stürzten sich plötzlich jugendliche Ski- und Snowboardfahrer zu harten Hip-Hop-Beats eine Piste hinab. Einigen älteren Herrschaften, die ganz offenkundig nur zufällig vorbei kamen, blieb da dann doch etwas verdattert der Mund offen stehen.

Die Verwunderung war allerdings verständlich, schließlich geschieht es nur selten, dass ein Berg in die Freisinger Innenstadt verpflanzt wird. Für die etwa 60 jungen Wintersportler, die für die "Next Level Winter Games" zum Teil sogar aus Hamburg oder Österreich angereist kamen, war es hingegen die Gelegenheit, ihr Können einmal vor viel Publikum und in ungewohnter Kulisse zu präsentieren. Dabei ging es nicht so sehr darum, die Piste möglichst schnell und ohne Sturz hinter sich zu bringen. Vielmehr mussten die Fahrer verschiedene Boxen und Geländer in Tricks einbinden, die anschließend von einer Jury benotet wurden. "Railsession" nennt sich diese Disziplin und ist in etwa mit dem zu vergleichen, was in einigen Tagen die Freeskier und -boarder bei den Olympischen Spielen in Sotschi zeigen werden - nur eben ohne die hohen, weiten Sprünge.

Die wären aufgrund des doch etwas beengten Platzangebots auf dem Marienplatz aber auch gar nicht möglich gewesen. Genau zwischen Rathaus, Mariensäule und Laubenbräu quetschte sich die eigens aufgebaute Rampe, präpariert mit 120 Kubikmetern Schnee. "Seit Oktober haben sie dafür bei der Eislaufbahn in Freising ihren Überschuss gesammelt", verriet Tom Maslowski, der die Veranstaltung zusammen mit der Stadtjugendpflege, dem Jugendamt und den Jugendzentren aus dem Landkreis organisiert hatte. Maslowski führte früher einen Boardersport-Geschäft in Freising und kennt sich entsprechend aus in der Szene. Vor dreieinhalb Jahren, berichtete er, habe ihn ein Freund gefragt, wie es wohl wäre, wenn man einen Snowboardwettbewerb mitten in der Stadt abhalten würde. Er habe sich dann mit der Idee an Martina Giesen von der Stadtjugendpflege gewandt, die überzeugte wiederum die Verantwortlichen im Rathaus. Auch die Ausrichter der "Next Level Winter Games"-Tour waren angetan, so dass Freising nun zum einzigen Stopp der Wettbewerbsreihe außerhalb Österreichs wurde.

Gerade bei der Freisinger Jugend schien das ungewöhnliche Event anzukommen, viele meldeten sich spontan als Teilnehmer. Unter die zahlreichen "Locals" - also die Einheimischen - mischten sich zudem Sportler mit längerem Anfahrtsweg. Die gebürtige Tölzerin Rosina Friedel beispielsweise hatte extra Freunde und Ausrüstung ins Auto gepackt und war von Innsbruck aus nach Freising angereist. "Ich möchte einen Seven-Twenty on the Rail zeigen", erklärte die 25-Jährige vor dem Start und schob gleich hinterher, wie dieser Trick denn funktioniere: Man muss einfach nur auf das Geländer springen, es auf den Skiern hinab rutschen und sich bis zur Landung am unteren Ende um 720 Grad gedreht haben. Und klar, hinfallen sollte man dabei am besten auch nicht. "Die Motivation ist groß", sagte Friedel lachend.

Weil zwischen den einzelnen Läufen die Piste immer wieder präpariert werden musste, hatten die Organisatoren auch an ein Pausenprogramm gedacht: In einer kleinen Halfpipe sollten Skater und auf einer anderen Schanze BMX-Fahrer ihre Tricks zeigen. Für die Rad-Show kehrte sogar Simon Moratz, einer der besten deutschen Fahrer, in seine alte Heimatstadt zurück. Als problematisch für diesen Plan erwies sich nur das Wetter, denn nach dem Nieselregen zu Mittag waren beide Rampen nass und extrem glatt. Die Skateboard- und BMX-Profis ließen sich davon jedoch nicht entmutigen und trockneten sie so lange mit einem Bunsenbrenner, bis sie wieder einigermaßen befahrbar waren. Dennoch flippte gerade manch Skater das Brett wie ein Stück Seife unter den Füßen weg, sobald er zu einem Trick ansetzen wollte. "Es ist noch ein bisschen rutschig, aber es sieht gefährlicher aus, als es ist", beruhigte Skateboarder Fabian Lange.

Trotz des wenig winterlichen Wetters zeigten sich die Organisatoren sehr zufrieden. "Es freut uns, dass so viele Leute dabei sind", sagte Maslowski. Außerdem werde durch die Veranstaltung deutlich, dass die Stadt Freising auch eine junge Seite habe. Ob das Ganze im nächsten Jahr eine Fortsetzung findet, darüber wolle er noch nicht spekulieren: "Im Augenblick ist so viel zu tun - wir werden das in den nächsten Wochen entscheiden." Für den Moment zähle ohnehin nur eins: nämlich Spaß zu haben. "Das ist die Hauptsache."

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