Widerstands-Fest in Attaching:"Wir kämpfen für unsere Kinder und Enkel"

Widerstands-Fest in Attaching: "Wir wollen heute keine großen politischen Reden halten, sondern das Feiern steht im Vordergrund", sagte Michael Well von den Well-Brüdern.

"Wir wollen heute keine großen politischen Reden halten, sondern das Feiern steht im Vordergrund", sagte Michael Well von den Well-Brüdern.

(Foto: Marco Einfeldt)

Zehn Jahre Widerstand gegen den Bau der dritten Startbahn: Das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" feierte den Jahrestag mit einem großen Familienfest und 2000 Mitstreitern in Attaching. Politische Reden gab es extra nicht.

Von Katharina Aurich, Attaching

Knapp 2000 Menschen feierten am Samstag auf dem Attachinger Sportgelände den zehnjährigen organisierten Widerstand gegen den Bau einer dritten Start- und Landbahn am Flughafen. Zum großen Familienfest, das die Mitgliedsgruppen des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt" auf die Beine gestellt hatten, trafen sich die Bevölkerung, zahlreiche Lokalpolitiker, Aktivisten und Musiker im "Widerstandsnest vom Bayernland", wie Michael Well von den Well-Brüdern beschrieb. "Wir wollen heute keine großen politischen Reden halten, sondern das Feiern steht im Vordergrund. Wir Startbahngegner wollen zeigen, dass wir keine verbissenen Gegner und Fortschrittsverweigerer sind. Wir kämpfen für unsere Kinder und Enkel für die Bewahrung unserer Heimat und unserer Schöpfung", sagte Hartmut Binner, Sprecher das Aktionsbündnisses "Aufgemuckt".

Binner freue sich und sagte, er sei sehr dankbar über den erfolgreichen zehnjährigen Widerstand. Die dritten Bahn sei heute so weit weg von einer Realisierung wie noch nie in den vergangenen zehn Jahren. Auch die Münchner Bürger und ihr Oberbürgermeister Dieter Reiter, die sich vor drei Jahren in einem Bürgerentscheid mehrheitlich gegen den Bau ausgesprochen hatten, trügen zu dieser starken Bewegung bei. Wie ein Mosaik empfinde er sein Engagement, sagte Binner, jedes Gespräch, jede Geste, jede Aktion trage zu dem Gesamtbild bei, die dritte Bahn zu verhindern. Ausgelassen wurde gefeiert, während im Minutentakt am Himmel die Flugzeuge in den Himmel stiegen oder zur Landung sanken.

Well Brüder und 70 Cent spielten Lieder über die Heimat

Während der einjährigen Vorbereitungen kamen viele Unterstützungsangebote, wie das der Frauen aus Giggenhausen, die für das Fest zwanzig selbst gebackene Kuchen stifteten. Tagelang hatten die Helfer das große Festzelt sowie die Bühne aufgebaut. Erst am Samstag Morgen glaubte man, dass es trocken bleiben würde und die Gruppen im Freien spielen können. Natürlich ging es bei den Liedern und Texten der Interpreten, Herzblut, Weiherer, Otto Göttler und die Diatoniks, Geigenmusi Haindl, Wiggerl, das Grüne Kabarett, Well Brüder und 70 Cent immer wieder um die Heimat. Mit Sprachwitz wurden Politiker kräftig gescholten, die Schönheit des Bayernlandes beschrieben und die Feierfreude gelobt.

Für die Well-Brüder ist Bayern die Vorstufe zum Paradies und das müsse erhalte bleiben. Die drei erinnerten daran, dass sie bereits bei der allerersten "Aufgemuckt"- Veranstaltung spielten und hofften, dass es den Widerstand bald nicht mehr brauche. Die Rhythmen der Gruppen gingen den Zuschauern immer wieder in die Beine, Paare tanzten zur Polka oder Landler. Während auf dem Platz die Musiker rockten, liefen im fast leeren Zelt die Bilder aus zehn Jahre Widerstand über die Leinwand. Hartmut Binner und Ludwig Grüll (Plane Stupid) standen gemeinsam davor und erinnerten sich: an die erste große Demonstration des Aktionsbündnisses durch Freisings Innenstadt im Jahr 2006, zu der 10 000 Menschen kamen.

Widerstands-Fest in Attaching: Reinblasen oder Reinkriechen? Alphörner faszinieren Jung und Alt.

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(Foto: Marco Einfeldt)

Münchner Bürgerentscheid als Faustpfand gegen das "Damoklesschwert"

Ein Jahr später, als das Raumordnungsverfahren für den Bau der dritten Bahn abgeschlossen war und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet wurde, versammelten sich am Münchner Odeonsplatz sogar 18 000 Menschen und protestierten in einem Fahnen- und Bannermeer gegen die Pläne. Für dieses Verfahren organisierte das Aktionsbündnis insgesamt 85 000 begründete und teilweise lange Einwendungen, außerdem betreuten die Mitglieder rund 600 Redner, darunter viele Jugendliche, die während es Verfahrens ihre Einwendungen begründeten. Nach dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses organisierte Aufgemuckt in enger Zusammenarbeit mit dem großen Münchner Bündnis (Münchner Grüne, die Linken, Freie Wähler, ÖDP, Green City, Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz) das Münchner Bürgerbegehren zur Durchsetzung eines Münchner Bürgerentscheides.

Rund 31 000 Unterschriften wurden in monatelanger Kleinarbeit von einigen Hundert Aktivisten gesammelt, der Entscheid wurde dann von den verbündeten Startbahngegner klar gewonnen. Bilder von glücklichen Aktivisten erinnerten an diesen Kraftakt und die große Anspannung aller Beteiligter. Inzwischen reichten alle Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgerichtshof ein, die Klage der Schutzgemeinschaft und der Kommunen wurden bereits abgelehnt, die des Bund Naturschutz und Privatkläger stehen noch aus. Für Harmut Binner ist jedoch der Münchner Bürgerentscheid "auf lange Sicht unser Faustpfand gegen dieses Damoklesschwert dritte Bahn".

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