Kameraüberwachung beweist:Hundebesitzer sind gehfaul

Kameraüberwachung beweist: Im "Weltwald" finden sich viele internationale Baumarten.

Im "Weltwald" finden sich viele internationale Baumarten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wissenschaftler fotografieren in den Wäldern rund um Freising und fördern interessante Erkenntnisse zutage. Die Daten werden nach der Auswertung gelöscht.

Von Petra Schnirch, Freising

Es ist ein ungewöhnliches Projekt. Und es war auch nicht unumstritten, zumindest bei einigen Spaziergängern und Sportlern, die das Gefühl nicht abschütteln konnten, dass ihre Freizeitaktivitäten überwacht würden. Ein Jahr lang hat ein Forscherteam der TU München per Kamera aufgezeichnet, wie intensiv die Wälder rund um Freising genutzt werden - und von welchen Personengruppen. Alles mit verschwommenen Bildern, auf denen niemand zu erkennen ist, wie die Wissenschaftler versicherten. Eine Erkenntnis: Es sind mehr Menschen unterwegs als vor einigen Jahren, damals lagen allerdings keine derart akribisch ermittelten Werte vor.

Im Weltwald im Kranzberger Forst ermittelten die Wissenschaftler nun etwa 32 700 Personen, am Walderlebnispfad in Freising waren es innerhalb eines Jahres sogar, je nach Abschnitt, zwischen 44 600 und 62 200 Besucher. Ein Drittel bis ein Viertel davon waren Sportler. Das hätten erste Hochrechnungen ergeben, sagte Gerd Lupp, Leiter des Forscherteams am Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung in Weihenstephan. Angesichts von Auslöser-Zahlen im sechsstelligen Bereich können nicht alle Bilder begutachtet werden.

Nach Auswertung von etwa zehn Tagen könnten aber gute Rückschlüsse auf Passantenzahlen an anderen Tagen gezogen werden, erklärte Lupp. Interessantes Detail: Die kleinsten Runden legten Hundebesitzer zurück. Und: Viele Waldbesucher weichen ungern von den gewohnten Pfaden ab.

Am stärksten frequentiert ist der Walderlebnispfad direkt am Plantage-Biergarten. Viel los ist auf den Waldwegen vor allem am späteren Nachmittag, das haben die Zählungen gezeigt. An sehr heißen Tagen mit über 30 Grad gibt es am frühen Nachmittag eine "Siesta-Delle", abends sind dann im Bereich der Plantage vergleichsweise viele Passanten unterwegs.

Gut besucht waren beide Waldstücke an den ersten Aprilwochenenden mit schönem Wetter - offenbar drängten alle nach draußen - und an den beiden ersten Novemberwochenenden 2015, an denen es warm und sonnig war. Besonders frequentiert war der Weltwald im Dezember, am ersten Weihnachtsfeiertag registrierten die TUM-Datensammler mit etwa 1200 Passanten einen ungewöhnlich hohen Wert.

Sieben Kameras hingen in beiden Wäldern an verschiedenen Punkten, die Technik war neu entwickelt worden. Für die Zählungen wurden automatische Infrarotkameras verwendet. Passanten lösten sie mittels Sensoren aus. Das TUM-Team bekam auch Unerwartetes zu sehen, darunter Selfies von Specht und Spinne. Um den Datenschutz zu gewährleisten, waren die Kameralinsen so abgeklebt worden, dass nur unscharfe Bilder entstanden. Nach der Auswertung werden sie umgehend gelöscht, wie die Forscher versichern.

Die Wissenschaftler befragten Passanten zudem zur Waldnutzung. Die gesamten Ergebnisse werden sie laut Gerd Lupp im Sommer präsentieren. Das Verfahren hat bereits Schule gemacht: Kameras wurden 2015 auch am Grünten im Allgäu eingesetzt, um eine Datenbasis für die Entwicklung eines Konzepts zur Besucherlenkung auszuarbeiten. So erfahren die Planer etwa, ob Infotafeln wahrgenommen und auch gelesen werden.

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