Silvesterknallerei:Spaß mit Risikofaktor

Silvester

Das Angebot an Feuerwerksartikeln ist mittlerweile riesig. Polizei und Feuerwehr warnen davor, Raketen und Böller unbekannter Herkunft zu erwerben.

(Foto: Lukas Barth)

Die Werbung preist Jahr für Jahr das Silvesterfeuerwerk als furioses Ereignis an. Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei sind dennoch in Alarmbereitschaft. Viele gehen zu sorglos mit Krachern und Raketen um.

Von Eva Zimmerhof, Freising

"Imposante Blink-Buketts in Rot mit Titan-Knatter gefolgt von quirligen Silber-Fischen", lautet die Produktbeschreibung eines Feuerwerks. "100 Schuss Titansalut", "verschiedene Rauchfarben", "Celebration Cracker XXL, die original chinesische Knallkette, extra extra large" - Der Einzelhandel preist das Feuerwerk an Silvester als furioses Jahresereignis an, auf das insbesondere viele Jugendliche hinfiebern. Doch auch wenn viele es glauben, es gibt an Silvester keine Narrenfreiheit und niemand darf einfach drauflos böllern. Dafür wollen Polizei und Gewerbeaufsicht sorgen.

Die Stadt Freising verbietet das Abfeuern von Silvesterraketen im gesamten Innenstadtbereich, aus Sorge, es könnte zu einem Brand wie in der Tübinger Altstadt zum Jahreswechsel 2008/2009 kommen. "Die Wahrheit ist, dass wir keine kompletten Kontrollen durchführen können. Beanstandungen gehen wir aber selbstverständlich nach", sagt Michael Neumaier von der Freisinger Polizei zum Böllerverbot in der Innenstadt. Ob die Wache in dieser Nacht stärker besetzt sein wird, dürfe er nicht verraten, so Neumaier. "Aber wir rechnen an Silvester mit einem erhöhten Einsatzaufkommen."

Silvester

Das Angebot an Feuerwerksartikeln ist mittlerweile riesig. Polizei und Feuerwehr warnen davor, Raketen und Böller unbekannter Herkunft zu erwerben.

(Foto: Lukas Barth)

"An Silvester ist man als Feuerwehrmann ein bisserl angespannter und versucht, nicht so ausgiebig zu feiern, obwohl man ja auch sonst immer 24 Stunden erreichbar ist", sagt der Kommandant der Freisinger Feuerwehr Anton Frankl. Bis zu 200 aktive Mitglieder der Feuerwehr hielten sich allein in der Stadt bereit und seien jeweils über einen Piepser erreichbar. In Tübingen hatte vor einigen Jahren ein Feuerwerkskörper im Dachstuhl eines historischen Gebäudes einen Großbrand ausgelöst. Die deutsche Rechtsprechung wurde daraufhin verschärft. In der Ersten Verordnung zum Sprengschutzgesetz heißt es seitdem: "Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern ist verboten". Neumaier erklärt: Verboten sei insbesondere, Raketen in einem 200-Meter-Umkreis der aufgezählten Gebäude abzuschießen. Für Bodenfeuerwerk gelte ein Umkreis von 50 Metern. "Heuer ist es wieder sehr trocken, da sollte man es vermeiden, Feuerwerkskörper in der Nähe von Hecken und Sträuchern anzuzünden", sagt Frankl. "Und bitte keine Böller in Briefkästen oder Papiercontainer stecken, das gibt ganz schnell einen Brand. Leider können die Betrunken das oft trotzdem nicht sein lassen."

Den Verkauf von Feuerwerkskörpern kontrolliert die Gewerbeaufsicht "auch 2015 wieder verstärkt" und achtet laut einer Mitteilung der Regierung von Oberbayern dabei besonders auf die korrekte Lagerung bei Händlern und die eindeutige Kennzeichnung der Ware. "Generell sollte man nur zertifizierte Waren kaufen", sagt Frankl. Nicht zugelassene Feuerwerkskörper sind in Deutschland verboten. Die Polizei gibt daher Hinweise, wie zugelassene Ware eindeutig zu erkennen ist. "Feuerwerkskörper gehören übrigens nicht in Kinderhände oder in die Hände von Leuten, die bereits angetrunken sind", sagt der Feuerwehrkommandant. "Sogenannte Mutproben mit Böllern und Raketen werden später oft schwer bereut."

Eindringliche Warnungen

Geplatzte Trommelfelle, zerfetzte Hände, blutige Augen: Rettungskräfte erleben diese Verletzungen Jahr für Jahr zu Silvester hautnah. Informationen dazu, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen sind, geben die Allershauser Johanniter: Wenn Fremdkörper ins Auge geraten, sollte diese niemand ohne medizinisches Fachwissen entfernen, sagt Annett Märkl, Standortärztin der Allershauser Johanniter. "Stattdessen muss die verletzte Person sofort in eine Notaufnahme oder Rettungsstelle gebracht oder der Rettungsdienst alarmiert werden." Dennoch sollten Umstehende unbedingt mit ersten Maßnahmen helfen: So sei das betroffene Auge mit einer keimfreien Wundauflage zu bedecken. Dann müssen unbedingt beide Augen vorsichtig mit einem Tuch verbunden werden. "Nur durch das Verbinden beider Augen wird eine Ruhigstellung des verletzten Auges und damit eine Schmerzlinderung erreicht", erklärt die Ärztin.

Durch zu frühe Explosionen oder weil bereits angezündete Feuerwerkskörper zu lange in der Hand gehalten werden, komme es zu den häufigsten Unfällen, den Verbrennungen und Verletzungen an Händen. Diese reichen den Johannitern zufolge "bis zum Verlust von Fingern". "Brandwunden sollten allenfalls kurz mit Leitungswasser - auf keinen Fall mit Eis oder Schnee - gekühlt werde", sagt die Ärztin. "Puder oder Salben gehören ebenfalls nicht auf offene Wunden." Bei schweren Verletzungen sei wiederum sofort der Rettungsdienst zu alarmieren.

Die Knallerei schädigt aber auch die Ohren. "Der hohe Schalldruck kann ein Knalltrauma auslösen und zu einer Schädigung des Innenohrs führen. Die Folge ist Schwerhörigkeit in den ersten Stunden oder Tagen. Schlimmstenfalls bleibt das Gehör ein Leben lang geschädigt", so die Ärztin. "Silvesterböller erreichen eine Lautstärke von bis zu 175 Dezibel. Das ist lauter als ein Presslufthammer." Zur Vorbeugung von Verletzungen raten die Johanniter dazu, beim Zünden von Feuerwerkskörpern Ohrstöpsel und eine Schutzbrille zu tragen und empfohlene Sicherheitsabstände einzuhalten.

Vor allem vor selbstgebauten und illegalen Feuerwerkskörpern warnt die Polizei in einem Informationsblatt. Zudem dürften "nur Erwachsene ab 18 Jahren Silvesterfeuerwerk der Kategorie F 2" zünden. Das Feuerwerk sollten Verbraucher laut Polizei nur "in regulären Geschäften kaufen". zim

Frankl rät den Freisingern, "Fenster und Dachluken geschlossen zu halten, insbesondere, wenn man nicht zu Hause ist" und "beim Feiern einen Eimer Wasser bereitzustellen, um Entstehungsbrände gleich löschen zu können". In den vergangenen Jahren sei es aber "sehr ruhig" gewesen, sagt Frankl. "Große Brände hatten wir Gott sei Dank nicht. Was aber leider immer kommt, sind die brennenden Papiercontainer."

Trotz der vielen Hinweise, Mahnungen und Verbote ist auch etwas erlaubt, was nicht jedem bekannt ist: Die Erlaubnis zum Böllern gilt nicht allein für die Silvesternacht. "Geböllert werden darf schon in der Nacht vor Silvester und auch noch in der danach", sagt Neumaier. "Die Nachtruhen sind aber jeweils einzuhalten."

Darauf, dass die Feuerwerksbegeisterten eigentlich verpflichtet sind, die abgekühlten Reste der Knallkörper von Straßen und Gehwegen aufzusammeln und im Hausmüll zu entsorgen, verweist die Stadt Freising. Für die Bauhofmitarbeiter beginnt das neue Jahr dennoch stets damit, Berge von Müll wegzuschaffen. Ab vier Uhr früh müssen sie die Innenstadt aufräumen. Obwohl dort nicht geböllert werden darf, war diese an Neujahr bisher doch immer wieder verschmutzt.

So ist zugelassenes Feuerwerk laut Information der Polizei gekennzeichnet: Wichtigste Merkmale sind das CE-Zeichen und ein Zulassungszeichen. Neben dem CE-Zeichen muss eine vierstellige Zahl stehen, wie etwa CE 0598. Ein Beispiel für ein Zulassungszeichen ist 0589-F2-1234. Das F2 in der Mitte des Zulassungszeichens steht für die Feuerwerkskategorie 2. In Deutschland darf nur Feuerwerk der Kategorien F3 und F4 kaufen, besitzen und verwenden, wer eine behördliche Erlaubnis dafür hat.

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