"Selbsthilfegruppe nach Krebs":Ohne Scheu

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Moosburger Organisation feiert heuer ihren 20. Geburtstag und betont, dass man keinesfalls ein Trauerverein ist.

Barbara Schweigert

Dass das Sterben zum Leben gehört, diesen Gedanken möchte man nicht allzu oft zulassen. "Sich die Endlichkeit des eigenen Lebens bewusst zu machen, ist nicht leicht", weiß auch Monika Bauer: "Vor allem nicht mit der Diagnose Krebs." Ihre eigene Erfahrung hat sie das gelehrt: Vor drei Jahren erkrankte die Moosburgerin an Brustkrebs und musste erkennen, dass das Leben nicht selbstverständlich ist. "Aber auch damit kann man sich anfreunden, das sogar als Antrieb sehen", erzählt sie offen und betont: "Vor allem, wenn man nicht alleine ist."

Deshalb engagiert sich Bauer in der "Selbsthilfegruppe nach Krebs" in Moosburg, die jetzt ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Die 64-Jährige hat vor zwei Jahren sogar die Leitung der Gruppe übernommen: "Das war absolutes Neuland für mich", erzählt Bauer. Für ihre Vorgängerin Angelika Berger hingegen sei die Selbsthilfegruppe ein Lebenswerk gewesen: Im Oktober 1992 initiierte Berger nach der Behandlung ihrer Darmkrebserkrankung erstmals Treffen für ebenfalls Betroffene aus Moosburg und Umgebung - unter dem Motto "Gemeinsam geht's leichter". Als langjährige Aktive im katholischen Frauenbund erschien ihr die Gründung einer Selbsthilfegruppe naheliegend: Sie kannte bereits die positive Wirkung von Erfahrungsaustausch und gemeinsamen Aktivitäten. Vor allem die geteilten Ängste von Krebspatienten vor einem Rückfall stärkten den Zusammenhalt der Mitglieder.

Besonders tragisch für die Gruppe sei dann die Wiedererkrankung Bergers nach 19 gesunden Jahren gewesen, erzählt Bauer. "Ihr Tod im Jahr 2011 hat uns alle gelähmt und natürlich die Frage aufgeworfen, wer weitermachen soll." Bauer ließ sich dann von den Mitgliedern der "Selbsthilfegruppe nach Krebs" dazu motivieren, das Amt zu übernehmen - und von dem Selbstbewusstsein, das sie erklärtermaßen in der Gruppe wiedergefunden hatte.

Denn wichtig sei die Selbsthilfe vor allem bei den psychischen Problemen, die das Krankheitsbild Krebs nach sich ziehe: "Oft stellt man sich die beklemmende Frage - Warum ich?" So irrational diese Gedanken auch seien, in einer Gruppe aus weiteren Betroffenen finde man Verständnis, so Bauer. "Ein Außenstehender kann schlichtweg nicht nachvollziehen, wie man sich mit oder nach Krebs fühlt", beschreibt die 64-Jährige. Genauso dürfe man den Zustand nicht unterschätzen, wenn die Behandlung der Erkrankung abgeschlossen ist: "Wieder aus der Klinik entlassen, habe ich vergeblich darauf gewartet, dass es mir besser geht", schildert sie ihre eigene Erfahrung nach der Chemotherapie gegen den Brustkrebs. Doch die Besorgnis blieb - für Bauer selbst der Ausschlag, sich in der Moosburger Gruppe Beistand zu holen.

Nun führt die pensionierte Lehrerin die Organisation der Selbsthilfe fort: Weiterhin treffen sich die derzeit etwa 20 Mitglieder zweimal monatlich, an jedem zweiten und vierten Dienstag, für Gesprächsrunden. Darunter sind meist Frauen mit einer Brustkrebs-Erkrankung, im Moment gehören auch zwei Männer der Gruppe an. Ebenso wichtig wie der Austausch sei auch die umfassende Information über das Krankheitsbild Krebs - ohne Scheu, erklärt Bauer. Denn die Betroffenen müssten sich nicht nur mit den Themen Diagnostik, Therapie und Forschung auseinander setzen. Deshalb lade die Gruppe auch regelmäßig Experten für Vorträge über Rechtslagen, Bürokratie oder Ernährung ein. "Mit der Unterstützung der Bayerischen Krebsgesellschaft kann ich zudem Fahrten und Ausflüge organisieren", erzählt die Gruppenleiterin, "zum Beispiel haben wir das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg besucht".

Mindestens genauso zentral in ihrer organisatorischen Arbeit sieht Bauer aber auch das fröhliche Beisammensein. "An solche Kongressfahrten können wir oft weitere Tage Urlaub anhängen und die jeweiligen Städte besichtigen", freut sich die 64-Jährige. Außerdem habe die Gruppe bereits Pilgerwanderungen gemacht. Aber auch bei den Treffen selbst finden die Mitglieder der Selbsthilfegruppe viele vergnügliche und gelöste Momente. Das unterstützen unter anderem Entspannungsübungen wie Qigong, Yoga oder Tanzen.

Nicht zuletzt liegt auch die Organisation der "Selbsthilfegruppe nach Krebs" in bürokratischen Belangen in den Händen Bauers. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Mann und anderen Mitgliedern . "Eine vielseitige und interessante Tätigkeit", findet die Leiterin und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: "Man wächst mit seinen Aufgaben."

Nun wollen Betroffene ihren Angehörigen und der Öffentlichkeit zeigen, dass ihre Selbsthilfegruppe kein Trauerverein ist. Vielmehr bieten der Austausch und die gemeinsamen Aktivitäten ein Sprungbrett zur Lebensfreude: "Krebs ist nicht gleich Tod - im Gegenteil wenden wir uns dem Leben zu", betont Bauer vehement. In diesem Sinne will sie das 20. Jubiläum sowohl andächtig als auch fröhlich feiern: Für den 9. Oktober plant die Gruppenleiterin ein Fest im Pfarrsaal - mit einer Gedenkfeier, Vorträgen und natürlich einem geselligen Teil.

© SZ vom 28.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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