"Nur wenn's gefragt wirst, red'st":Der Chauffeur des Landrats

"Nur wenn's gefragt wirst, red'st": Edmund Urbanski hat auch schon andere VIPs gefahren, Manager und Künstler. Namen nennt er nicht.

Edmund Urbanski hat auch schon andere VIPs gefahren, Manager und Künstler. Namen nennt er nicht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Jeden Morgen gleitet Chauffeur Edmund Urbanski mit dem dunklen BMW vors Haus des Freisinger Landrats. Geheimnisse verrät er nicht. Nur so viel: "Morgens läuft Bayern Klassik, das mag der Herr Landrat."

Von Clara Lipkowski, Freising

Eins stellt Edmund Urbanski von vorneherein klar: Er verrät hier keine Geheimnisse. Sein Job heißt: Diskretion. Sein Job heißt aber auch: Der Chef muss sich wohlfühlen. Dazu zählt auch, behutsam anzufahren und leicht abzubremsen. Schließlich ist er nicht Gabelstaplerfahrer oder Lastwagenfahrer. Edmund Urbanski ist Cheffahrer - für den Landrat.

Josef Hauner ist von Amts wegen viel im Landkreis unterwegs, ohne Auto ginge das nicht, ohne Fahrer schon mal gar nicht. Zwischen den vielen Terminen wird gearbeitet: Termine vorbereitet, Termine nachbereitet, Akten gelesen oder mit Kollegen im Landratsamt telefoniert. Und so gleitet der anthrazitfarbene BMW mit verdunkelten Scheiben, Internethotspot, Druckeranschluss, Fernseher, Duftnote Meeresbrise und Urbanski am Steuer jeden morgen zwischen 7.30 Uhr und 7.45 Uhr vor das Haus des Landrats. Zeichen für ihn, dass die Arbeit ruft.

"Hauner ist ein Wohlfühlchef", sagt Urbanski über den Landrat

Es geht ins Landratsamt oder zu Terminen in und um Freising, auch mal nach München oder gar nach Berlin, zur Grünen Woche etwa. "Am Anfang war es noch sehr gewöhnungsbedürftig, dass jeden Morgen ein Dienstwagen vorfährt", sagt Hauner. 2014, dem Jahr, als er das Amt antrat, wurde Urbanski sein Fahrer. Beide schätzen einander. "Hauner ist ein Wohlfühlchef", sagt Urbanski. Hauner sagt: "Er ist äußerst angenehm, gewissenhaft und immer bestens vorbereitet." Natürlich lerne man sich kennen, aber Urbanski legt Wert auf Professionalität: Eine "distanziert-vertrauliche Beziehung" habe er zu Hauner.

"Morgens läuft Bayern Klassik, das mag der Herr Landrat. Mich entspannt das auch." Es gibt Tage, da weiß der Fahrer sofort, wie es dem Politiker geht, wenn er einsteigt. Stressiger Termin? Jetzt bloß in Ruhe lassen. Überhaupt, sagt Urbanski, gelte die Regel: Nur wenn's gefragt wirst, red'st. Er wartet viel im oder am Wagen, wenn der Chef Termine hat. Leibesübungen seien ein Zeitvertreib, wenn der Rücken drückt oder das Smartphone und Radio. Dann hört er heimlich Bayern 1. Aber erst, wenn die anstehende Route vorbereitet, möglicher Stau eingeplant ist. "Manchmal wird gewünscht, dass ich zu den Terminen mitkomme, manchmal trage ich das Sakko zurück oder hole Unterlagen aus dem Auto", sagt der gebürtige Freisinger. Aufmerksam sein heißt es dann. Aufmerksam geht er auch mit seinem Äußeren um. "Da synchronisiere ich mich mit dem Herrn Landrat. Trägt er Binder, mache ich das auch."

Urbanski fuhr schon andere VIPs, Manager, Künstler, betuchte Leute. "Manche lassen sich die Handtasche tragen"

Urbanski war 15 Jahre bei der Bundeswehr. Später hat er lange im Werkschutz und als Personenschützer gearbeitet, auch in leitender Funktion, wurde aber, wie er sagt, wegrationalisiert, hat immer etwas anderes gefunden. In Bayern fuhr er schon andere VIPs, Manager, Künstler, betuchte Leute. Namen nennt er keine. Nur so viel: "Manche Personen lassen sich auch die Handtasche tragen". Er nimmt so etwas niemandem übel, er sieht es als Teil eines Jobs, den er liebt, er verbirgt diesen Enthusiasmus nicht, warum auch. "Wenn ich Dienst habe, schalte ich mein Privatleben aus, dann bin ich für den Landrat da, das wissen alle." Auch seine Frau. Jetzt mit 60, denkt er ungern ans Aufhören. Er ist aber auch Realist. Dass der Landrat nicht ewig Landrat bleibt, weiß er auch. "Dann muss ich sehen, wie ich mit dem neuen Chef zurecht komme." Ab November wird er offiziell Erster Fahrer, Franz-Xaver Mühlbauer, mit dem er sich alle paar Wochen abwechselt, geht in Ruhestand. Das erzählt Edmund Urbanski an einem sonnigen Montagnachmittag Ende August im Landratsamt. Bis zur nächsten Fahrt ist noch Zeit, gegen 18, 19 Uhr fährt er Hauner heim. An solchen Tagen ist Zeit für Wagenpflege. "Tanken und reinigen ist selbstverständlich", sagt er. Ab und zu geht Urbanski rüber in die Führerscheinstelle, assistiert bei Anträgen. Aber nur ein bisschen. Wenn er weg muss, weiß jeder, warum.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: