Nach dem Terror in Paris:Alle Kräfte sensibilisiert

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Die Bundespolizei hat ihre Präsenz am Flughafen verstärkt. Syrische Asylbewerber in Freising, die selbst vor dem IS geflüchtet sind, fürchten nun, mit den Terroristen in Verbindung gebracht zu werden.

Von Christian Gschwendtner, Freising

Die Schreckensbilder aus der französischen Hauptstadt haben auch im Landkreis Freising ihre Wirkung gezeitigt. Wer am Tag drei nach den Terroranschlägen von Paris am Flughafen im Erdinger Moos vorbeischaut, der sieht ein erhöhtes Aufgebot an Bundespolizisten. Seit den Anschlägen vom Freitag tragen sie Schutzwesten und Maschinenpistolen.

"Die Passkontrollen für Intra-Schengen-Flüge zwischen Deutschland und Frankreich sind vorübergehen wieder eingeführt worden", sagt Albert Poerschke, Sprecher der Bundespolizeiinspektion am Flughafen. Kontrolliert werde aber nicht in den Kontrollboxen, sondern direkt am Gate.

Auch die S-Bahn-Station und andere Knotenpunkte des Flughafens nimmt die Bundespolizei verstärkt ins Visier. Daneben laufen verdeckte Aktionen, zu denen die Bundespolizei keine Auskunft erteilen kann. Man wolle potenzielle Gefährder nicht vorwarnen, heißt es dazu. Laut Poerschke können die Notfallmaßnahmen mit der derzeitigen Personaldecke problemlos bewerkstelligt werden. "Nur die Pausen fallen kürzer aus", sagt der Pressesprecher.

Zwischen 200 und 250 Bundespolizisten sind momentan am Münchner Flughafen im Schichtbetrieb im Einsatz. Wie lange der Einsatz noch andauert, kann Poerschke derzeit nicht abschätzen. Die Entscheidung darüber liege beim Bundesinnenministerium.

Bei der Polizei in Freising sieht man dagegen keinerlei Anhaltspunkte für eine erhöhte Gefährdungslage. "Wir haben unsere Kräfte aber sensibilisiert", erklärt Freisings Polizeichef Ernst Neuner. An den öffentlichen Plätzen rund um die Innenstadt wolle man künftig noch genauer hinschauen. Für eine verstärkte Präsenz vor den Flüchtlingsunterkünften sieht man in Freising momentan keine Notwendigkeit.

So geht das Leben im Containerdorf für Flüchtlinge neben dem Camerloher-Gymnasium am Montag auch seinen gewohnten Gang. Doch bei einigen syrischen Flüchtlingen ist die Sorge groß, mit den Terroristen des Islamischen Staat (IS) in einen Topf geworfen zu werden. Hier in Freising gebe es keine syrischen Terroristen, versichert Mohamed Kassab. Um letzte Zweifel an seiner Loyalität zu zerstreuen, schiebt der 24-Jährige noch nach: "Wenn ich etwas Auffälliges sehe, gebe ich sofort Bescheid."

"Das sind keine Muslime, das sind alles Terroristen"

Kassab ist aus Al Yarmouk, einem Vorort von Damaskus geflohen, als die Schergen des IS anrückten. Von den Pariser Anschlägen hat er zum ersten Mal in der Freisinger Pâtisserie Muschler gehört. Mohamed Kassab hat dort eine Anstellung als Hilfskraft gefunden. Sein Freund, der aus Syrien geflohen ist, sitzt mit ihm auf der Holzbank vor den Containern an der Wippenhauser Straße. Er sagt: "Das sind keine Muslime, das sind alles Terroristen".

Die islamische Gemeinde in Freising sieht sich veranlasst, diese "schrecklichen Kriegsattacken gegen die Menschlichkeit in Paris aufs Schärfste zu verurteilen". Man stehe solidarisch an der Seite Frankreichs und müsse jetzt noch stärker zusammenrücken, heißt es in einer schriftlich verbreiteten Erklärung.

Überhaupt mangelt es in Freising nicht an Solidaritätsbekundungen. In der Sitzung des städtischen Finanzausschusses erhob man sich am Montagnachmittag zu einer Schweigeminute und gedachte der Opfer. Bereits bei der Kulturnacht während der Jugendkorbinianswallfahrt erstrahlten Gebäude auf dem Domberg am Samstag in den Farben der Trikolore. Die Deutschlandfahne vor dem Freisinger Rathaus ist mit einem Trauerflor versehen.

Ebenso zeigte sich der Diözesanrat "zutiefst bestürzt und entsetzt über diese unfassbaren Gewalttaten". Das teilte der Vorsitzende Hans Tremmel am Montag mit. Der französischen Partnerdiözese Évry-Corbeil-Essonnes, Geburtsort des Bistumsgründers Korbinian, sprach Tremmel sein tiefes Mitgefühl aus. Das Bistum liegt nur 30 Kilometer südlich von Paris. Für den Mittwoch hat sich von dort eine Glaubensdelegation in Freising angekündigt. Anlass ist das Korbiniansfest am Wochenende. Der Schatten der Pariser Terrornacht dürfte sich auch auf dieses Kirchenfest legen.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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