Schulwesen:Wenn Arbeit krank macht

Grund- und Mittelschullehrer diskutieren mit Kultusminister Spaenle über Berufsbedingungen an der Grenze des Zumutbaren

Gudrun Regelein

Die Leitung einer Schule bedeutet viel Arbeit und "eine Entlastung wäre natürlich zu begrüßen", sagt Richard Bauer, der Rektor der Grund- und Mittelschule in Zolling, die knapp 400 Schüler besuchen. Eine Entlastung würde er sich vor allem bei den Unterrichtsstunden wünschen, denn wenn er als Schulleiter weniger unterrichten müsste, so hätte er mehr Zeit für seine Aufgaben als Rektor - mehr Zeit auch für die Eltern- und Schülerprobleme, für sein Personal und den Austausch mit seinem Kollegium.

Heute wird der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle bei einem Gespräch mit Schulleitern aus Freising und Oberbayern Nord über aktuelle Themen, Entwicklungen und über die Situation der Schulleiterinnen und Schulleiter an Grund- und Mittelschulen sprechen. "Er wird sich in einer Art Fragerunde die Sorgen und Nöte der Schulleiter anhören und hoffentlich ein offenes Ohr dafür haben", sagt Kerstin Rehm, die Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). Die Situation der Schulleiter gerade in den kleineren Schulen sei "eher nicht die leichteste", meint Rehm, die die Situation aus eigener Erfahrung kennt - leitet sie doch die Marina-Thudichum-Schule in Haag. "Im Grunde genommen ist es ein Wahnsinn, was Schulleiter alles leisten müssen", sagt sie. Diese müssten eine Vielzahl an zusätzlichen Aufgaben bewältigen - ohne dafür ausreichend vom Unterricht freigestellt zu werden, ohne zusätzliches Personal und ohne ausreichende finanzielle Mittel. Es bedeute einen andauernden Spagat zwischen dem Management der Schule und den Anforderungen als Lehrer. Dieser verschleiße, belaste und mache letztendlich auch krank. Rektoren wollen für ihre Schule, die Schüler und Eltern nur das Beste, aber stoßen dabei immer öfter an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, moniert Rehm.

Das Pensum eines Schulleiters sei neben dem Unterricht zumeist nur mit einer Sieben-Tage-Woche zu bewältigen, sagt Rehm. Sie ist sich sicher, dass auch im Ministerium mittlerweile gesehen werde, dass eine "Schule nicht nebenbei geführt werden kann." Das wird für sie auch durch die Gesprächsbereitschaft Spaenles signalisiert. Änderungen der "krankheitsmachenden Arbeitsbedingungen" erhofft sich Rehm zeitnah.

Auch der Bezirksverband Oberbayern des BLLV beklagt eine "massive Überlastung der Schulleitungen vor allem im Bereich der Grund- , Haupt- und Mittelschulen." In den vergangenen zehn Jahren seien den Rektoren "unverhältnismäßig viele" neue Aufgaben übertragen worden. Ohne dabei gleichzeitig für eine entsprechende Entlastung oder ausreichend Leitungszeit - das sind Stunden, die für die zusätzlichen Pflichten als Schulleiter zur Verfügung stehen - zu sorgen. Schulleiter seien bereit, Verantwortung zu übernehmen, benötigen aber dafür in erster Linie mehr zeitliche Ressourcen, um Schule gestalten und verwalten zu können, fordert der BLLV-Bezirksvorsitzende Gerd Nitschke. Dazu gehörten beispielsweise mehr Verwaltungsangestellte, denn noch immer gebe es Schulen, an denen tageweise gar keine Sekretärin da sei. Und auch der zusätzliche Arbeitsaufwand durch die Leitung von Schulverbünden, durch Ganztags- und Praxisklassen oder durch die Zweihäusigkeit von Schulen werde noch immer zu wenig berücksichtigt, bemängelt Nitschke. Eine Petition mit den Standpunkten des BLLV Oberbayern wurde bereits zu Jahresbeginn im bayerischen Landtag eingereicht. Davon erhofft der BLLV die "längst überfällige Angleichung von Aufwand und Verantwortung der Schulleitungen einerseits und der Ausstattung dieses Amtes mit ausreichender Leitungszeit andererseits".

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