Schläger vor Gericht:Partygäste außer Kontrolle

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"Schlägerei des Jahres" vor Gericht: Mangels Beweisen kommen die Angeklagten noch einmal glimpflich davon.

Peter Becker

Um das Gedächtnis mancher junger Leute ist es wirklich schlecht bestellt. Zumindest vor Gericht. Da ereignete sich im vergangenen Frühjahr in einem Dorf bei Fahrenzhausen laut Staatsanwalt "die Schlägerei des Jahres" und einer der Hauptzeugen beharrt darauf, dass das alles schon so lang her sei und er sich an nichts erinnern könne. Die Frage von Richter Bruno Schätz, ob er eingeschüchtert worden sei, verneint er. Zum Missvergnügen des Jugendschöffengerichts und des Staatsanwalts endet die Verhandlung am Freisinger Amtsgericht gegen einen 20-Jährigen mit einem Freispruch. Eine 20-Jährige verurteilt der Jugendrichter wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 32 Sozialstunden. Das Verfahren gegen einen 21-Jährigen stellt er ein.

Immerhin legt die junge Frau ein Geständnis ab. Sie habe mit ihren Freunden auf ihrem Hof gefeiert, erzählt sie. "Dann sind die Partybreaker erschienen." Sie habe zu den Störenfrieden gesagt, dass sie gehen sollten, sie wolle keinen Ärger. Nachdem diese aber angefangen hätten zu pöbeln, habe erst eine Schubserei begonnen. Aus der hat sich dann eine Schlägerei zwischen einigen ihrer Freunde und den unerwünschten Gästen entwickelt. In deren Verlauf sollen ihre beiden Mitangeklagten einen am Boden liegenden Gegner geschlagen und getreten haben. Unter anderem hat es auch Tritte gegen den Kopf gegeben. Für diese übernimmt ein Zeuge, der unter anderem wegen dieser Vorkommnisse bereits vom Amtsgericht München zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde, die alleinige Verantwortung.

Die junge Frau gibt zu, einen der unerwünschten Gäste geohrfeigt zu haben. "Wir waren hinten beim Friedhof", erzählt sie. Sie habe zu ihrem Gegenüber gesagt, er solle leise sein. Ihr Papa liege dort begraben. Als ihr Widersacher antwortete, er scheiße auf ihren Vater, habe sie ihn geohrfeigt. Jugendrichter Schätz verhängt gegen die 20-Jährige fünf Beratungsgespräche bei der Jugendfürsorge und 32 Sozialstunden. Die könne sie trotz ihrer Schwangerschaft ableisten. Ihre Aufgabe als Hausherrin wäre es eigentlich gewesen, sagt Schätz, die Situation zu entspannen und zur Deeskalation beizutragen.

Das Verfahren gegen den 21-jährigen Mitangeklagten stellt der Jugendrichter ein. Der junge Mann war bereits von Jugendrichter Christian Baier wegen einer Schlägerei in Neufahrn zu einem Dauerarrest verurteilt worden. Diese ereignete sich nach dem Vorfall bei der Party.

Mit Unbehagen spricht Jugendrichter Schätz den zweiten Angeklagten frei. "Es bestehen Zweifel an seiner Friedfertigkeit", stellt er fest. Der 20-Jährige hat noch bis Ende Juni eine Haftstrafe abzusitzen. Er behauptet in seiner Aussage, er sei damals friedlich auf einer Matratze gelegen und habe von den Vorkommnissen nichts mitbekommen. Aufgrund seines Sündenregisters hält es der Jugendrichter allerdings für unwahrscheinlich, dass der 20-Jährige vollkommen unbeteiligt war.

"Der Freispruch ist keine Fahrkarte für die Zukunft", warnt Schätz, "sondern nur das Ergebnis einer fragwürdigen Beweisaufnahme." Der unter Gedächtnisschwund leidende Zeuge habe ihm "den Hals gerettet". Sonst hätte sich die Haftstrafe noch einmal verlängert. Der Zeuge kann sich immerhin noch daran erinnern, "dass alle gleich auf uns losgestürmt sind, als wir die Tür zur Hütte aufgemacht haben". Von einer Aufforderung, das Grundstück zu verlassen, sei keine Rede gewesen.

© SZ vom 21.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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