Schiff startet in Malta:Hilfe auf hoher See

Seenotrettung im Mittelmeer

Auf manchem Schiff sind etwa ein Dutzend Flüchtlinge, auf anderen drängen sich knapp hundert Menschen, wie hier vor der libyschen Küste.

(Foto: Bundeswehr/Winkler/dpa)

Der Freisinger Johannes Schmuker ist zum zweiten Mal mit der Organisation Sea Eye vor Libyens Küste unterwegs. Es geht ihm darum, Menschen vor dem Ertrinken zu retten, egal aus welchen Gründen sie geflüchtet sind.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Seit dem Frühjahr 2016 fährt die private, gemeinnützige Organisation Sea Eye mit Sitz in Regensburg mit einem umgebauten Fischkutter vor die Küste Libyens, um Schiffbrüchigen zu helfen. Über 13 000 Menschen, so die Organisation, habe man seitdem aus Seenot gerettet. Am 22. März geht es wieder los. Von Malta aus fährt eine zehnköpfige Crew auf die nächste Rettungsmission vor Libyens Küste. Mit dabei ist dann auch der Freisinger Diplom-Ingenieur Johannes Schmuker, 63, erfahrener Hobbysegler und von Beruf Leiter des Wasserwirtschaftsamtes in Landshut.

Dies ist nicht sein erster Einsatz für Sea Eye. Schon im September 2017 war Schmuker zwei Wochen mit dem Fischkutter bei einer Sea-Eye-Mission auf dem Meer vor Libyen unterwegs und im Gespräch mit der SZ stellt er eines klar: "Das ist kein Spaß, kein Luxus und das ist auch kein Abenteuer, das man mal im Urlaub erlebt. Das ist anstrengend, auch psychisch". Vor allem, weil man bei diesen Einsätzen nie wissen könne, was einen erwarte.

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Johannes Schmuker auf der Seefuchs. So heißt der umgebaute Fischkutter der Organisation Sea Eye.

(Foto: Privat)

Bei seinem ersten Einsatz im September war Schmuker mit dem Sea-Eye-Kutter 70 Seemeilen von der Küste entfernt. "Näher durften wir nicht hin und das ist eine Riesen-Entfernung auf dem Meer. Die kleinen Boote der Flüchtlinge können das gar nicht bewältigen." Seine Crew habe dann zwei Boote entdeckt, einmal besetzt mit zwölf Menschen, einmal mit elf. "Das waren alles Erwachsene und alle noch in einem relativ guten körperlichen Zustand". Und dennoch in Gefahr mitten auf dem Meer, ohne Kontakt zum Land, ohne es überhaupt zu sehen: "Sie waren schon seit zwölf Stunden auf dem Meer, sie hatten kein Wasser mehr an Bord, keine Schwimmwesten und der Sprit war auch schon alle".

Die Sea-Eye-Crew habe dann erst einmal alle mit Schwimmwesten versorgt und die Seenotrettung in Rom informiert. "Wir warteten dann deren Entscheidung ab." Gegen Mittag sei die Anweisung gekommen, dass die Sea Eye die 23 Menschen an Bord holen solle und gegen Abend habe man ihnen dann mitgeteilt, auf welches größere Schiff sie die Geretteten bringen sollen.

"Wenn jemand auf der Straße einen Unfall hat, dem leistet man ja auch Erste Hilfe."

Johannes Schmuker sieht das Ganze als rein humanitäre Aktion. "Ich wollte nicht länger einfach zusehen, wie diese Menschen im Meer ertrinken, darum habe ich mich bei Sea Eye gemeldet, die mich wegen meiner nautischen Erfahrung auch gebrauchen konnten", berichtet er. Schmuker will den Menschen helfen, "egal aus welchen Gründen sie nun geflüchtet sind. Wenn jemand auf der Straße einen Unfall hat, dem leistet man ja auch Erste Hilfe und fragt nicht erst lange, ob er Schuld hat oder nicht", beschreibt Schmuker seine Beweggründe. Seine Familie unterstütze sein Engagement, auch wenn er eigens Urlaub dafür nehmen und den Flug selbst bezahlen müsse. Schon am Dienstag geht es los nach Malta, dort wird das Team noch einmal auf den Einsatz vorbereitet - auch auf das, was sie möglicherweise erleben und wie sie dann damit umgehen. "Mir ist das noch nicht passiert, aber bei anderen Sea-Eye-Einsätzen haben die Kollegen schon Boote mit 70 Menschen gefunden. Und wenn dann alle raus sind, dann sieht man, dass ganz unten noch fünf Tote liegen", erzählt Schmuker. Das müsse man verarbeiten, auch wenn man wieder zu Hause sei. "Die Eindrücke bleiben, auch die Bilder, was man alles erlebt hat, aber ich finde auch im positiven Sinn", erzählt er.

Der 26 Meter lange umgebaute Fischkutter, mit dem seine Crew unterwegs sei, stamme aus alten DDR-Beständen aus den Fünfzigerjahren. Von Malta aus ist er 30 Stunden bis zu seinem Einsatzort unterwegs. "Wir haben einen Maschinisten an Bord und auch Mechaniker, einen Arzt und jemand, der als Kapitän fungiert." Er selbst nütze dem Team zusammen mit anderen mit seiner nautischen Erfahrung. "Wir müssen das Boot fahren", gearbeitet werde im Schichtbetrieb, also auch nachts. Johannes Schmuker kennt die Gefahren, denen die Flüchtlinge auf ihren winzigen Holz- oder Schlauchbooten mitten auf dem Meer ausgesetzt sind: "Wenn wir nicht kommen, dann müssen sie ertrinken oder verdursten."

Die Missionen von Sea Eye werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Nähere Infos zu der Organisation findet man unter www.sea-eye.org

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