Sanierungen und verschlossene Ställe:Wohnungsnot im Vogelreich

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Das Insektensterben hat auch Auswirkungen auf die Vogelwelt. Der Nachwuchs muss oft auf Futter warten. (Foto: Rainer Jensen/dpa)

Gebäudebrüter wie die Schwalbe finden kaum noch Plätze zum Nisten, außerdem mangelt es an Material zum Nestbau

Der Wohnraummangel ist heutzutage nicht nur für Menschen ein leidiges Thema, er trifft tatsächlich auch viele Vogelarten. Vor allem Gebäudebrüter leiden zunehmend unter schwindenden Nistmöglichkeiten. Auch die heimischen Schwalbenarten sind davon betroffen und finden sich inzwischen bereits seit einiger Zeit auf der Roten Liste für einheimische Brutvögel. "Es ist leider ein erheblicher Bestandsrückgang zu verzeichnen", bestätigt Christian Magerl, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bayerischen Landtag und Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz.

Auch Hans-Jürgen Unger, stellvertretender Vorsitzender der LBV-Kreisgruppe Freising, bezeichnet die Vögel als stark gefährdet. Gründe für den Bestandsrückgang gibt es ihm zufolge einige. "Ein großes Problem ist das Insektensterben, das unbedingt behoben werden muss", erklärt Unger. Wegen fehlender Nahrung sei es für die Vögel immer schwieriger, ihre Jungtiere zu versorgen. Helfen würde es laut Unger schon, wenn die Leute in ihren Gärten weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen würden. Doch auch Sanierungsarbeiten an Häusern tragen zum Bestandsrückgang bei. Die Leidtragenden sind neben den Mehl- und Rauchschwalben auch weitere Gebäudebrüter, deren Nester im Zuge von Sanierungen entfernt werden.

"Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, die Nester einfach zu entfernen", erklärt Unger. Dabei spiele es keine Rolle, ob in den Nestern aktuell gebrütet werde oder nicht. Denn Schwalben seien sehr ortstreu, einmal gebaute Nester würden oft über mehrere Jahrzehnte hinweg immer wieder genutzt, so Unger: "Wenn zum Beispiel für Wärmedämmung ein Nest entfernt werden muss, sollten Kunstnester angeboten werden. Die werden in der Regel auch gerne von den Vögeln angenommen."

Während die Mehlschwalben in Kolonien leben und ihre Nester hauptsächlich außen an Gebäuden bauen, nisten die Rauchschwalben gerne in einzelnen Nestern in der Stadt oder in Ställen. "Früher konnten die Schwalben einfach in den Großställen nisten", erzählt Magerl. "Inzwischen werden die Ställe aber hermetisch verschlossen, so dass die Vögel gar nicht erst reinkommen." Die Schwalben seien daher auf menschliche Toleranz angewiesen. Um dem Bestandsrückgang entgegen zu wirken empfehle es sich, sich mit den Tieren zu arrangieren und nicht alles zu verriegeln.

Den Uferschwalben geht es in der Nistplatzproblematik aber auch nicht besser. Früher hatten die Vögel ihre Heimat in den Steilwänden vegetationsloser Uferabbrüche, in Freising gebe es inzwischen jedoch keinen natürlichen Standort zum Nisten mehr, so Magerl. Die Uferschwalben suchen sich ihren Lebensraum deshalb gerne in Kies- und Sandgruben. Helfen könne man den Tieren, indem man diese Bereiche nicht abbaut, wenn die Schwalben darin nisten, sagt Magerl. "Kies- und Sandgrubenbesitzer achten inzwischen schon vermehrt darauf, den Uferschwalben ihre Nistmöglichkeiten zu lassen."

Neben den fehlenden Nistplätzen stellt auch der Mangel an Material zum Nestbau ein Problem dar. "Die Mehlschwalben nutzen zum Nestbau etwa vier- bis achthundert Lehmkügelchen. Den "Batz", den sie dafür brauchen, finden die Schwalben in Pfützen und offenem Boden", so Unger. Auch die Rauchschwalben sind auf den Schlamm angewiesen, um ihre Nester zu bauen. Durch die sich ausbreitende Asphaltierung und Bepflasterung gebe es nicht mehr viele Stellen, an denen die Vögel ihr Nistmaterial beziehen können.

© SZ vom 20.04.2018 / akka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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