Ehemann und Vergewaltiger:"Hör auf, ich will das nicht"

Auf einer Audio-Aufnahme hört man die Frau weinen. Vor Gericht entschuldigt sich der 36-jährige Freisinger für die Vergewaltigung bei seiner Frau und kommt mit Bewährungsstrafe davon.

Von Alexander Kappen, Freising

Gleich nach der Verlesung der Anklageschrift zogen sich das Gericht, die Staatsanwältin, die drei Verteidiger und der Anwalt der Nebenklägerin zu einem Rechtsgespräch zurück. Eine Verständigung, das berichtete der Vorsitzende Richter Manfred Kastlmeier im Anschluss, sei jedoch nicht zu Stande gekommen. Der "Deal" war vorerst geplatzt. Wer jetzt eine zähe Auseinandersetzung mit sämtlichen juristischen Kniffen und Taktierereien erwartete, sah sich in der Schöffensitzung des Freisinger Amtsgerichts am Dienstag jedoch schnell getäuscht: Der Angeklagte, ein 36-jähriger Freisinger, räumte unumwunden ein, seine Ehefrau bei einem Streit im Februar vergangenen Jahres gewürgt und im Juli schließlich in der gemeinsamen Wohnung vergewaltigt zu haben.

"Das, was in der Anklage geschildert wurde, ist wahr", sagte er mit ruhiger Stimme: "Es ist leider passiert und es tut mir unendlich leid." Das Gericht verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

"Ich habe gewusst, was ich mache"

In der Ehe zwischen dem Angeklagten und seiner 30-jährigen Frau "war schon seit zwei Jahren eine Trennung ein Thema", berichtete sie als Zeugin. Seit Februar 2015 hätten sie getrennte Schlafzimmer gehabt. Am Tag der Vergewaltigung war der 36-Jährige zunächst an einem Weiher und dann auf einer Feier. Als er am Abend nach Hause kam, habe er acht, neun halbe Bier intus gehabt, erzählte er dem Gericht. Der Angeklagte ging ins Schlafzimmer seiner Frau, redete zunächst lange mit ihr. Dann hatte er gegen ihren Willen ungeschützten Sex mit ihr. Auf einer Audio-Aufnahme, die während der Tat aufgenommen wurde, höre man die Frau weinen und sagen: "Hör auf, ich will das nicht", berichtete eine Beamtin der Erdinger Kriminalpolizei.

Die 30-Jährige, die vergeblich versuchte, sich zu wehren, zeigte ihren Mann an. Ein Blutalkoholtest wurde nicht gemacht, aber wenn man die vom Angeklagten genannte Biermenge zu Grunde lege, sei zur Tatzeit ein Promillewert von 1,2 bis 1,5 anzunehmen, errechnete Landgerichtsarzt Huber Näger als Sachverständiger. Das Opfer bestätigte, dass ihr Mann merkbar alkoholisiert war. Dieser wollte das jedoch nicht als Entschuldigung gelten lassen: "Ich will es nicht auf den Alkohol schieben. Ich war bei mir und habe noch gewusst, was ich mache. Was ich getan hab, war abscheulich und unterste Schublade."

Die Frau verzeiht ihm - und tut dies vor allem für ihre Kinder

Im Dezember schrieb der 36-Jährige seiner Frau, die nun von ihm getrennt lebt und mit ihm drei Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren hat, einen Entschuldigungsbrief. "Da habe ich es ihm noch nicht geglaubt", erzählte sie. Vor ein paar Wochen bei der Übergabe der Kinder, die jedes Wochenende bei ihrem Vater sind, sprachen sich die beiden aus. "Er hat sich noch mal entschuldigt - und ich glaube jetzt, dass es ihm leid tut und dass ihm bewusst ist, was er getan hat", sagte die 30-Jährige. Sie habe die Entschuldigung akzeptiert "und verzeihe ihm - für meine Kinder". Diese "brauchen ihren Vater jetzt, er geht sehr gut mit ihnen um, dass er sie regelmäßig bei sich hat, ist eine Erleichterung für mich". Der Angeklagte übergab seiner Frau, die noch unter Angstzuständen leidet und eine Trauma-Therapie begonnen hat, "einen namhaften Betrag" als Täter-Opfer-Ausgleich, so der Anwalt der Nebenklägerin.

Dies bewertete das Gericht ebenso zu Gunsten des Angeklagten wie sein "ehrliches, von aufrichtigem Bedauern getragenes Geständnis", so der Richter. Auch wenn, wie der Sachverständige sagte, die Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt war, habe die Belastung durch die bevorstehende Trennung in Verbindung mit Alkohol wohl einen Einfluss gehabt. Der 36-Jährige habe einen festen Job, sei "mit Sicherheit von der Untersuchungshaft beeindruckt" und kümmere sich gemeinsam mit seiner Frau um die Kinder. Obwohl er in der Vergangenheit zu fünf Geldstrafen wegen Betrugs und Drogen verurteilt worden ist, sei eine Bewährungsstrafe noch vertretbar.

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