Hausbesitzer in Feierlaune:CSU kippt Strabs

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Bei der Bürgerinitiative in der Freisinger Innenstadt ist die Freude groß, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden. Echings Bürgermeister aber mahnt, es müsse klar sein, wo das Geld künftig herkommt.

Von Kerstin Vogel, Freising

Bei der Bürgerinitiative Freising ist man in Feierlaune, auch in der Gemeinde Marzling freut man sich und selbst Benno Zierer, Freisinger Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, spricht von "einer vernünftigen, tragfähigen Lösung": Der Gesetzesentwurf der CSU zur Abschaffung der ungeliebten Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) lässt offenbar kaum Wünsche offen. In Eching herrscht zwar noch leise Skepsis, ob und wie das alles finanziert werden kann; auch dort werden jedoch einige Hauseigentümer von dem Gesetz profitieren.

Die Strabs ermöglicht es zahlreichen bayerischen Kommunen bis jetzt, bei Straßenbauvorhaben einen großen Teil der Kosten auf die Anwohner umzulegen. Diese Praxis aber wird seit Jahren als ungerecht kritisiert - auch von Kommunalpolitikern, denen das oft einen Dauerstreit mit den Betroffenen beschert hat. Das ist demnächst wohl Geschichte, die Zustimmung des Landtags gilt wegen der CSU-Mehrheit dort als Formsache. Zwar müssen Bescheide, die bis 1. Januar 2018 verschickt worden sind, noch bezahlt werden, später versendete aber nicht mehr. Die darin geforderten Summen soll als Übergangsregelung der Freistaat bezahlen, der - viel wichtiger - auch in allen Fällen einspringen will, in denen die Gemeinden schon mit Planung oder Bau begonnen haben, für die es aber noch keine Bescheide gibt. So wie in Marzling.

Bereits 2016 ist dort ein Teil der Freisinger Straße ausgebaut und saniert worden. Die Bescheide aber wurden noch nicht verschickt. Erst lagen die Schlussrechnungen noch nicht vor und dann war die Gemeinde Anfang des Jahres der Bitte aus dem Innenministerium nachgekommen, damit bis zur endgültigen Klärung zu warten. Also müssen die Bürger nun nicht mehr mitzahlen - und die Gemeinde bekommt deren Anteil an den 800 000 Euro Baukosten vom Freistaat erstattet, wie Bürgermeister Dieter Werner zufrieden sagt: "Ich freue mich für die Bürger und für uns." Ein wenig anders sieht das Eduard Sczudlek, geschäftsleitender Beamter im Neufahrner Rathaus. Von dem neuen Gesetz profitierten keineswegs alle Bürger, sondern lediglich die Hauseigentümer, gibt er zu bedenken. Alle anderen würden als Steuerzahler natürlich für den Anteil des Freistaats am Straßenbau zur Kasse gebeten - jetzt und in Zukunft. Trotzdem dürfte auch in Neufahrn mancherorts gefeiert werden, denn zumindest der Ausbau des Isarwegs - 2017 abgeschlossen, aber noch ohne Bescheide - wird von den Eigentümern nicht mehr mitbezahlt werden müssen. Noch geprüft wird laut Sczudlek, ob auch die geplanten Straßenbaumaßnahmen in Hetzenhausen unter die Übergangsregelung fallen. Hier geht es immerhin um ein zwei Millionen Euro teures Projekt, das zur Hälfte von den Eigentümern übernommen werden sollte.

Mehr als 20 Millionen Euro wird der Umbau der Freisinger Innenstadt insgesamt kosten und auch hier sollten die Eigentümer zumindest am Straßenausbau beteiligt werden - zwar "nur" zu 45 statt der in Freising üblichen 70 Prozent, doch für manch einen Anlieger wäre das in die Zehntausende gegangen. Der Protest der Betroffenen war heftig, um so mehr freut man sich bei der Bürgerinitiative über den Erfolg. "Genau so haben wir uns das erhofft, eigentlich sind unsere Erwartungen sogar übertroffen worden", so Dieter Hillenbrand: "Wir wollten ja der Stadt mit unserem Widerstand nicht schaden. Jetzt übernimmt der Freistaat unseren Anteil an der Innenstadtsanierung auf Heller und Pfennig. Das freut uns sehr."

Doch bei aller Freude gibt es auch mahnende Stimmen. "Hochinteressant" findet man bei der Stadt Freising die Frage, "wie hoch die Kompensationsleistung für die laufenden und künftigen Ausbaumaßnahmen ausfallen wird", so Sprecherin Christl Steinhart: "Es bleibt spannend, da es sicherlich viele Einzelthemen gibt, die noch final ausdiskutiert werden müssen." Der Landtagsabgeordnete Zierer, der mit den Freien Wählern das Volksbegehren zur Abschaffung der Strabs auf den Weg gebracht hat, ist zwar zufrieden, "dass wir die CSU gezwungen haben, tätig zu werden", ihm ist der Gesetzesentwurf aber "zu schwammig. Die Detailschärfe geht da noch ab."

Er hoffe, dass der Freistaat eine Lösung für die Finanzierung habe, sagt Echings Bürgermeister Sebastian Thaler, in dessen Gemeinde die neuen Gehwege an der Massenhausener Straße in Günzenhausen und an der Danziger Straße nun nicht mehr mit den Eigentümern abgerechnet werden - um immerhin 350 000 Euro geht es hier. 2019 stehe der Ausbau der Echinger Straße in Dietersheim an, so Thaler: "Ich bin nicht böse, wenn wir künftig nicht mehr um die Beiträge streiten müssen, aber es muss klar sein, wo das Geld herkommt."

Diese Frage stellt sich an der Banatstraße in Moosburg nicht mehr. Hier wurden die Bescheide Ende 2017 verschickt - und damit müssen die Betroffenen zahlen. "Es tut mir wahnsinnig leid, aber das ist nicht zu ändern", sagt Bürgermeisterin Anita Meinelt: "Es gibt eine ganz klare Aussage, nach der erstellte Bescheide nicht zurückgenommen werden dürfen, darüber dürfen wir uns nicht hinwegsetzen."

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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