Freisinger Kopf Petra Lewi:Pony, Ukulele und die Farbe Rot

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Um einen Chansonabend mit Musik und Lyrik umsetzen zu können, hat Petra Leutner-Wittmann vier Jahre lang das Instrument Ukulele gelernt. (Foto: privat)

Als waschechte Freisingerin traut sich Schauspielerin Petra Lewi Kritik an ihrer Stadt zu üben. Die ansässige Kulturszene empfindet sie als kleinstädtisch - vor allem vermisst sie eine Kleinkunstbühne.

Interview von Katharina Aurich, Freising

Petra Leutner-Wittmann alias Petra Lewi, 1970 in Freising geboren, hat einen festen Platz im kreativen Leben der Stadt. Vor allem ihre Frauencharaktere beim Theatersommer im Kardinal-Döpfner-Haus unter der Regie von Alexander Veit bleiben in Erinnerung. Der Domberg sei eine wichtige Station gewesen in ihrem bewegten Leben voller neuer Projekte und Ideen, sagt Leutner-Wittmann, die mit ihrem Mann in Freising lebt. Stillstand oder Ruhe gibt es bei Petra Lewi - so ihr Künstlername - nicht. Jede Erfahrung habe ihre Berechtigung und sei wertvoll, findet sie. Wichtig sei ihr, sich auszuprobieren, immer wieder Neues zu erlernen und "mein Ding zu machen", wie sie im Gespräch mit der Freisinger SZ erklärt.

SZ: Ihr Herz schlägt für die Bühne, aber Sie entschieden sich nach der Schule für einen traditionellen Lehrberuf, warum?

Lewi: Ich glaube, mir fehlte damals mit 16 Jahren das Zutrauen, auf eine Schauspielausbildung zu setzen. Die Lehre als Friseurin war super, natürlich habe ich sehr wenig verdient, aber ich kann heute noch sehr viel davon gebrauchen und mich selbst und Kollegen für unterschiedliche Rollen frisieren und schminken.

Sie gingen dann im Alter von 19 Jahren alleine nach Berlin - ganz schön mutig.

Das war 1989, eine spannende Zeit in Berlin, die Mauer fiel. Ich hatte einen Job in der Mommsenstraße, in einem Salon mit überwiegend schwulen Mitarbeitern und Kunden, das hat mir viel Spaß gemacht, alles war viel offener und verrückter, als ich es kannte, das gefiel mir. Leider bekam ich auf die Chemikalien Allergien und musste aufhören, als Friseurin zu arbeiten.

Wie ging es mit Ihrem Traum, der Schauspielerei, weiter?

Rückblickend bedauere ich, dass ich damals nicht voll mit der Schauspielerei begonnen habe, aber mir war Sicherheit wichtig, so dass ich wieder zurück nach Freising ging, die Fachoberschule abschloss und in München eine Umschulung zur Reiseverkehrskauffrau begann.

Eine vollkommen andere Welt als die Bühne oder das Berliner Multi-Kulti-Flair.

Ich fand es spannend, in der Reisebranche zu arbeiten, das machte ich dann 20 Jahre lang in Teilzeit. Sich mit weltweiten Reisen zu beschäftigen, erweiterte meinen Horizont und es war mein sicheres, wirtschaftliches Standbein, das mir ermöglichte, endlich Schauspielunterricht zu nehmen. Ich hatte mich damit abgefunden, einen anderen Weg als die klassische Schauspielschulausbildung zu gehen.

Sie sind inzwischen nicht nur als Schauspielerin auf der Bühne, sondern singen und performen, außerdem spielen Sie Ukulele. Wie kam es dazu?

Ich wollte mich in vielen Bereichen weiterbilden: meine Stimme, in Körperarbeit oder als Sprecherin, um viele meiner Ideen umzusetzen. Schließlich hatte ich die Idee für einen Chansonabend mit Lyrik und Musik, es fehlte mir aber das Instrument. Als Kind wollte ich Akkordeon lernen, aber an der Musikschule sagten sie mir, es gebe schon zu viele Schüler, die das Instrument spielten. So kam ich zur Zither.

Ein Chansonabend mit Zither?

Natürlich nicht, ich suchte ein Instrument, das zur Lyrik passt und lernte über meine Gesangslehrerin die Ukulele kennen. Von der ersten Minute an war ich begeistert. Vier Jahre lang erlernte ich die viersaitige Gitarrenart, mit der man wunderbar Gesang begleiten kann. So entwickelte ich dann mein erstes Soloprogramm "Lewi's Ukulele Cabaret".

Haben Sie Lieblingsautoren oder Vorbilder?

Einen Lieblingsautor habe ich nicht, sondern bevorzuge sozusagen ein Gemischtwarenhaus - vielseitig und abwechslungsreich. Ein Text muss mir einfach liegen und zusagen. In meinem aktuellen Solo-Programm hab ich mich bei Oskar Wilde, Bertolt Brecht, Mascha Kaléko, Friedrich Nietzsche und Juan de la Cruz bedient. Vorbilder habe ich keine.

Schreiben Sie auch selbst ?

Leider schreibe ich keine eigenen Texte oder Songs. Aber ich bin ja ein Spätzünder, das kann noch kommen. Im Moment bin ich "nur" Darstellerin und Performerin.

Ganz alleine auf der Bühne zu stehen, ist etwas anderes als in einem Schauspielerensemble. Haben Sie Lampenfieber?

Und wie, ich sterbe vorher tausend Tode. Aber das Bedürfnis, mich auszudrücken und zu zeigen, was ich kann, ist stärker. Es ist eine große Herausforderung, alleine auf der Bühne zu stehen, aber es macht mir große Freude, die Zuschauer zu berühren. Es ist ein schönes Gefühl, wenn sie begeistert sind, ergriffen und mitfühlen, manchmal kommen sogar Tränen.

Wie kommen Sie an Engagements?

In Freising läuft natürlich viel über persönliche Kontakte, außerdem habe ich einen Trailer von meinem Soloprogramm machen lassen, viel Werbung läuft mittlerweile über das Internet. Dadurch, dass mich viele in Freising kennen, war ich zuerst etwas unsicher, hier mein Soloprogramm zu zeigen, es hätte ja auch daneben gehen können. Wenn man bekannt ist, bedeutet das halt auch einen höheren Druck. Jetzt bin ich sehr froh, dass es in drei ausverkauften Vorstellungen gut geklappt hat.

2015 standen Sie mit der Freisinger Rockgruppe RPWL auf der Bühne der Luitpoldhalle, welche Rolle spielten Sie dabei?

Das war eine tolle Zeit, die Gruppe nahm in der Luitpoldhalle ihr Konzeptalbum "A new Dawn" auf, die 400 Fans kamen von überall her. Mein Schauspielerkollege vom "Theater04", Klemens Plail, und ich erzählten pantomimisch zum Teil mit einer Handpuppe auf der Bühne die Geschichte. Mit diesem Programm waren wir bereits 2014 vier Wochen in ganz Europa mit dem Tourbus unterwegs und spielten unter anderem in Holland, Belgien und Polen.

Wie schätzen Sie die Kulturszene in Freising ein?

Ich empfinde es hier schon als kleinstädtisch, es fehlt vor allem eine Kleinkunstbühne. Die Stadt fördert meist Groß-Projekte, aber auch kleinere Gruppen oder einzelne Künstler haben eine Berechtigung und sind bereichernd. Sie sollten mehr unterstützt werden.

Wo treten Sie überall auf?

Zum Beispiel auf Vernissagen oder bei der Kleinkunstbühne Tutuguri im BachfeldHaus Attenkirchen, dort gibt es die "Offene Bühne", es ist toll, was die Attenkirchner da auf die Beine gestellt haben. Außerdem stehe ich in München auf der Bühne, dort sind die "Open stages" in Cafés und Kneipen verbreitet, wo ganz unterschiedliche Künstler auftreten. Und ich freue mich jetzt sehr, dass ich bei der "Munich Allstars Burlesque Revue" im Juli in der Drehleier als Gast gebucht wurde.

Wie würden Sie Ihr Motto bei all dieser Kreativität beschreiben?

Kein Stillstand, mit immer neuen Ideen ausdrücken, was in mir steckt.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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