Projekt für den Nachwuchs:"Anfangs war ich ein bisschen unsicher"

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Unermüdlich wirbt Roman Bittrich für den Aufbau weiterer Jugendfeuerwehren in den Landkreisgemeinden. Bald sollte dies überall Standard sein, findet der Kreisjugendwart. (Foto: Marco Einfeldt)

Roman Bittrich ist Kreisjugendwart der Feuerwehr und möchte in allen Gemeinden Jugendfeuerwehren etablieren. Auch sein Beruf bei der S-Bahn hält immer wieder Herausforderungen bereit

Interview Von Katharina Aurich, Mauern

In zehn Jahren möchte Roman Bittrich im Landkreis Freising flächendeckend in allen Gemeinden Jugendfeuerwehren etabliert haben, beschreibt er sein anspruchsvolles Ziel. Der Kreisjugendwart, der auch zur Kreisbrandinspektion gehört, ist deshalb viel in den einzelnen Gemeinden unterwegs. Wichtig sei "reden, reden, reden", sagt er. Als Feuerwehrmann in Mauern ist Bittrich außerdem immer wieder bei Einsätzen dabei.

Voller Begeisterung spricht der 31-Jährige mit der Freisinger SZ aber nicht nur von der Feuerwehr, sondern auch über seinen Job in der Organisation des Zugverkehrs bei der Münchner S-Bahn. Hier trägt er dazu bei, dass die Fahrgäste reibungslos und pünktlich an ihr Ziel kommen.

SZ: Wenn Sie morgens zu einem Feuerwehreinsatz gerufen werden, aber eigentlich gerade aus dem Haus gehen wollen zu Ihrer Dienststelle in München: Wie entscheiden Sie?

Bittrich: Der Job geht vor, ich kann nicht wegen einer Katze auf dem Baum zu spät kommen. Aber ich muss jedes Mal abwägen. Bisher bin ich einmal zu Hause geblieben, als der Katastrophenalarm wegen Hochwasser ausgerufen wurde. Damals war ich noch Lokführer und habe S-Bahnen gefahren, in einem solchen Fall lösen mich die Kollegen ab.

Und wenn Sie die ganze Nacht bei einem Feuerwehreinsatz sind, nehmen Sie sich dann frei?

Nein, dann gehe ich duschen und fahre die 70 Kilometer zu meiner Arbeit nach München. Vergangene Woche hat beispielsweise in den frühen Morgenstunden ein Feld bei Inzkofen gebrannt. Ich fuhr nach dem Alarm auf dem Weg zur Arbeit am Feuerwehrgerätehaus vorbei und versicherte mich, dass genügend Feuerwehrmänner zum Löschen zur Verfügung standen und das Auto voll war. So konnte ich beruhigt zum Dienst fahren.

Wie hat es Sie ausgerechnet nach Mauern verschlagen?

Das war Zufall. 2002 begann ich meine Ausbildung als Lokführer beim Güterverkehr der Bahn, damals DB Cargo in München. Gemeinsam mit meinem Bruder, der am Flughafen beschäftigt ist, suchten wir in einer ländlichen Gemeinde in erreichbarer Nähe nach einer Wohnung und fanden etwas Passendes in Mauern. Ich mag die Stadt nicht und lebe lieber auf dem Land, das ist ruhiger. Inzwischen leben auch meine Eltern hier. Mein Nachbar ist bei der Feuerwehr und nahm mich gleich als neu Zugezogenen mit. So bekam ich rasch Kontakt zur Dorfgemeinschaft.

Wie kamen Sie dann vom Güterverkehr zur S-Bahn nach München?

Nach meiner Ausbildung bekam ich dort eine Stelle als Lokführer und fuhr zehn Jahre lang die roten S-Bahnen, die ja auch zur Deutschen Bahn gehören, und wurde nach einiger Zeit Schichtleiter. Schließlich kam ich in die Disponentenabteilung, dort bin ich zuständig, wenn etwas nicht läuft bei der S-Bahn und das Störfallprogramm ausgerufen wird. Ich bin dafür verantwortlich, dass die Reisekette aufrecht erhalten wird sowie für eine zeitnahe Information der Fahrgäste. Auch dafür gibt es verschiedene Programme, die ich dann einsetze.

Wie läuft das konkret ab?

Innerhalb weniger Minuten muss ich entscheiden, was passiert. Der Betrieb muss weiter gehen, ein Busnotprogramm für die Fahrgäste eingerichtet werden, wenn Züge nicht mehr fahren können. Ein Notarzteinsatz auf der Stammstrecke zur Hauptverkehrszeit ist Routine. Aber ein Suizid im Bereich der Donnersberger Brücke beispielsweise, das ist extrem stressig, denn die Züge müssen ja zu den jeweiligen Bahnhöfen zurückfahren, sie können nicht im Tunnel stehen bleiben. Der gesamte Schienenverkehr muss dann umorganisiert werden. An solchen Tagen steigt mein Kaffeekonsum.

Können Sie nach einem solchen Dienst abschalten?

Natürlich ist das viel Verantwortung, aber wenn ich meinen Dienst beende, lasse ich das alles hinter mir. Ich habe ja mein Hobby, die Feuerwehr, außerdem mache ich leidenschaftlich gerne Geocaching.

Wie kommen Sie mit den Jugendlichen zurecht, muss man als Jugendwart der Feuerwehr auch jung sein?

Erstaunlicherweise bin ich mit 31 Jahren einer der jüngsten Kreisjugendwarte in ganz Oberbayern. Anfangs war ich noch ein bisschen unsicher, die Ausdrucksweise von Jugendlichen, wie sie miteinander reden, ändert sich ja ständig, da muss man schon am Ball bleiben. Und auch die Kommunikationstechnik verändert sich laufend, dafür bin ich aber offen und lasse mich auf Neues ein. In Mauern haben wir erfreulicherweise 19 Jugendliche in unserer Gruppe, das läuft gut.

Warum ist es schwierig, junge Menschen für die Feuerwehr zu begeistern?

Es gibt viele Alternativen durch Vereine und Organisationen, seine Freizeit zu verbringen. Und es gibt bei der Feuerwehr oft noch alte Strukturen nach dem Motto, es brauche keine Jugendfeuerwehr, es reiche, wenn die Jungen mit 16 oder 18 dazu gehen. Das ist die gleiche Schiene wie früher, aber so geht es nicht weiter. Die Jungen brauchen einfach einen eigenen Bereich und ein eigenes Programm, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, zumal jetzt auch schon Kinder ab zwölf Jahren zu uns kommen können.

Wie sprechen Sie den Nachwuchs an ?

Über Infobriefe über die Gemeinde oder einen Tag der offenen Tür, natürlich über Social Media-Kanäle wie beispielsweise Facebook. Wir machen nicht nur Feuerwehrübungen, sondern haben Spaß zusammen, gehen in den Klettergarten, machen ein Zeltlager mit den Jugendlichen der Feuerwehren aus dem ganzen Landkreis oder unternehmen andere Aktivitäten, die auch mal nichts mit der Feuerwehr zu tun haben. Es geht auch um die Gemeinschaft, Verantwortungsbewusstsein und das Zusammengehörigkeitsgefühl, denn als Feuerwehrmann muss ich mich bei der Rettung von Menschen in Gefahr hundert Prozent auf meine Kameraden verlassen können.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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